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Die Religion | APuZ 39/1957 | bpb.de

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APuZ 39/1957 Die Religion

Die Religion

J. M. BOCHENSKI

Fortsetzung aus „HANDBUCH DES WELTKOMMUNISMUS", herausgegeben von Professor Dr. J. M. Bochenski und Professor Dr. G. Niemeyer. Das „Handbuch des Weltkommunismus“ wird demnächst im Verlag Karl Alber, Freiburg/München erscheinen. Sie lesen heute: Kapitel XIII: „Die Religion". Das Kapitel entstand in Zusammenarbeit mit Mrs. I. Hay und V. Meysztowicz. § 1. EINLEITUNG Der Versuch einer in irgendwelcher Hinsicht vollständigen Darstellung der kommunistischen Religionspolitik stößt auf besonders große Schwierigkeiten. Es sind drei Ursachen dafür zu nennen: Erstens ist die kommunistische Taktik auf kaum einem anderen Gebiet so „dialektisch", d. h. elastisch und immer wechselnd, wie auf dem der Religion (s. unten §§ 6— 7). Zweitens wird die religiöse Verfolgung — vielleicht mehr als jede andere — getarnt, und zwar oft so erfolgreich, daß sich auch ernste, nach objektiver Wahrheit strebende Gelehrte manchmal irreleiten lassen. Dafür gibt das als klassisch geltende Werk über die orthodoxe Kirche von J. S. Curtiss ein Beispiel. Drittens fehlen für gewisse Konfessionen — so den Buddhismus, den Islam und den Protestantismus — systematisch arbeitende Forschungszentren. Diese bestehen eigentlich nur für die russisch-orthodoxe und die katholische Kirche, aber auch hier ist öfters ein Mangel an wissenschaftlicher Vorbereitung der Forscher festzustellen. Aus allen diesen Gründen ist hier eine Vollständigkeit in der Darlegung nicht möglich, sie kann auch nicht in der Absicht einer auf wenig Platz beschränkten, kurzen Zusammenfassung liegen. Es geht vielmehr um den Versuch, das W esentliche der Lehre zur kommunistischen Religionspolitik (Theorie und Methodologie) darzustellen und diese in ihrer Praxis durch einige Beispiele zu beleuchten.

A. Propagandaschlagworte

§ 2. DIE ZWEI THEMEN DER PROPAGANDA IN BEZUG AUF DIE RELIGION Die kommunistische Propaganda arbeitet im Bereich der Religion im Gegensatz zu anderen Gebieten — gleichzeitig mit zwei Behauptungen: 1. Die Religion und alles mit ihr Verbundene sei schlecht. 2. Der Kommunismus sei dennoch bestrebt, der Religion gegenüber eine korrekte und tolerante Haltung einzunehmen. Die erste Wendung ist bekannt. Sie wird unten (§§ 3 ff.) näher belegt werden. Die zweite läßt sich an einigen, in neuerer Zeit gefallenen Äusserungen ausführlicher darlegen: „Der Marxismus-Leninismus verwirft entschieden jede Möglichkeit und Berechtigung, gegen religiöse Vorurteile mit Verwaltungsmaßnahmen vorzugehen, welche die Aktivität von religiösen Organisationen einschränken oder verbieten." (A. Kolosov, Religija i Cerkov v SSSR, BSE 2. A. [1947], Koll. 1782.) „In der Geschichte unserer Revolution gibt es kein einziges Beispiel dafür, daß irgend jemand für seine religiösen Überzeugungen gelitten hätte." (V. D. Bonc-Bruevic, Svoboda Sovesti v SSSR, in: Voprosy Istorii Religii i Ateizma, hrsg. Ak. Nauk SSSR, Inst. Istorii, II, Moskva 1954. S 16.) „Es hat keine religiösen Verfolgungen im Lande der Sowjets gegeben. Sie sind grundsätzlich unmöglich. Vertreter der Kirche wurden nicht wegen ihrer religiösen Tätigkeit vor Gericht gestellt, sondern auf Grund ihrer gegen das Volk gerichteten Handlungen, welchen die Religion lediglich als Vorwand diente. Der Klerus als solcher wurde in der SU nie verfolgt." (ebd. S. 18.) Diese Art der Propaganda wird nicht nur von den Kommunisten selbst, sondern auch von den sogenannten „progressiven" Kirchenvertretern in den kommunistischen Ländern getrieben.

Ein Beispiel dafür bietet das Buch „Die Wahrheit über die Religion in Rußland", hrsg. unter dem Namen des Patriarchen Sergius (Zollikon, Zürich, Evang. Verlag, 1944). Dieses enthält u. a. einen Aufsatz „Unsere Kirche ist frei" (SS. 52— 54). Einen weiteren Anhalt geben die Vertreter der polnischen „progressiven" Spaltungsgruppen (s. § 12 d), welche zur Zeit der strengen Kirchenverfolgung in ihrem Lande (1951— 1955) stets kategorisch behaupteten, es gäbe diese überhaupt nicht. (Texte zusammengestellt in CI. Naurois, Dieu contre D i e u , Fribourg [1957].) Drittens wäre hier auf die Haltung der Spaltungsgruppen in der Sowjetunion hinzuweisen (s. unten § 12 b vgl. auch §§ 15 f.). Die Kommunisten pflegen sich sogar in gewissen Fällen, bei denen es auf die Gewinnung der Gläubigen ankommt, selbst als solche auszugeben oder wenigstens der betreffenden Religion gegenüber größte Ehrfurcht und Sympathie zum Ausdruck zu bringen. „Dem chinesischen Ministerpräsidenten Tschu En-lai ist es bei seinem Besuch auf Ceylon gelungen, durch eine Geste die bisher gegen die Kommunisten eingenommene buddhistische Presse für sich zu gewinnen. Er zeigte sich bei einem Besuch eines Tempels in verehrender Haltung bei einer Gruppe buddhistischer Mönche, überreichte dem Tempel einen Scheck über etwa zehntausend Rupien und legte Blumen an der Buddha-Statue nieder. In den Zeitungen heißt es, man habe den Kommunisten offenbar jahrelang großes Unrecht damit angetan, wenn man sie als gottlos bezeichnet habe.“ (Frankfurter Allgemeine Z e i t u n g , 16. II. 1957.) INHALT § 1. Einleitung A. Propagandaschlagworte § 2. Die zwei Themen der Propaganda in Bezug auf die Religion B. Theorie § 3. Historischer und systematischer Überblick § 4. Wesen der Religion und Gründe für ihre Ablehnung b. Falschheit der Religion b. Soziale Schädlichkeit der Religion c. Je reiner die Religion, desto gefährlicher § 5. Kritische Bemerkungen § 6. Grundregeln der Religionspolitik a. Das Prinzip der dialektischen Grundführung b. Nur geistige oder physische Mittel im Kampf?

§ 7. Hauptregeln der Kirchenpolitik § 8. Zur historischen Entwicklung der Taktik C. Praxis: Die Mittel der Religionspolitik § 9. Propaganda a. Überblick b. Verband der kämpfenden Gottlosen c. Antireligiöse Zeitschriften und Drucke d. Antireligiöse Schulen und Museen e. Künstlerische Propaganda f. Antireligiöse Propaganda in den Setellitenländern § 10. Beschränkung des Einflusses der Kirchen durch Rechts-und Verwaltungsmaßnahmen a. Aufhebung der religiösen Presse b. Auflösung der religiösen Laien-Vereinigungen c. Verstaatlichung von Schulen und Aufhebung des Religionsunterrichtes d. Enteignung und Steuerdruck e. Verbot der karitativen Tätigkeit § 11. Verhaftungen, Schauprozesse, Hinrichtungen a. Überblick b. Verhaftungen und Deportationen c. Schauprozesse d. Hinrichtungen und Ermordungen f. Unterdrückung der Klöster § 12. Spaltungsgruppen a. Überblick b. Die „Lebendige Kirche" in Rußland c. Die „Patriotische Bewegung" in den protestantischen und katholischen Kirchen Chinas d. Katholische Spaltungsgruppen in den Satelliten-ländern § 13. Kontrollierung der Kirchen a. Trennung von Kirche und Staat b. Juristische Anerkennung der Kirchen und Verträge mit den Kirchenführern c. Gesetzlich begründete Staatskontrolle über die Kirchen d. Übernahme der Verwaltung durch Agenten D. Das Schicksal einiger Konfessionen § 14. Die Russisch-Orthodoxe Kirche § 15. Der Islam in der Sowjetunion § 16. Der lamaistische Buddhismus in der Sowjetunion § 17. Die unierte katholische Kirche in den nach 1944 besetzten Ländern § 18. Die katholische Kirche in der Tschechoslowakei § 19. Die protestantischen Kirchen in Ungarn § 20. Die Zeugen Jehovas in Polen und Ostdeutschland E. Anhang § 21. Protestschreiben verschiedener Bischofskonferenzen a. Aus dem Hirtenbrief des jugoslawischen Episkopates b. Aus dem Hirtenbrief des tschechoslowakischen Episkopates c. Aus dem Protestschreiben des polnischen Episkopates § 22. Aufruf der ehemaligen Missionare in China § 23. Zeugnisbericht von einem Prozeß und von Hinrichtungen § 24. Verzeichnis einiger Bischöfe, die von den Kommunisten verfolgt wurden.

B. Theorie

§ 3. HISTORISCHER UND SYSTEMATISCHER ÜBERBLICK Die dargestellte Propaganda bietet ein grob verfälschtes Bild der Lehre über die Religion, wie sie die Kommunisten tatsächlich vertreten. Diese wurde im wesentlichen von Lenin entwickelt. Um sie richtig zu verstehen, ist es notwendig, zu beachten, daß Lenin (1) die dem „Marxismus" wesentliche Auffassung der Religion nicht nur von Marx und Engels übernommen hat, sondern darüber hinaus von den russischen revolutionären Denkern abhängig ist, welche in ihrer antireligiösen Haltung bedeutend weiter gegangen sind als Marx und Engels; (2) daß Lenin zur Zeit, als er seine Ansichten über die Religion formulierte (1905— 1917) sich mit religiösen Tendenzen innerhalb der kommunistischen Partei auseinanderzusetzen hatte und sich deshalb so scharf gegen die Religion wandte; (3) endlich, daß er während derselben Periode mit taktischen Fragen der Religionspolitik innerhalb seiner allgemeinen Politik sich beschäftigte; aus allen diesen Fakten ergab sich seine Lehre.

Lenin hängt in seiner Lehre nicht nur vom Marxismus, sondern auch von mehreren Nihilisten und Anarchisten ab, Unter welchen vor allem P. Tkacev und S. G. Neajev zu nennen sind. Beide (wie übrigens auch andere Anarchisten, z. B. N. Bakunin) zeichnen sich durch einen extremen Religionshaß aus. Diese Haltung wurde nun von Lenin übernommen und zwar in solchem Maße, daß ein Marxist, J. Harper, dem Problem, warum Lenin viel stärker antireligiös dächte als Marx und Engels, eine eingehende Studie widmete. (J. Harper, Lenin als Philosoph. Bibliothek der Rätekorrespondenz I, 1936, S. 96 ff.)

Vertreter der genannten religiösen Tendenzen waren vor allem A. W. Lunacarskij (1875— 1933) und A. M. Gorkij (Pseudonym von A. M. Peskov, 1868— 1936), die bogostroitiele (Gottbildner). Beide waren der Ansicht, daß das Proletariat wie jede andere Klasse ihres religiösen Überbaus bedürfte — freilich handelte es sich um eine gottlose Religion.

§ 4. WESEN DER RELIGION UND GRÜNDE FÜR IHRE ABLEHNUNG Nach der klassischen kommunistischen Definition (s. o. II § 14 f,) ist die Religion ein phantastisches — d. h. falsches — Abbild erstens der Naturmächte, zweitens der sozialen Mächte — „in menschlichen Köpfen". Beiden gegenüber fühle sich der Mensch ohnmächtig. Danach gibt es für den Kommunismus zwei verschiedene Gründe, die Religion abzulehnen und zu bekämpfen: einerseits ist sie einfach eine falsche Lehre, andererseits handelt es sich um eine sozial schädliche Ideologie.

Es muß hervorgehoben werden, daß den Kommunisten aus den genannten beiden Gründen die Religion ihrem Wesen nach und nicht in ihren Ausartungen als verwerflich erscheint. Datum gilt das Prinzip, daß die Religion, je reiner sie auftritt, um so schlimmer und gefährlicher ist.

a. Falschheit der Religion Die Religion wird zunächst als dem Materialismus widersprechend (s. oben II § 6) energisch verworfen:

„Marxismus ist Materialismus. Als solcher steht er der Religion ebenso schonungslos ieindlich gegenüber wie der Materialismus der Enzyklopädisten des XVIII. Jahrhunderts oder der Materialismus Feuerbachs ... Das ist das Abc des gesamten Materialismus und folglich auch des Marxismus." (Lenin, über das Verhältnis der Arbeiterpartei zur Religion, 1909, AW 11, S. 403.)

„Die Sozialdemokratie baut ihre ganze Weltanschauung auf dem wissenschaftlichen Sozialismus, d. h. auf dem Marxismus auf. Die philosophische Grundlage des Marxismus bildet, wie Marx und Engels wiederholt erklärt haben, der dialektische Materialismus ... eines Materialismus, der unbedingt atheistisch ist und jeder Religion entschieden feindlich gegenübersteht.“ (ebd. S. 400.)

„Die auf der allein richtigen wissenschaftlichen Weltanschauung, dem Marxismus-Leninismus und auf seiner theoretischen Grundlage, dem dialektischen Materialismus, gegründete Kommunistische Partei, muß sich mit der Religion als einer Ideologie auseinandersetzen; sie kann sich einer Ideologie gegenüber, die mit der Wissenschaft nicht das Geringste gemeinsam hat, wie die Religion, nicht gleichgültig verhalten." (Prawda, 11. XL 1954.)

b. Soziale Schädlichkeit der Religion Für jede Gesellschaft die Klassen kennt (II § 12), stellt die Religion darüberhinaus einen ideologischen überbau dar, der einem Ausbeutungssystem entspricht. In diesem Sinne tröstet sie die Ausgebeuteten und wendet sie von der Revolution ab; den Ausbeutern aber bietet sie eine billige Beruhigung des Gewissens. „Die Religion, ist das Opium des Volkes'— dieser Ausspruch Marx'

(MEGA I, 1/1. S. 607) ist der Eckpfeiler der ganzen marxistischen Weltanschauung in der Frage der Religion. Der Marxismus betrachtet alle heutigen Religionen und Kirchen, und jedwede religiösen Organisationen stets als Organisationen der bürgerlichen Reaktion, die dem Schutz der Ausbeutung und der Betäubung der Arbeiterklasse dienen."

(Lenin, e b d. S. 400 f.)

„Die Religion Ist eine Art geistigen Druckes, der überall und allenthalben auf den Massen lastet, die durch ewige Arbeit für andere, durch Not und Vereinsamung niedergedrückt werden. Die Ohnmacht der ausgebeuteten Klassen im Kampf gegen die Ausbeuter erzeugt ebenso unvermeidlich den Glauben an ein besseres Leben im Jenseits, wie die Ohnmacht des Wilden in seinem Kampf mit der Natur den Glauben an Götter, Teufel, Wunder und dergleichen hervorruft. Denjenigen, der sein Leben lang arbeitet und Not leidet, lehrt die Religion Demut und Geduld hinieden und vertröstet ihn mit der Hoffnung auf himmlischen Lohn. Diejenigen aber, die von fremder Arbeit leben, lehrt die Religion Wohltätigkeit hinieden, womit sie ihnen eine recht billige Rechtfertigung ihres Ausbeuterdaseins anbietet und zu annehmbaren Preisen Eintrittskarten für die himmlische Seligkeit verkauft ... Die Religion ist eine Art geistiger Fusel, in dem die Sklaven des Kapitals ihr Menschenantlitz und ihre Ansprüche auf ein halbwegs menschenwürdiges Leben ersäufen." (Lenin, Sozialismus und Religion, AW 11, S. 395.)

„In der bürgerlichen Gesellschaft ist die Kirche eine Stütze und ein Werkzeug der herrschenden Klassen, welche sie als ein Mittel zur Versklavung der Arbeiter gebrauchen.“ (Beschluß des ZK der KPdSU, Prawda, 11. XI. 1954.)

„Wir vergessen nie, und wir können nicht vergessen, daß die Religion ... , eine Art geistiger Fusel'ist — daß die Menschen durch das religiöse Denken vergiftet, hypnotisiert, betäubt und vermindert werden.“ (Bonc-Bruevic, ebd. S. 26.)

c. Je reiner die Religion, desto gefährlicher Aus dem Gesagten folgt, daß die Religion vom kommunistischen Standpunkt aus als solche, ihrem Wesen nach — nicht etwa nur ihre Entartungen — verwerflich ist und bekämpft werden soll. Im Gegenteil: eine entartete Religion wird als weit weniger gefährlich betrachtet, als eine reine, hochstehende. Dieses Prinzip formulierte Lenin klar im Zusammenhang seiner Auseinandersetzung mit dem Dichter Gorkij:

„... jede religiöse Idee, jede Idee von jedem Herrgott (ist) ... eine unsagbare Abscheulichheit ... (Aber) Millionen von Sünden, Gemeinheiten, Vergewaltigungen und Ansteckungen physischer Art werden von der großen Menge viel leichter entlarvt und sind daher viel weniger gefährlich als die feine vergeistigte, in die prächtigsten . ideologischen Gewänder gekleidete Gottesidee. Ein katholischer Pfaffe, der Mädchen schändet ... ist gerade für die . Demokratie'weit weniger gefährlich als ein Pfaffe ohne Priesterrock, ein Pfaffe ohne grobschlächtige Religion, ein ideenvoller und demokratischer Pfaffe .. . * (Lenin, Brief an S. M. Gorkij vom 14. IX. 1913, AW 11 S. 412.)

Von diesem Prinzip her lassen sich gewisse Handlungen der Kommunisten, die sonst merkwürdig erscheinen, erklären — z. B. die besondere Wut, mit der die Karmeliterinnen, die sich doch in keiner Weise politisch betätigen, während des spanischen Bürgerkrieges angegriffen und gemordet wurden.

§ 5. KRITISCHE BEMERKUNGEN Die kommunistische Religions-Theorie stellt die wirkliche Sachlage zweifellos in primitivster und ungeheuerlichster Verfälschung dar.

Es ist dazu unter anderem Folgendes zu bemerken:

(a) Die dogmatische Erklärung, daß nicht nur diese und jene, sondern alle Religionen „falsch" seien, wird durch nichts belegt.

Keiner hat je beweisen können, daß es keinen Gott gibt, usw.; niemand — am wenigsten die Kommunisten selbst — hat die Wahrheit des „Materialismus" bewiesen; die Wissenschaft, auf die sie sich berufen, hat mit solchen metaphysischen Thesen nicht das Geringste zu tun. Die Ablehnung ist also einfach als Ausdruck eines Glaubens zu verstehen. Es handelt sich lediglich um die Ablehnung jedes anderen Glaubens zugunsten des kommunistischen.

(b) Die Bedeutung der Religion als Trost für die Ausgebeuteten, ist darin richtig erkannt, daß der leidende Mensch sich ihr leichter zuwendet. Die Kommunisten vergessen aber, daß der Mensch nicht nur unter der Ausbeutung leidet, sondern auch durch Krankheit, unglückliche Liebe, Mißerfolg, Tod. Das sind allgemeinmenschliche, sogenannte „existentielle" Probleme. Der Kommunismus ist allerdings für sie vollständig blind: die Todesfrage scheint für ihn z. B. überhaupt nicht zu bestehen. Die Religion ist aber in erster Linie und wesentlich eine Anwort auf d i e s e Probleme. Wer sie nur als Trost für Ausbeutung auffaßt, verfälscht den Tatbestand. (c) Es ist wahr, daß die Religion den Menschen manchmal von seinen diesseitigen Aufgaben abwendet. Ebenso wahr aber ist, daß der Mensch durch sie oft gerade zur Erfüllung dieser Aufgaben angespornt wird. Zeugnis dafür sind z. B. die bedeutenden wirtschaftlichen und kulturellen Leistungen der katholischen wie auch der buddhistischen Klöster.

Dazu läßt sich weiter sagen: es gibt Fälle, in denen die Religion sogar zur großen revolutionären Macht wird. So marschierten die durch den Stalinismus ausgebeuteten Posener Arbeiter 1956 mit religiösen Gesängen vor den Polizeistationen auf und so erzwangen die ungarische wie die polnische revolutionäre Bewegung die Befreiung der kirchlichen Führer.

(d) Eine weitere grobe Verfälschung des Tatbestandes liegt in der Rede von der Religion als „billiger Rechtfertigung des Ausbeuterdaseins" der Kapitalisten. Wohl gibt es Entartungen der Religion, die in dieser Richtung liegen. Aber die echte Religion ist etwas ganz anderes. Um nur ein Beispiel anzuführen: wenn der junge Prinz Gotama seine Güter, seine soziale Stellung, ja seine geliebte Frau und sein Kind verläßt und sich in die Wüste zurückzieht, um Buddha zu werden, kann man dann im Ernst behaupten, er habe sich durch diese Tat eine „billige Rechtfertigung seines Ausbeuterdaseins" erkauft?

Und die Geschichte der Religion ist solcher Taten voll.

(e) Es kann eher, ohne zu übertreiben, behauptet werden, daß fast alles, was dem Kommunismus echte Anziehungskraft verleiht, gerade der Religion entnommen ist. Denn es waren die großen Religionen, welche die Losungen der Menschenwürde, der Gleichheit, der Aufopferung für die Armen und Schwachen usw. in das Gewissen der Menschheit trugen. Ohne diese religiösen Elemente würde der Kommunismus zu einer schlichten Verschwörung von Politikern absinken. Er besitzt moralische Anziehungskraft nur in soweit, als er selbst ein Schmarotzerdasein in bezug auf die Religion führt, die er bekämpft.

§ 6. GRUNDREGELN DER RELIGIONSPOLITIK Die Grundlage der kommunistischen Religionspolitik wurde von Lenin in den oben angeführten Texten klar formuliert: der Kommunismus steht jeder Religion „schonungslos feindlich gegenüber'

(§ 4 a). In der näheren Ausführung zeigt die Theorie der Religions-Politik aber zwei auffallende Widersprüche. Der erste besteht zwischen dem Prinzip des schonungslosen Kampfes einerseits und dem der „dialektischen" Auffassung dieses Kampfes andererseits: es handelt sich dabei — wie wir noch sehen werden — nur um einen Scheinwiderspruch. Hingegen besteht schon bei Lenin eine weitgehende Inkonsequenz hinsichtlich der Mittel des Kampfes.

a. Das Prinzip der dialektischen Kriegsführung Das scheinbar widersprüchliche Verhalten der kommunistischen Partei besteht darin, daß die Religion einmal bis zur Vernichtung bekämpft, dann aber wieder nicht nur toleriert, sondern sogar unterstützt wird. Der Widerspruch löst sich aber auf, wenn man ihn von.

der diesbezüglichen grundlegenden Lehre des Kommunismus her beleuchtet. Lenin lehrt nämlich, daß (1) die Religion bekämpft und vernichtet werden soll, daß aber (2) ihre Bekämpfung und Vernich-:

tung nur im Zusammenhang der allgemeinen Aufgaben der Partei — d. h. nicht immer und überall mit gleicher Intensität — durchzuführen sind.

Die grundsätzliche Aufforderung zur Bekämpfung der Religion wird durch einige weitere Stellen aus Lenins Schriften deutlich:

„Wir fordern, daß die Religion Privatsache sei dem Staat gegenüber, können aber keinesfalls die Religion unserer Partei gegenüber als Privatsache betrachten ... In Bezug auf die Partei des sozialistischen Proletariats ist die Religion keine Privatsache. Unsere Partei ... kann und darf sich gegenüber dem Fehlen des Klassenbewußtseins, gegenüber der Unwissenheit und dem Obskurantismus des religiösen Glaubens nicht gleichgültig verhalten.“ (Sozialismus und Religion, AW 11, SS. 396/7.)

„Die Partei des Proletariats fordert vom Staat die Erklärung der Revolution zur Privatsache, betrachtet jedoch keineswegs den Kampf gegen das Opium des Volkes, den Kampf gegen religiösen Aberglauben usw. als , Privatsache’.“ (Uber das Verhältnis.., S. 408.)

Lenin hat jedoch darüber hinaus einen Aufsatz verfaßt, aus dem hervorgeht, daß dieser Kampf nicht gesondert, sondern nur im allgemeinen Rahmen des Parteikampfes geführt werden soll. Daraus folgt, daß der Kampf gegen die Religion zu unterlassen ist, falls er anderen und grundsätzlicheren Zielen der Partei im Wege steht; man soll in solchen Fällen sogar mit Priestern und Gläubigen zusammenarbeiten. Lenin hatte gesagt, Atheismus sei das Abc des Materialismus (siehe oben) und führt das folgendermaßen weiter aus:

/Aber der Marxismus ist kein Materialismus, der beim Abc stehengeblieben ist. Der Marxismus geht weiter. Er sagt; man muß verstehen, gegen die Religion zu kämpfen ...der bürgerliche Materialist (sagt); ... Nieder mit der Religion, es lebe der Atheismus, die Verbreitung atheistischer Ansichten ist unsere Hauptaufgabe. Der Marxist sagt: das ist falsch. Eine solche Ansicht ist ein oberflächliches, bürgerlich beschränktes Kulturträgertum. ... Keine Aufklärungsbroschüre wird die Religion aus den durch die kapitalistische Zwangsarbeit zermürbten, von den blindwaltenden, zerstörenden Kräften des Kapitalismus abhängenden Massen ausmerzen, solange diese Massen selbst nicht gelernt haben werden, vereint, organisiert, planmäßig, bewußt gegen diese Wurzel der Religion, gegen die Herrschaft des Kapitals In allen ihren Formen anzuknüpfen. ...

Daraus folgt, daß die atheistische Propaganda der Sozialdemokratie ihrer Grundaufgabe untergeordnet sein muß: der Entfaltung des Klassenkampfes der ausgebeutelen Massen gegen die Ausbeuter. * (ebd. S. 403 f.)

Darauf folgt ein Beispiel, in welchem gezeigt wird, daß man während eines Streiks in einer Ortschaft, in der die Menschen durch die Religion beeinflußt sind, keinen Atheismus predigen soll (S. 405) und ein weiteres, nachdem man sogar einen Geistlichen als Mitglied aufnehmen soll (S. 406).

Alles Handeln der Partei ist aber für die Kommunisten Klassenkampf. Daraus folgt, daß der Kampf gegen die Religion — und zwar Im Interesse ihrer endgültigen Vernichtung — in jedem Fall unterbrochen werden soll, wenn dies aus irgend einem Grunde für die Ziele der Partei als nützlich erscheint.

b. Nur geistige oder auch physische Kampfmittel?

Besteht in diesem Punkt im Verhalten der Kommunisten also grundsätzlich kein Widerspruch, so findet sich eine andere wirkliche Inkonsequenz, die bis auf Lenin zurückzuführen ist.

Er hatte nämlich einerseits die Religion als höchst gefährliche Waffe der Ausbeuterklassen angesehen (§ 4 b) und sie als solche gehaßt (s. oben § 4 a, Zitat); solch gehaßte Feinde des „Volkes" sollen aber nach der kommunistischen Revolutioslehre (III § 8) mit allen Mitteln und vorzüglich auch mit physischer Gewalt „liquidiert" werden. Andererseits hat Lenin wenigstens einmal ausdrücklich geäußert, der Kampf gegen die Religion solle nur mit geistigen Mitteln geführt werden. Dieser Text lautet:

„Wir fordern die vollständige Trennung der Kirche vom Staat, um gegen den religiösen Nebel mit rein geistigen und nur geistigen Waffen, mit unserer Presse, unserem Wort zu kämpfen.“ (Sozialismus und Religion, AW 11, S. 397.)

Der Text stammt aus dem Jahre 1905; die Haltung Lenins in dieser Frage scheint sich aber später geändert zu haben. Jedenfalls stimmt eine Beschränkung der Mittel auf rein „geistige" mit der Gesamtheit der Lehre Lenins nicht überein; denn sie fordert die revolutionäre Vernichtung der Gegner. Da aber die Kommunisten in bezug auf ihre Klassiker einen wahren Fetischismus üben (II § 5), vermochte dieser Text einen gewissen Einfluß auf ihre Haltung auszuüben, insbesondere dann, wenn die Umstände dieser Regel entgegenkamen. So ist die Verordnung Chruev’s vom 10. XL 1954 von ihr her begründet.

Ein volles Verständnis der Sachlage wird nur im Lichte der allgemeinen Grundsätze der kommunistischen Taktik (V § 1) möglich, nach welchen „alle Waffen" kombiniert werden sollen (III § 13 c). Der Begriff der „geistigen Waffen* ist dabei für die Kommunisten ein recht umfangreicher; seine Anwendung wurde oben (V. C) dargelegt. Gerade die kommunistische Religionspolitik ist ein klassisches Beispiel dafür.

§ 7 . HAUPTREGELN DER KIRCHENPOLITIK Während die oben genannten Regeln der kommunistischen Religionspolitik in den klassischen Texten klar formuliert sind, müssen die Prinzipien der Kirchenpolitik aus der Praxis abgelesen werden. Diese Prinzipien sind aber Folgerungen aus den allgemeinen Lenistischen Grundsätzen und die kommunistische Praxis bietet dafür ein so umfangreiches und eindeutiges Material, daß kein Zweifel daran aufkommen kann.

Die kommunistische Kirchenpolitik verfolgt ein zweifaches Ziel:

erstens die Ausnutzung der Kirchen für die grundlegenden Zwecke der Partei; es handelt sich hierbei einerseits um konkrete wirtschaftliche (z. B. Kollektivierung der Dörfer) und außenpolitische Ziele (z. B. Friedenpropaganda), andererseits um die Verbreitung der kommunistischen Lehre selbst. Zweitens soll der Einfluß der Kirche auf das notwendige Minimum beschränkt werden.

Die beiden Ziele lassen sich aber nicht ohne weiteres vereinen; denn je besser man eine Kirche ausnützen will, umso mehr muß man ihr an relativer Freiheit und Existenzmöglichkeit gewähren. Das Ausmaß dieser Konzessionen wird von Fall zu Fall, in Anpassung an die Umstände, von der Partei festgelegt. Drei typische Taktiken sind hier zu unterscheiden:

(a) Es besteht — nach der Meinung der Partei — keine Aussicht die betreffende Kirche ausnützen zu können. Dann wird in der Regel ihre Vernichtung angestrebt. Als klassische Beispiele sind zu nennen: der Buddhismus in der Sowjetunion vor 1940 (§ 16), die unierte katholische Kirche in den 1945 besetzten Ländern (§ 17), die Zeugen Jehovas in Polen und Ostdeutschland (§ 20).

(b) Die Partei glaubt die in Frage stehende Kirche ausnützen zu können, diese weigert sich jedoch. In diesem Falle wird eine lange Reihe von Maßnahmen zur Anwendung gebracht, um den Widerstand zu brechen (§§ 11— 12).

(c) Die Kirche kann der Partei nützlich sein, sie ist auch bereit, diese Rolle zu spielen. Dann wird sie seitens der Partei unterstützt. Das klassische Beispiel gibt hier die Russische Orthodoxe Kirche seit dem Zweiten Weltkrieg (§ 14).

Unabhängig von der gewählten Taktik gilt die Regel, daß die Kirchen nie sich selbst überlassen werden sollen und daß sie stets vollständig kontrolliert werden müssen (§ 13).

Von allgemeiner Gültigkeit ist ferner das Prinzip, die antireligiöse (d. h. nicht immer die antikirchliche) Propaganda intensiv, und zwar mit besonderer Berücksichtigung der Jugend, zu betreiben (§ 9, vgl. § 10).

Hinzuzufügen bleibt, daß die Kommunisten den kirchlichen Angelegenheiten eine große Wichtigkeit beimessen. So wird in einzelnen Fällen, z. B. einer Aktion, die die Unterwerfung bezweckt, der gesamte Apparat der Partei in Bewegung gesetzt und eine geradezu kolossale Propaganda getrieben.

§ 8. ZUR GESCHICHTLICHEN ENTWICKLUNG Die Taktik der kommunistischen Partei zeigte im Laufe der Zeit eine gewisse Veränderung: anfangs hatte man geglaubt, es sei ein Leichtes, die Kirchen zu zerstören; heute (d. h. im wesentlichen seit etwa 1939) herrscht die Überzeugung vor, daß es besser sei, die Kirche auszunützen, als sie zu vernichten.

Als Ursache sind folgende Tatsachen anzusehen:

1. Die Praxis hat erwiesen, daß die Religion bedeutend widerstandsfähiger ist, als die Kommunisten annahmen. Unter diesen Umständen schien es zweckmäßiger, die Religionen unter die Herrschaft und Kontrolle der Partei zu bringen, als sie in unorganisierter Form frei walten zu lassen.

2. Die Leiter der kommunistischen Partei sind zur Einsicht gekommen, daß man aus einer Kirche, die man in der Gewalt hat, weit größeren Nutzen ziehen kann als aus der Aufhebung aller religiösen Organisationen. In der Tat haben sowohl die Russische Orthodoxe Kirche als auch die von den Kommunisten beherrschten Spaltungsgruppen innerhalb anderer christlicher Konfessionen Propaganda für den Kommunismus getrieben.

3. In der Sowjetunion selbst ist auch das Aufkommen des russischen Nationalismus (VII §§ 3 ff.) von Bedeutung. Praktisch wurde damit die alte russische Tradition der Unterstützung der Orthodoxen Kirche und ihrer Ausnützung als Werkzeug der Russifizierung wieder ausgenommen. Darum mußte man dieser Kirche Lebensmöglichkeiten geben.

In diesem Zusammenhang ist noch zu bemerken, daß sich bei Lenin nichts findet, was eine solche Politik begründen könnte; sie kam erst mit der Wiederbelebung des russischen Nationalismus zustande, insbesondere während und nach dem Zweiten Weltkrieg.

Den augenblicklichen Stand der sowjetischen Kirchenpolitik kennzeichnet der Beschluß des ZK der KPdSU vom 10. XL 1954 (P r a w d a 11. XL 1954). Demzufolge sollen gegen die Religion weder Verwaltungsmaßnahmen noch andere „mechanische" Mittel angewandt werden. Sie soll vornehmlich durch „wissenschaftliche Propaganda" und Schulbildung bekämpft werden. In Parallele dazu ist eine weitgehende Ausnützung der Kirchen für Propagandazwecke zu beobachten, z. B. für die kommunistischen Friedensappelle. Einen Höhepunkt dieser Aktion bildet die all-sowjetische Konferenz der Kirchen am 9. V. 1952, an welcher Vertreter praktisch aller in den SU lebenden Konfessionen teilnahmen. Sie setzten sich mit Nachdruck für die kommunistische Politik wie für Stalin persönlich und die Weltfriedenspropaganda ein . (Konferncija vsech cerkvej i religioznych obedinenii v SSSR posvj ascennaja voprosu zascity m i r a. Zagorsk 1952).

In den meisten kommunistischen Ländern zeichnet sich im ganzen gesehen die gleiche Entwicklung ab — im Einzelnen sind zwar immer wieder Besonderheiten zu beobachten. Der Sinn der heutigen Politik liegt vermutlich darin, die in ihrer Tätigkeit auf den Kultus und die Ausbildung des Klerus beschränkten, streng kontrollierten Kirchen langsam absterben zu lassen, indem die Kirchen aber noch bestehen, sollen sie für die Verbreitung des Kommunismus nützlich gemacht werden.

C Praxis: Die Mittel der Religionspolitik

Die Kommunisten arbeiten in ihrer Religions-und Kirchenpolitik hauptsächlich mit folgenden Mitteln: Propaganda (§ 9), starke Beschränkung des Einflusses der Kirchen (§ 10), Verhaftungen, Schauprozesse und Hinrichtungen (§ 11), Spaltungsgruppen (§ 12) und Unterwerfung der religiösen Gemeinschaften durch Gesetze und Verwaltungsmaßnahmen (§ 13). Es ist dazu noch folgendes zu bemerken:

(1) Die genannten Mittel, außer der Propaganda, scheinen sich zwar nur gegen die religiösen Organisationen und — in den meisten Fällen — gegen die Geistlichen zu wenden; es werden aber auf diesem Wege die Religion selbst getroffen. Denn einerseits gehört die Organisation meistens zum Wesen der Religion (so in der orthodoxen, katholischen, lamaistischen Kirche), andererseits kann keine echte religiöse Lehre mehr gepredigt werden, wo man die Geistlichkeit so stark in der Ausübung ihres Amtes hindert, sie unter sehr großem Druck hält und sie selbst in ihren rein religiösen Tätigkeiten der Aufsicht kommunistischer Agenten unterstellt; vielmehr muß es dazu kommen, daß gepredigt wird, was den Kommunisten gefällt.

Die bloße Aufzählung kommunistischer Maßnahmen in der Religionspolitik gibt keine adäquate Vorstellung von dem Druck, unter dem alle Gläubigen in einem kommunistischen Staate zu leben haben. Man muß sich dabei vergegenwärtigen, daß diese Mittel im Rahmen des totalitären Staates zur Anwendung gebracht werden, in dem alles, auch die Existenz des Bürgers, vom Willen einer gottlosen Partei abhängt. Es ist daran zu denken, daß die Kommunisten, denen die Menschen ausgeliefert sind, nicht nur theoretische Atheisten, sondern kämpfende Feinde der Religion sind. Damit wird die wirkliche Lage für einen Gläubigen im kommunistischen Staate unvergleichbar ungünstiger, als dies die rechtlichen Grundsätze vermuten lassen und als man auf Grund einer Darstellung, wie der hier skizzierten, annehmen möchte.

§ 9. PROPAGANDA a. Überblick Es ist nicht übertrieben, wenn man behauptet, daß die gegen Religion und Kirchen gerichtete kommunistische Propaganda alles diesbezüglich in der Geschichte Bekannte in gewissen Perioden an Ausmaß und Intensität übertroffen hat. Es bleibt noch zu bemerken, daß die angegriffenen Gläubigen und Vertreter der Kirchen jeder Möglichkeit einer Gegenpropaganda beraubt sind, daß sie sich also nicht wehren können; denn das Gesetz gewährt nur die Freiheit der religiösen Kulthandlungen und der antireligiösen Propaganda. Die Verfassung der Sowjetunion von 1955 enthält in Art. 124 folgende Satzung: „Die Freiheit der AusLibung religiöser Kulthandlungea und die Freiheit antireligiöser Propaganda werden allen Bürgern zuerkannt" (Art. 124). Gleichlautende Vorschriften finden sich in der Verfassung der SU von 1936 (Art. 124), der RSFSR vom 11. V. 1925, Art. 4), Turkmenistan (30. III. 1927, Art. 6), Ukraine (15. V. 1929, Art. 8), Usbekistan (22. II. 1931, Art. 5), Ungarn (1949, Art. 54). Einige ältere kommunistische Verfassungen gewähren allerdings der religiösen Propaganda auch Freiheit, z. B. die erste Verfassung der RSFSR (10. VII. 1918, Art. 13), jene von Armenien (3. IV. 1927, Art. 5) usw.;

hingegen ist die polnische Verfassung zweideutig: sie spricht von der Freiheit der „religiösen Funktionen" (1952, Art. 70, § 1).

Abgesehen von den rechtlichen Vorschriften ist die Lage in den kommunistischen Ländern aber so, daß die Gläubigen über keine Presse oder andere Mittel zur Verbreitung ihrer Ideen verfügen (§ 10), und in den seltenen Fällen, wo einige Wege dafür offenstehen, darf die antireligiöse Propaganda in keiner Weise polemisch angegriffen werden Z. B. ist in Polen und Ungarn, wo katholische Spaltungsgruppen bis 1956 über einige Presseorgane verfügten, kein einziger Fall bekannt, in welchem zur intensiven antireligiösen Propaganda Stellung genommen worden wäre.

Als Hauptmittel dieser Propaganda sind zu nennen: Vereinigungen kämpfender Gottloser, Presse, antireligiöse Schulen, Museen und künstlerische Propaganda. Gründlich belegbare Angaben darüber besitzen wir nur für die Sowjetunion; doch wird oder wurde bekanntlich in den anderen kommunistischen Ländern eine antireligiöse Propaganda ähnlichen Ausmaßes getrieben.

b. Verband der kämpfenden Gottlosen Dieser Verband ging aus der „Gesellschaft der Freunde der Zeitung Bezboznik (= Atheist)" (gegr. 1922) hervor, welcher 1926 zum „Verband der Gottlosen" wurde und am II. Kongreß der Gottlosen (Moskau 10. — 16. VI. 1929) den neuen Namen „Verband der kämpfenden Gottlosen" annahm. Der Präsident war Jemeljan G. Jaroslavskij (wahrer Name: Hubelmann).

Der Verband zeigte nach der Zeitschrift Antireligjoznik (31. VIII. 1931, S. 100) folgende Entwicklung:

Jahr Zellen Mitglieder 1926 2 421 87 033 1927 3 121 138 402 1928 3 980 123 007 1929 8 928 465 498 1930 ca. 35 000 2 000 000 1. I. 1931 ca. 50 000 3 500 000 1. V. 1931 ca. 60 000 5 000 000 ’)

Der Verband wurde 1941 aufgelöst.

c. Antireligiöse Zeitschriften und Drucke Im Jahre 1931 arbeiteten sieben Spezialzeitschriften für die Bekämpfung der Religionen:

Bezboznik (Zeitung, 1923-1934 und 1936-1941, 1931: 473 500 Expl.) Bezboznik (Halbmonatsschrift, seit 1925, 200 000) Antireligjoznik (1926, 35 000) Wojnstvujuscij Ateizm (1926-1932) Derevenskij Bezboznik (1929, 49 500)

Bezboznik u stänke (1922-1931)

J u n y j e B ezbozniki (1931, 22 000).

Darüberhinaus erschienen 1931 analoge Zeitschriften in folgenden Sprachen: ukrainisch (drei), polnisch, jiddisch, tatarisch, deutsch, usbekisch, armenisch, burjetisch, baschkirisch, grusinisch, mongolisch. (Nach orginalen Quellen zusammengestellt bei: A. Ziegler, Die russische Gottlosenbewegung, München [1932], S. 84 ff.)

Der Staatsverlag für antireligiöse Literatur veröffentlichte im Jahre 1927 700 000 Druckbogen, im Jahre 1930 bereits 43 600 000 (G. P. Enierlov, Vojnstvujusceje Bezboze v SSSR za 15 let.

Moskva 1932, S. 395). Zwischen 1928 und 1940 sollen insgesamt 1832 Titel, 140 200 000 Exemplare veröffentlicht worden sein; der Plan für 1941 sah 3 500 000 Exemplare vor; die Zeitung Bezboznik sollte ia diesem Jahr eine Auflage von 3 505 000 haben (Antireligjoznik 1941, Nr. 5, S. 2f.).

Die antireligiöse Propaganda durch Schriften wird weiter geführt, obwohl, besonders nach dem Dekret vom 10. XL 1954, diese Literatur weniger Grobheiten enthält. Nach den Voprosy Filosofii (einer Zeitschrift der Akademie der Wissenschaften), welche nur . wissenschaftliche" Schriften verzeichnet, sollen in 1956 nicht weniger als 31 solche „wissenschaftlich-atheistische“ Bücher bzw. Broschüren veröffentlicht sein (VF 1957, 1, SS. 250 f.). Es sei bemerkt, daß dasselbe Verzeichnis nur 18 Titel von Schriften zum dialektischen Materialismus enthält (ebd. SS. 248 f.).

d. Antireligiöse Schulen und Museen Der Bund kämpfender Gottloser organisierte zahlreiche Schulen und Studienzirkel aller Art, mit den sogenannten Arbeiter-und Bauernuniversitäten an der Spitze. Von diesen gab es 1930 44, 1931 bereits 84 (Antireligjoznik 31. IV. 1932, S. 43). Im Jahre 1933 wurden 5 020 Elementarkurse mit 144 161 und 255 Mittelstufen-Kurse mit 4 135 Studenten durchgeführt (Antireligjoznik 1933, Nr. 4, S. 33).

Es wurden auch antireligiöse Museen eingerichtet. Es gab 1930 44 davon. Im Jahre 1929 sollen sie eine Besucherzahl von 263 000 Personen aufgewiesen haben. Man richtete sie oft in Kirchen ein — wie das Zentralmuseum in der berühmten Passionskirche in Moskau; oder das 1932 in der Kazan-Kathedrale von Leningrad eingerichtete Museum (Pod znamenem Marksizma 1930, Nr. 3, S. 51; Prawda 18. II. 1932).

e. Künstlerische Propaganda 1929 wurde in Leningrad ein eigenes antireligiöses Theater, „Ateist“

genannt, errichtet; während zwei Jahren fanden 305 Vorstellungen mit 143 605 Zuschauern statt. (Bezboznik 31. VII. 1932.) Auch in anderen Theatern wurden viele antireligöse Stücke aufgeführt, vor allem im Zusammenhang der „antireligiösen Abende", die überall, auch in den Dörfern, durchgeführt wurden.

Außerdem wurde eine Reihe anti-religiöser Filme gedreht und oft vorgeführt. Nach dem Antireligjoznik (1931, Nr. 1, S. 45) sollten u. a.

16 Filme gegen den Islam, zwei gegen den Lamaismus, fünf gegen die katholische Kirche — gegen die Juden „leider keine" — gedreht werden.

f. Antireligiöse Propaganda in den Satellitenländern Nach deren Besetzung im Jahre 1945 kam es hier zu heftiger Propaganda gegen die Kirchen und die Religionen selbst, obgleich in der Sowjetunion nichts Ähnliches festzustellen war. Das wichtigste, die katholische Kirche betreffendes Tatsachenmaterial ist bei S. Galter, LeCommunisme et 1'E gl i s e Catholique, Paris 1956, zusammengestellt. (Bulgarien SS 131, 135; Jugoslawien S. 396; Polen, S. 246; Rumänien, S. 275-277; Tschechoslowakei, S. 229 f., 357; Ungarn, S. 182.)

§ 10. BESCHRÄNKUNG DES EINFLUSSES DER KIRCHEN DURCH RECHTS-UND VERWALTUNGSMASSNAHMEN Die Kommunisten wenden unabhängig von der gewählten Taktik immer zugleich eine Reihe von Maßnahmen zu einer strengen Beschränkung des Einflusses der Kirchen und ihrer Organisationen an. Im wesentlichen handelt es sich dabei um: (a) Aufhebung der religiösen Presse, (b) Auflösung der religiösen Laien-Vereinigungen, insbesondere der Jugendorganisationen, (c) Verstaatlichung der konfessionellen Schulen unter Ausschaltung des Religionsunterrichtes, (d) Verstaatlichung der Kirchengüter, Steuerdruck, (f) Verbot jeglicher sozialen und karitativen Tätigkeit. — Genaue Belege dafür existieren nur für die katholische Kirche; doch ist bekannt, daß den anderen Konfessionen gegenüber gleiche Maßnahmen zur Anwendung gebracht wurden.

a. Aufhebung der religiösen Presse In allen kommunistischen Ländern wurden religiöse Zeitungen wie Zeitschriften verboten, mit Ausnahme einiger Zeitschriften für den Klerus und einer durch Spaltungsgruppen herausgegebenen, relativ unbedeutenden, Presse.

Die Aufhebung der katholischen Presse wurde durchgeführt: in Bulgarien — einzige Wochenschrift 1948 zum Schweigen gezwungen (Galter, S. 131); in China — letzte Zeitschrift „Vox C 1 e r i" am 8. VI. 1951 aufgehoben (ebd. S. 152); in Polen — Verstaatlichung der Druckereien am 11. IV. 1947, Aufhebung der letzten Zeitschrift, „Tygodnik Powszechny", am 9. III. 1953 (ADOK); in Rumänien — 1947 (Galter, S. 275); in der Tschechoslowakei — 1949 (ebd.

S. 317); in Ungarn — 1945 (ebd. S. 184).

b. Auflösung der religiösen Laien-Vereinigungen Diese wurden in allen kommunistischen Ländern aufgelöst oder den Spaltungsgruppen unterstellt.

Dies wurde für Polen von Seiten der Bischöfe, in ihrem Hirtenschreiben vom 18. VI. 1949 und vom 13. IX. 1950, festgestellt (ADOK); in Ungarn wurden die Namen der aufgelösten Vereinigungen im M a -

gyar Közlöny veröffentlicht, z. B. am 11. IX. 1946; 3. 1. 1947;

10. X. 1947; 28. II. 1948 (vgl. VI. Gsovski, Church and State Behind the Iron Curtain, New York 1954, S. 89 f.).

c. Verstaatlichung von Schulen und Aufhebung des Religionsunterrichtes In allen kommunistischen Ländern wurden die konfessionellen Schulen, in welchen Kinder bzw. junge Laien unterrichtet wurden, verstaatlicht; als Ausnahmen sind eine katholische Universität (Lublin, Polen) sowie einige von Spaltungsgruppen geführte Mittelschulen in Polen und acht in Ungarn zu verzeichnen.

Diese Maßnahme ist gesetzlich in den Verfassungsvorschriften begründet, welche die „Trennung der Schule von der Kirche" vorsehen.

Eine derartige Vorschrift findet sich in der Verfassung der SU (2. VI.

1954, Art. 128), Armeniens (3. IV. 1927, Art. 5), Aserbeidschans (14. II.

1932, Art. 6), Weißrußlands (11. IV. 1927, Art. 12), Grusiniens (4. IV, 1927, Art. 11), der RSFSR (5. V. 1924, Art. 4), Turkestans (30. 111. 1927, Art. 6), der Ukraine (15. V. 1929, Art. 8), Usbekistans (28. II. 1931, Art. 5), der Tschechoslowakei (22. XL 1945, Art. 13), Rumäniens (13. IV.

1948, Art. 27), Polens (22. VII. 1952, Art. 70 § 2).

Bezeichnend ist der Satz der zuletztgenannten Verfassung: „Keine religiöse Konfession, Kongregation oder Gemeinde darf Anstalten für allgemeine Bildung eröffnen oder führen; sie darf nur spezielle, theologische Schulen für die Ausbildung ihrer Geistlichen, welche für ihre religiösen Aufgaben notwendig sind, unter Staatskontrolle leiten“

(a. a. O.).

Dieselben Grundsätze sind auch in besonderen Gesetzen formuliert.

So wurden z. B. alle Privatschulen in der Tschechoslowakei durch das Gesetz vom 21. IV. 1948, Art. 4 aufgehoben; in Ungarn durch das Gesetz Nr. 33, das mit dem 16. VI. 1948 in Kraft trat.

In den Schulen der Sowjetunion und einiger anderer kommunistischer Staaten wird kein Religionsunterricht zugelassen. In einigen dieser Länder ist sogar der private Religionsunterricht verboten.

Sowjetische Gesetze von 1918 und 1929 verbieten „den Religionsunterricht jeder Art in den staatlichen, öffentlichen und privaten Unterrichts-und Bildungsanstalten" (Gsovski S. XVI). Ein Dekret von 1921 verbietet sogar jeden „Religionsunterricht für Personen unter 18 Jahren" (13. VI. 1921). Eine Instruktion der Kommissariate des Inneren und des Unterrichts von 1934 (Nr. 263) geht noch weiter:

„Der Unterricht jeder Art religiösen Kultus, wie auch die Durchführung jeglicher religiöser Kulthandlungen bzw. Riten und jede andere Art religiöser Beeinflussung der jungen Generation ist verboten und wird strafrechtlich verfolgt. Die Elementar-und Mittelschulen sollen die antireligiöse Erziehung der Schüler sichern. Der Unterricht und die Bildung sollen als Grundlage des aktiven Kampfes gegen die Religion und ihren Einfluß auf die Studenten und die Erwachsenen ausgewertet werden." (s. Gsovski S. XVI f.) In neueren Statuten wird nicht mehr vom Atheismus gesprochen, er wird aber durch den dialektischen Materialismus ersetzt, was der Sache nach dasselbe ist (s. II § 6).

In der karpathischen Ukraine wurde 1945 selbst der Religionsunterricht innerhalb der Kirchen verboten (Galter S. 100). Dasselbe ist aus gewissen Teilen Jugoslawiens (Bosnien, Montenegro, Slovenien — für letzteres Dekret vom 31. VII. 1951, S. Galter S. 389) berichtet.

Dort, wo der Religionsunterricht fakultativ zugelassen ist, wird von Seiten der Verwaltung auf die Eltern ein solcher Druck ausgeübt, daß sie es nicht wagen, ihn für ihre Kinder zu fordern. Bei der oben (IVC und IX) dargestellten Abhängigkeit der Bürger von der Willkür der Partei, kommt auf diese Weise nur ein ganz kleiner Teil der Kinder gläubiger Eltern zum Religionsunterricht.

Von Kroatien wird z. B. berichtet, daß im Jahre 1950 von 350 000 Kindern — überwiegend von gläubigen Eltern — nur 30 000 Religionsunterricht erhielten (Galter S. 390). Die anschaulichsten Belege für diese Tatsachen stammen indessen aus Polen, wo die rechtliche Beschränkung des Religionsunterrichts relativ am kleinsten war. Seit März 1956 kam hier eine gewisse Freiheit der Presse zustande. Besonders eindrucksvoll ist der Bericht eines aktiven Kommunisten, M. Lewtak, welcher den auf alle Beamten in dieser und anderer Beziehung ausgeübten Druck beschreibt (O ateizmie przywiazanym do etatu — „Uber den mit der Planstelle verbundenen Atheismus" in P o P r o s t u, 7. VII. 1950). Eine Kommunistin, Barbara Nawrocka, beschreibt, daß in einer Warschauer Schule, in der es bis zu dieser Zeit keinen Religionsunterricht gab, die Eltern am 20. XII.

1956 gefragt wurden, ob sie ihn für ihre Kinder wünschten; alle Eltern, außer Frau Nawrocka, sprachen dafür — diese beklagt sich wegen „Intoleranz". Der Bericht zeigt eindeutig, daß die größere Mehrheit der Eltern den Religionsunterricht für die Kinder wünschten, ihn aber nicht zu fordern wagten (Nowa Kultura, 6. I. 1957). — Ähnliche Berichte liegen vor aus der Tschechoslowakei (Hlasy s Rima, 1942, Nr. 2, S. 2) und Litauen (H.de Chambon, La tragedie des nations balcaniques, Paris 1946, S. 65).

d. Enteignung und Steuerdruck In fast allen kommunistischen Ländern wurden die Kirchen, bald nach der Besetzung, ihrer Güter enteignet, meistens angelegentlich der Bodenreform, bei welcher die Kirchen häufig besonders streng behandelt wurden.

Diese Enteignung fand z. B. in folgenden Ländern statt: UdSSR (23. 1.

1918). Karpatische Ukraine (1945, c. Galter S. 99), Tschechoslowakei (21. III. 1948), Bulgarien (1948/49 s. Galter S. 132), Rumänien (1949, s.

Gsovski, S. 278), Polen (20. III. 1950, Dziennik Ustaw 1950, 9.

Nr. 87). Verschiedentlich wurden die Kirchen und ihre Güter bzw. ihre Verwalter so hoch besteuert, daß man die Kirchen schließen mußte.

Dies geschah z. B. in der UdSSR (1931, s. Galter S. 49), Nord-Vietnam (1955, Osservatore Romano 19. V. 1955). Besonders streng scheinen die buddhistischen Klöster in der Sowjetunion in dieser Beziehung behandelt worden zu sein (s. unten § 16). In Litauen hatte ein Pfarrer jährlich 100 000 Rubel Steuern zu zahlen (das Zehnfache eines Beamtengehaltes), ein Vikar 84 000 (Galter S. 78).

Extreme Formen nahmen diese Maßnahmen in China an. Das veranschaulicht die folgende Beschreibung eines Zeugen:

„Ein erlebtes Beispiel: Ein Missionsbezirk mit jährlichem Nettoeinkommen von 40 Tan Reis, das sind umgerechnet 7200 kg, wovon die Missionswerke (ein Alters-und Waisenheim, die große Hauptschule und vier Außenschulen) zur Not leben konnten. Die Rückzahlung der Bürgschaften, die Steuer und Auflagen, die verschiedenen Bußen, haben schon alle Möglichkeiten des Missionsverwalters erschöpft. Nun verlangte man von ihm — wie von den anderen Grundeigentümern — eine dem Volk schuldige Entschädigung für alle Pachtzinse, die seit dem Erwerb des Landes durch die Kirche, in diesem Fall also seit 45 Jahren, eingenommen worden waren. Theoretisch wären das 7200 X 45 = 324 000 kg oder 324 Tonnen Reis gewesen ... In Wirklichkeit forderte man vom Pfarrer die Zahlung von 40 000 Tan, das sind 7 200 000 kg! Man hat also die jährliche Zahl mit 1000 multipliziert! Der Pfarrer wird ins Gefängnis geworfen, gefoltert, er zahlt (aus reiner Unmöglichkeit) immer noch nicht; deshalb wird er als unbekehrbarer Eigentümer, entschlossener Gegenrevolutionär, gewissenloser Ausbeuter des Volkes hingestellt — und kurzerhand erschossen. Dieses Vorgehen wiederholte sich vielerorts und riß schwere Lücken in die Reihen der Landseelsorger." (Fr. Dufay, Gesetz und Taktik kommunistischen des Kirchenkampfes, Frankfurt/M.

1956, S. 228 f.)

In allen kommunistischen Ländern wurden unter anderem auch die den religiösen Instituten gehörenden Spitäler, Waisenhäuser usw. enteignet.

Belegte Berichte darüber liegen u. a. aus der Tschechoslowakei (Gesetz vom 19. VII. 1948), Rumänien (Gesetz vom 3. XI. 1948), Ungarn (Erlaß Nr. 2 von 1949, s. Gsovski S. 89), China (1950, s. Galter S. 151)

und Polen (Protestschreiben des Episkopates vom 8. 5. 1953 Nr. 14, Text in C. Naurois, Dieu contre Dieu, Fribourg 1956, S. 210f)

vor.

e. Verbot der karitativen Tätigkeit Allen religiösen Organisationen und Kirchen in den kommunistischen Ländern wurde die karitative wie soziale Tätigkeit verboten, wenigstens soweit, daß die legitimen Verwalter kommunistischen Agenten unterstellt wurden.

Die bestbekannten Beispiele bilden die katholischen Organisationen, die unter dem Namen „Caritas" nach 1945 in den meisten Satelliten-ländern eine große karitative Tätigkeit entwickelten und die überall, durch Verwaltungsmaßnahmen, kommunistischen Agenten unterstellt wurden. So in der Tschechoslowakei (s. Galter S. 325), Ungarn (1947, ebd. S. 193 f.) und Polen (Januar 1950, s. Protestschreiben des Episkopates vom 30. 1. 1950, T h e T a b 1 e t 25. II. 1950).

§ 11. VERHAFTUNGEN, SCHAUPROZESSE, HINRICHTUNGEN a. Überblick Es steht außer Frage und wird auch seitens der Kommunisten zugegeben, daß in allen kommunistischen Ländern eine große Anzahl von Gläubigen, vor allem Geistliche, verhaftet, deportiert und hingerichtet wurden. Es ist-leicht, nachzuweisen, daß diese Menschen für ihren religiösen Glauben gelitten haben. Freilich behaupten die Kommunisten, dies sei nicht der Fall; die genannten Maßnahmen seien gegen sie nicht als Gläubige, sondern als Konterrevolutionäre ergriffen worden. Daß dies — wenigstens in den meisten Fällen — nicht stimmt, geht aus folgenden Tatsachen hervor:

(1) Wir besitzen — besonders aus China, aber auch aus anderen Ländern — Berichte von Augenzeugen, nach welchen gegen Männer wie Frauen Verurteilungen geführt wurden, weil sie sich weigerten, ihren Glauben zu verraten (§ 23, § 11c). (2) die in verschiedenen Prozessen angeführten Gründe sind nicht stichhaltig: sie sind nur gesucht, um den eigentlichen Grund — die Weigerung, vom Glauben bzw. von der Kirche abzufallen — zu verdecken. (3) In zahlreichen Fällen wurden ganze Gruppen z. B. die buddhistischen Mönche in der Sowjetunion (§ 16), alle unierten katholischen Priester in Rumänien, die sich weigerten, der Orthodoxen Kirche beizutreten (§ 17), Ordensmitglieder alle in der Tschechoslowakei (§ 11), die Zeugen Jehovas in Polen und Ostdeutschland (§ 20) massenhaft verhaftet, bzw.deportiert. Es gibt eine umfangreiche Literatur von Zeugen, die diese Verfolgungen selbst erlebt haben. In den meisten Fällen handelt es sich um eine echt religiöse Verfolgung.

Die genannten Maßnahmen werden von den Kommunisten angewandt: (1) gewöhnlich unmittelbar nach der Besetzung eines Landes; (2) immer, wenn die Partei im Begriff ist, die betreffende Kirche vernichten oder sich ihr unterzuordnen; (3) darüber hinaus in allen Fällen, wo Massensäuberungen vorgenommen werden. Dann werden die tätigen Elemente jeder oder der meisten Religionen als besonders gefährlich betrachtet und entsprechend hart behandelt.

Die Zahl der Opfer der Verfolgungen kann auch nicht ungefähr angegeben werden; jedoch handelt es sich sicher um Tausende von Hingerichteten und wenigstens um viele Tausende von Verhafteten.

b. Verhaftungen und Deportationen Angaben über Verhaftungen von Zeugen Jehovas und buddhistischer Lamas sind unten (§§ 16, 20) angeführt. Ein Verzeichnis der verfolgten katholischen Bischöfe — deren Mehrheit verhaftet wurde — folgt im Anhang (§ 24). Einige weitere. Ziffern sollen hier angegeben sein:

In der Sowjetunion wurden im Zusammenhang mit der Konfiszierung der Kirchengefäße 481 Laien und Geistliche der orthodoxen Kirche gerichtlich zu Gefängnis verurteilt (I. Brichnicev, Patriarch Tichon i jego cerkov, Moskva 1933, S. 19 f.). Dies ist aber nur ein Bruchteil der durch die Tscheka verhafteten Opfer. Die Zahl der in Solovetsoje Inseln (Arbeitslagern) gefangengehaltenen Bischöfe wird auf 150 geschätzt (s. N. S. Timasheff, Religion in Soviet Russia 1917 — 1942, London 1943, S. 39). Nach einem 1924 veröffentlichten Verzeichnis waren bis 1923 sechs Metropoliten und 54 Bischöfe deportiert; nur einer kam zurück (A. A. Valentinov, [Hrsg. ] Cernaja Kniga [„S türm Nebe s" ], Paris 1925). Von den wenigen katholischen Priestern in Albanien wurden 1947 32 verhaftet (ein Verzeichnis in: CiviltäCattolica 1947, Nr. 2330, S. 138— 141).

In i im mehrere hundert katholischer Priester C h n a waren Jahre 1955 in Haft; im September 1955 allein wurden 50 chinesische Priester und Kleriker verhaftet (Zeugnis der 87 Missionare, s. Anhang § 21). Zur gleichen Zeit waren auch eine große Anzahl buddhistischer und thaoistischer Gläubiger in Haft (C. I. C. R. C. Bulletin d’Information, 1955 Nr. 4, S. 55 f.).

In Nord-Korea wurden am 9. V. 1949 123 Missionäre verhaftet (Galter S. 170, vgl. Das Schick sal in Korea, St. Ottilien Abtei, O. J.). In Rumänien waren 1949 allein 600 Geistliche des byzantinischen (katholischen) Ritus in Haft (nach einem Brief eines orthodoxen Professors aus Bukarest, in: P. Gherman, L'äme roumaina cartele, Paris 1955, S. 137). In Jugoslawien waren 1945 169 katholische Priester in Haft (Hirtenbrief des Episkopates vom 25. IX. 1945, in: Galter S. 397); der Innenminister Rankovi gab im Mai 1953 zu, daß 141 Priester in Gefängnissen weilten (Osservatore Romano 24. V. 1953). In Ungarn ist die Zahl der verhafteten Priester auf 300 zu schätzen; 130 davon wurden gerichtlich verurteilt (Galter S. 230).

Diese sehr fragmentarischen Angaben enthalten die besonderen Maßnahmen gegen Ordensmänner und -frauen nicht (s. unten § lld).

c. Schauprozesse Während die Unterdrückungsmaßnahmen — einschließlich Hinrichtungen und Deportationen — meistens außergerichtlich vorgenommen werden, pflegen die Kommunisten in einigen ausgewählten Fällen Schauprozesse abzuhalten. Diese fanden in fast allen kommunistischen Ländern statt; am häufigsten in China. Ihr Zweck liegt in der Diffamierung des Klerus der betreffenden Kirche; es wird ihnen meistens große Publizität verliehen. Die Durchführung folgt dem üblichen kommunistischen Muster (IX §§ 4 bis 5); scheinbar wurde in vielen Fällen Folterung angewandt (s. unten § 21).

Die Anklagen in diesen Prozessen waren fast immer die gleichen. Mitarbeit mit dem Feind, Spionage zugunsten der Vereinigten Staaten oder des Vatikans, Devisenschmuggel usw. Diese Beschuldigungen sind in einigen Fällen evident falsch; manchmal sind sie geradezu widersinnig — so z. B. wenn man deutsche Missionare in China der Spionage für Amerika oder polnische Geistliche der Spionage für Deutschland bezichtigte oder hohe Prälaten des Handels mit Frauen-wäsche beschuldigte.

Es seien einige wichtige Schauprozesse genannt:

Sowjetunion:

Prozeß der 54 Orthodoxen (7. V. 1922) in Moskau; Prozeß der 11 Katholiken mit Erzb. J. Cieplak (April 1922); andere ähnliche Prozesse der Orthodoxen in verschiedenen Städten im Zusammenhang mit der Konfiszierung der Kirchengefäße (s. Curtiss, S. 119 ff.).

Albanien:

Prozesse von L. Shantaja (19. III. 1945: Mitarbeit mit den Italienern);

A. Zadeja (25. III. 1945: Faschismus); J. Shllaku (13. IV. 1945); Opposition gegen die Regierung), (B a s h k i m i 3. I. u. 17. I. 1946); Mgr.

Banati und R. Oboti (18. IV. 1947, s. Galter S. 118).

Bulgarien:

D. Ghiulov (14. I. 1952); R. Cruston (VI. 1950); Mgr. E. Bossilkov.

(3. X. 1952: Spionage) (Rabotniceskoje Delo 4. X. 1952). Polen:

„Krakauer Prozeß" (27. I. 1952: Spionage, Devisenschmuggel); Mgr.

W. Kaczmarek (22. IX. 1953: Spionage, Mitarbeit mit den Deutschen)

(offizielle Berichte: Proces ksi Edza Lelity... Warszawa 1953;

Proces ksi Edza biskupa Käczmarka... Warszawa 1953;

vollständige Dokumentation in ADOK).

Rumänien:

Die Bischöfe Pacha, Shulart, Waltner (17. IX. 1951, Spionage; Text der Anklage in: G h e r m a n , op cit, S. 188 f.).

Jugoslawien:

Prozeß des Bischofs G. Rozman (28. VIII. 1945; Mitarbeit mit den Deutschen, s. Galter S. 398); Prozeß des Erzb. A. Stepinac (13. X. 1946:

s. F. Cavalli, II proceso del arcivescovo di Zagrabia, Roma 1947).

Ungarn:

Prozeß der Führer der evangelischen Kirche Bischof Lajos Ordas und Albert Radvänszky (1. X. 1948: Schwarzhandel); R. H. Markham, Communists Crush Churches in Eastern Europe, Boston 1950, S. 88). — Kardinal Joszef Midszenty (5. II. 1949: Verrat, Devisenhandel, Schwarzhandel). — Kath. Erzbischof Josef Grösz (26. VI. 1951); alle offiziellen Dokumente in: Documents of the Mindszenty case, Budapest 1949; The trial of Joszef Mindszenty, Budapest 1951; T r i a 1 of Joszef Grösz, Budapest 1951 (alle drei durch die ungarische Regierung herausgegeben und verbreitet).

d. Hinrichtungen und Ermordungen Eine nicht genau bekannte, aber sicher beträchtliche Zahl von Gläubigen (vor allem Geistliche) aller Religionen wurde durch kommunistische Gerichte zum Tode verurteilt und hingerichtet, eine vielleicht noch größere Zahl unter der Leitung kommunistischer Agenten ermordet; viele starben auch an den Folgen der Mißhandlungen in den Gefängnissen. Nach zuverlässigen Berichten geht die Zahl solcher Opfer in die Tausende.

In der Sowjetunion wurden am 7. V. 1922 11 orthodoxe Laien und Geistliche zum Tode verurteilt (I z v e s t i j a 8. V. 1922). Gleichzeitig wurden zwei katholische Geistliche zum Tode verurteilt, einer von ihnen (K. Butkiewicz) wurde am 30. IV. 1922 hingerichtet. Das Urteil wurde u. a. folgendermaßen begründet: „. . . sie haben auch gestanden, daß sie — entgegen den Vorschriften von Art. 121 des Strafgesetz-buches — das vermeintliche „Gesetz Gottes" den Kindern gelehrt haben und daß sie die Absicht hatten, diesen Unterricht weiterzuführen. * (Text in Galter, S. 45; vgl. Fr. MacCullagh, The Bolshevik persecution of Christianity, London 1924). Im August 1922 wurden in einem Prozeß vier weitere orthodoxe Priester zum Tode verurteilt und hingerichtet. (I z v e s t i j a 13. VIII. 1922). Zur selben Zeit wurden viele orthodoxe Bischöfe, meistens in barbarischer Weise, unter der Leitung von Parteiagenten ermordet. Einige der bekannten Namen: Isidor Kolokolov (gepfählt); Ambrozij Gudko (an ein Pferd gebunden und zu Tode geschleift); Tichon von Voronez (gehängt); Metodij von Petropavlosk (ermordet im Jahre 1921);

Nikodim Kononov (gefoltert und getötet); Andronik Nikolskij (4. VI. 1918); Germogen Dovganev (19. VI. 1918); Vasilij Bogojavlenskij (hingerichtet); Platon Kulbus (14. I. 1919); Justin von Omsk (im März 1920 im Gefängnis gestorben); Filaret von Kostroma (in Verbannung erfroren, 1922); Simeon Slejev (am 6. VII. 1921 erschossen).

(M. Polskij, No voj e Muceniki Rossi j skij e. Jordanville New York 1949, SS. 178 ff.) Nach Valentinov werden 28 orthodoxe Bischöfe und mehr als 100 Priester, welche zwischen 1917 und 1923 getötet wurden, als Märtyrer verehrt. (A. A. Valentinov, Cernaja Kniga, Paris 1925, SS. 13 ff.)

Diese wenigen Namen geben kaum eine Vorstellung von dem Ausmaß der Hinrichtungen und der Morde, die in der Sowjetunion an Geistlichen aller Religionen verübt worden sind. Jedenfalls ist noch auf folgende Tatsache hinzuweisen: 1929 gab es, nach offiziellen Angaben, 248 000 Personen, die kein Stimmrecht besaßen, weil sie Geistliche waren oder gewesen waren; 1931, also zwei Jahre später, nannte man nur noch 161 000 und erklärte den Zahlenrückgang durch die „natürliche Verminderung der Zahl" (nach VI. Gsovski, S. XIX). Aber eine Verminderung um 87 000, also um 35 0/0 ist innerhalb von zwei Jahren nicht auf „natürlichem“ Wege zu erklären. Augenscheinlich ist ein Teil dieser Menschen getötet worden.

In China sind bis einschließlich 1947 mindestens 100 katholische Priester hingerichtet worden (China Missionary Bulletin I, 1948); besonders bekannt wurde der Prozeß der 26 Zisterziensermönche der Abtei Yangkiaping bei Peking, die am 17. und 23. VII. 1947 zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden (12 von ihnen wurden lebendig begraben, s. Galter S. 149). Noch 1955 wurde eine Reihe von Todesurteilen gefällt und vollstreckt. Am 16. VI. 1955 ließ das Volksgericht von Kalgan (Hopei) „konterrevolutionäre Elemente" hinrichten, die folgenden religiösen reaktionären Organisationen angehörten: I Kuan Tao, Yuan Li Tien Tao, Chung Yaang Tao, Ta Fu Chiao, Ming Yen Chiao (Agentur Hsin Hua, Peking, 16. VI. 1955). Es handelt sich dabei um taoistische Konfessionen. Andere Taoisten wurden in Ko Chiu (Yunnan) hingerichtet (Kaung Ming Jih Pao, Peking, 13. VII. 1955), und acht am 10. VII. 1955 in Taiguan (ebd. 28.. VIII. 1955; nach L. Triviere, Une nouvelle Campagne de repression ä l'echelle nationale dans la Republique Populaire de Chine, C. I. C. R. C. 4, 1955, S. 55 f.) Dieselbe Quelle enthält zahlreiche Angaben über Hinrichtungen von katholischen, protestantischen und buddhistischen Gläubigen. Dabei ist zu bemerken, daß die Konfessionen an sich, vor allem die taoistischen, als konterrevolutionär bezeichnet werden.

Einige Zahlen aus anderen Ländern: In Albanien Wurden am 22. II. 1945 drei Priester und zwei Kleriker zum Tode verurteilt und hingerichtet (Bashkimi 4. I. 1946). In Bulgarien wurden Bischof E. Bassilkov und drei Priester zum Tode verurteilt (Rabotnicesko j e Delo 4. X. 1952).

Die Zahl der katholischen Priester, die in Rumänien in Gefängnissen starben bzw. nicht wieder auftauchten, wird auf 250 geschätzt;

55 von ihnen wurden getötet (Galter, S. 310). In Jugoslawien wurden — laut Feststellung des Hirtenbriefes der Bischöfe vom 25. IX.

1945 — 243 Geistliche getötet (s. unten § 21a).

e. Unterdrückung der Klöster Die Kommunisten haben stets einen besonders intensiven Vernichtungskampf gegen die Klöster geführt; in den meisten kommunistischen Ländern wurden diese zu einer bestimmten Zeit ganz aufgehoben, die Ordensleute, auch die Ordensschwestern, wurden in der Regel deportiert und in Zwangslagern festgehalten.

In der Sowjetunion wurden 1921— 1923 allein 722 orthodoxe Klöster aufgehoben (nach dem Bericht des Volkskommissars für Gerechtigkeit am 9. All-Russischen Kongreß 1921, zit. in Gsovski S. XIX).

Alle buddhistischen Klöster wurden bis 1936 aufgehoben, die größere Zahl der Lamas in Zwangsarbeitslager gebracht (s. unten § 16). In den nach 1945 annektierten Gebieten (baltische Länder, Ostpolen usw.), wo sich vor 1939 mehr als 300 katholische Klöster befanden, wurden diese alle aufgehoben.

In den meisten Satellitenländern ereignete sich Ähnliches. In Albanien wurden alle Klöster aufgehoben; von den 200 Ordens-schwestern wurden 85 des Landes verwiesen, 43 verhaftet, andere aus den Häusern vertrieben (Galter S. 125).

In Bulgarien wurden alle (18) katholischen Ordenshäuser geschlossen (ebd. S. 138).

In U n g a r n , genauer Südungarn, wurden in der Nacht vom 9. zum 10. VI. 1950 320 Ordensmänner und etwa 600— 700 Schwestern ausgewiesen; es wurden ihnen Zwangsaufenthaltsorte vorgeschrieben (Text der Verordnung in Galter S. 215). Durch das Dekret vom 7. IX.

1950 wurden alle Klöster, bis auf acht, aufgehoben, wovon, nach der Schätzung der Bischöfe, etwa 10 000 Ordensmänner und Schwestern betroffen wurden (Text in der Magyar Közlöny 7. IX. 1950).

Ungefähr 3000 Ordensleute wurden zu verschiedenen Zeiten verhaftet.

In Rumänien verbat das Dekret vom 29. VII. 1949 den katholischen Orden und Kongregationen jegliche Tätigkeit und verordnete, daß die Ordensmänner in zwei Bischofshäusern, die Schwestern in drei Konzentrationsklöstern zusammenzuleben hätten (Text in M o -

nitoriul official 29. VII. 1949).

In der Tschechoslowakei besetzte die Polizei in der Nacht vom 13. zum 14. IV. 1950 alle Männerklöster und in der Nacht vom 21. zum 22. IV. alle Schwesternhäuser. Alle ihre Insassen wurden in besondere Lager gebracht (Zeugenbericht: A. Michel, Problemes religieux dans un pays sous regime communiste, Roma (1954), S. 14;

offizielle Bestätigung: R u d e P r a v o 20. u. 25. IV. 1950).

In Polen wurden den weiblichen Kongregationen etwa 40 Vo ihrer Häuser weggenommen (nach einer Rundfrage bei den Ordensobern, die sich auf etwa 25 °/o der Klöster bezieht; statistische Ausarbeitung in ADOK). Die Bischöfe beklagten sich in ihrem Brief vom 8. V. 1953, daß „das Schicksal des Ordensklerus noch unsicherer und tragischer sei (als das des Weltklerus). Seine Tätigkeit werde gehindert oder gelähmt . . . Durch eine Anzahl von Schikanen und durch stetigen polizeilichen Druck würde er nicht nur des Existenzminimums beraubt, sondern auch dessen, was den Sinn seines Berufes ausmache. Jüngstens, im Jahre 1952, habe der Staat die kleinen Seminare liquidiert, welche den Nachwuchs sicherten, wobei Gebäude und Mobiliar einfach konfisziert worden seien." (Text nach: C. Naurois: Dieu contre Dieu, Fribourg 1956, S. 210.)

§ 12. SPALTUNGSGRUPPEN a. Überblick In fast allen kommunistischen Ländern wurden innerhalb der Kirchen sogenannte Spaltungsgruppen gebildet, die seitens der Regierung und Partei nachdrücklich unterstützt und im allgemeinen als die einzig legitime Vertretung der betreffenden Kirche anerkannt wurde.

Ihrer Zusammensetzung nach bestehen diese Gruppen in der Regel aus Geistlichen niedrigen Grades und aus Laien. Zwei Klassen sind zu unterscheiden: 1. Geistliche bzw. Laien, die mit ihren legitimen kirchlichen Behörden in Konflikt geraten waren (Geistliche z. B. wegen Unzucht), 2. eine Anzahl von Menschen, die durch ver-schiedene Maßnahmen (wirtschaftlichen Druck, Bedrohungen, Verhaftungen, in manchen Fällen Folter) dazu gebracht wurden, mit der Spaltungsgruppe zu arbeiten. Die wirklich aktiven Elemente dieser Gruppen waren in jedem Fall zahlenmäßig unbedeutend; im Laufe der Entwicklung wurden ihnen aber viele Geistliche, wie sich in mehreren Fällen belegen läßt, unter Druck angegliedert.

In bezug auf das Verhalten der Spaltungsgruppen stellt man immer wieder fest, daß sie 1. die legitimen Behörden der betreffenden Kirche stets scharf angreifen und die gegen sie gerichteten Maßnahmen der Kommunisten billigen; 2.der kommunistischen Regierung und der Partei selbst Lob zollen; 3. die Pflicht predigen, die Kommunisten in ihren wirtschaftlichen und politischen Aktionen zu unterstützen; insbesondere setzen sie sich mit Nachdruck für alle konkreten Ziele der Partei ein (Kollektivierung der Bauern, Friedenspropaganda, Verurteilung der „imperialistischen Aggressoren" usw.); 4. die religiöse Lehre der Kirche soweit als möglich mit dem „MarxismusLeninismus" in Einklang zu bringen suchen; 5. in den meisten Fällen die Verwaltung der Kirche übernehmen.

Die Unterstützung, welche die Spaltungsgruppen durch die Partei erfahren, besteht im wesentlichen darin, daß man die legitimen Vertreter der Kirche mit allen genannten Maßnahmen in der Verwaltung der Kirche hindert, und daß den Mitgliedern dieser Gruppen grundsätzlich alle notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Die Kommunisten erstreben mit dieser Aktion zweierlei: 1. direkt die vollständige Unterordnung der betreffenden Kirche und ihre Dienstbarmachung für die konkreten Ziele der Partei und die Propaganda für den Kommunismus selbst in den Gotteshäusern, 2. indirekt gleichzeitig die Abwendung der Gläubigen von den Kirchen — dies wird tatsächlich in vielen Fällen erreicht.

Der Erfolg trat darum ein, weil Massen der Gläubigen den Spaltungsgruppen mit entschiedener Feindschaft begegneten. Da man sie nicht anerkennen wollte, besuchte man folgerichtig auch die Gotteshäuser, in denen ein Geistlicher der Spaltungsgruppe den Gottesdienst leitete, nicht mehr. Dadurch aber wurden die Gläubigen von der religiösen Praxis entfernt.

Die Einführung der Spaltungsgruppen bietet den Kommunisten noch einen bedeutenden Vorteil: Kirchen, Gottesdienste usw. bleiben unberührt, die Religion wird nicht direkt angegriffen, der einfache Gläubige fühlt sich darum nicht unmittelbar unter Druck. Dieser wird hingegen auf die Führer der Kirche — Bischöfe usw. — intensiv ausgeübt. Sie müssen die ganze Last der Verfolgung tragen, ohne daß das Volk dessen ganz bewußt wird. Sie sind also relativ isoliert und darum leichter zu brechen, als wenn sie von der Empörung der Massen unterstützt würden.

b. Die „Lebendige Kirche" in Rußland Die erste bekannte kommunistische Spaltungsgruppe entstand, unter der Leitung A. I. Vvedenskij’s, Anfang 1922 in Rußland.

Im März dieses Jahres wurde ein Angriff der Gruppe veröffentlicht, der sich gegen den Patriarchen B. Tichon richtete (I z v e s t i j a 26. II.

1922). Der Patriarch wurde verhaftet (P w 10. V. 1922); dann r a d a Vvedenskij und seine Kollegen besuchten ihn im Gefängnis; sie erreichten seine Abdankung (12. V., Prawda 17. V.). Nach einem weiteren Angriff dieser Gruppe gegen den Patriarchen (in der kommunistischen Presse) ernannte der noch immer Verhaftete Vvedenskij und einige andere mit diesem arbeitende Priester zu Verwaltern der russischen Kirche per interim (Vestnik Svascennogo Synoda, Moskva 1925, S. 18). Der Patriarch wurde darauf in ein Kloster verbannt und dort in Haft gehalten (Prawda 20. /21. V.). Im Mai 1922 folgt die Gründung einer Zeitschrift „Zivaja Cerkov" („Lebendige Kirche"); am 4. VII. 1922 die formelle Konstituierung dieser „Kirche" (Zivaja Cerkov 1/15. 1922, SS. 18 f.). Eine Reihe von Versammlungen von Priestern wurde unter polizeilichem Druck durchgeführt. Unterdessen erschien Vvedenskij an einem Prozeß gegen orthodoxe Geistliche in Petrograd und bezeugte, die Angeklagten seien Konterrevolutionäre. Eine Frau griff ihn an und verwundete ihn.

Im August 1922 fand ein Kongreß der „Lebendigen Kirche" statt, mit 354 Delegierten, darunter nur drei Bischöfen. Zu gleicher Zeit wurden 36 Bischöfe abgesetzt, 24 weitere „verzichteten" auf ihre Stellen (Prawda 17. 8. 1922). An dem Kongreß hielten Vvedenskij und andere Reden über den Kapitalismus als „höchste Gestalt des Atheismus", über die Pflicht der Kirche, ihn wie die „Kulaken" zu bekämpfen usw. Die kommunistische Presse gab diesen Reden große Publizität (I z v e s t i j a 15. 8., Prawda 28. 8. 1922, usw.).

Gleichzeitig ging eine große Terrorwelle über die russisch-orthodoxe Kirche (s. oben § 11) hinweg. In zahlreichen Ortschaften wurden die Kirchen von den Behörden, gegen den Willen der Gemeinde, kleinen Gruppen von Anhängern der „Lebendigen Kirche“ übergeben (P. V.

Gudilianov, hrsg. Otdelenije Cerkvi ot gosudarstva v S S S R , Moskva 1926, SS. 10 ff.).

'Als Vvedenskij die Lage nach Anwendung dieser Maßnahmen dafür reif genug erschien, wurde am 29. IV. 1923 ein Konzil eröffnet, welches die „Reformatoren" vollständig beherrschten (I z v e s t i j a 6. V. 1923).

Nachdem Vvedenskij den Patriarchen Tichon in einer langen Rede des Kapitalismus, der Konterrevolution bezichtigte, wurde dieser seines Amtes enthoben und degradiert (Pomestnyj Sobor Rossijskoj Pravoslavnoj Cerkvi 1923 g o d. S. 9 ff.).

Dann aber ereignete sich zweierlei: einerseits teilte sich die „Lebendige Kirche" in mehrere einander bekämpfende Sekten auf; andererseits erbat der verhaftete Patriarch die Verzeihung seiner „Irrungen", und das Höchste Gericht ließ ihn am 25. VI. 1923 befreien (I z v e s t i j a 27. VI. 1922). Er konnte sich jetzt gegen die „Lebendige Kirche“ richten, denn diese wurde als nicht mehr nützlich von den Kommunisten im Stich gelassen. Der Patriarch starb am 7. IV. 1924; er verlangte in seinem Testament von den Gläubigen, die Sowjetregierung zu unterstützen und für sie zu beten (I z v e s t i j a 15. IV. 1925). Das Ziel war erreicht: die Schwächung und Unterordnung der Kirche.

c. Die „Patriotische Bewegung" in den protestantischen und katholischen Kirchen Chinas Die von den chinesischen Kommunisten aufgestellten Spaltungsgruppen wurden als „Patriotische Bewegung" bezeichnet — ebenso wie die analogen polnischen Gruppen. Sie forderten die „dreifache Autonomie". Die Bewegung wurde erst 1950 nach einem Versuch, die Kirchen zu vernichten, in Gang gebracht. Die Spaltungsgruppen wurden durch grausamen Terror unterstützt; sie erstrebten zunächst die vollständige Lösung der Kirchen von jeglicher Beziehung zu ausländischen Zentren und die Liquidierung der Missionäre, die den wesentlichen Teil der Geistlichkeit Chinas darstellten. Die folgende Übersicht gibt eine Vorstellung ihrer Entwicklung:

Mai 1950: Die Mitglieder des protestantischen Nationalrates verhandeln mit Minister Tschu En-lai und eignen sich die „dreifache Autonomie" (hinsichtlich Leitung, Unterhalt und Ausbreitung) an.

Ende Juli 1950: Innerhalb der protestantischen Gemeinden wird die „Trennung von den ausländischen Imperialisten" vollzogen, und es kommt zu einer „Rückkehr zur Reinheit der Religion, die von ihren falschen Hirten gesäubert ist".

30. XL 1950: Manifest der Diözese Nanchung zugunsten einer Reform im selben Sinne.

23. I. 1950: Manifest der Diözese Nanchung, welches den Bruch der äußeren Beziehungen zum Papst ankündigt.

9. II. 1951: „Gemeinsame Erklärung der Katholiken und Protestanten von Nord-Szechwan“: es soll eine gemeinsame Nationalkirche gegründet werden, „frei von jedem imperialistischen Element". Von diesem Zeitpunkt an wird die Aktion allerorts stark gefördert. (Zusammengestellt nach: Fr. Dufay: Gesetz und Taktik des kommunistischen Kirchenkampfes, Frankfurt am Main 1956, SS. 102 ff.)

Die Begleitumstände dieser Aktion lassen sich nach dem oben (§§ 9 ff.) Beschriebenen vorstellen. Ihr Ergebnis besteht darin, daß zumindest der katholischen Kirche eine Anzahl von Sätzen, welche im Widerspruch zu ihrem Glauben stehen, aufgezwungen wurde, und daß beide Konfessionen zu Werkzeugen der Partei wurden. Das zeigte sich z. B. als C. Huysmans, der Präsident der belgischen Abgeordneten-kammer, China 1956 besuchte: buddhistische, mohammedanische und christliche Geistliche versicherten ihm, daß es in China keine Verfolgung gibt oder gegeben habe (Saturne, Paris 2, 1956, Nr. 10, S. 128 ff.).

d. Katholische Spaltungsgruppen in den Satellitenländern Die in den Jahren 1922/24 in Rußland erprobten Methoden wurden nach 1945 in den meisten Satellitenländern zur Anwendung gebracht.

In der Tschechoslowakei wurde am 10. VI. 1949 durch einige Priester und Laien eine sogenannte „Katholische Aktion" gegründet (Lidove Demokracje, 11. VI. 1949); der Vorstand wurde am 17. VI. 1949 gewählt (M. Pujna, Präsident, V. Torok, ein Kommunist, Vizepräsident s. Documentation Catholique, 31. VII. 1949 Koll. 1001). Der Episkopat protestierte (ebd. Koll. 1004);

darauf wurden die Bischofskanzleien durch kommunistische Agenten besetzt; am 19. VI. 1949 wurde Erzbischof Beran verhaftet.

In Ungarn wurde im April 1951 eine „Bewegung der Priester zugunsten des Friedens" begründet. Einer Delegation dieser Bewegung wurde am 26. IV. 1951 vom Kultusminister J. Darvas eine GehaltsErhöhung für die Priester gewährt (AKereszt 1951, Nr. 11). Im Juli 1951 wurden alle Bischöfe dazu gezwungen, Generalvikare aus den Mitgliedern der Bewegung zu ernennen. Die einzige katholische Zeitschrift von Bedeutung, „A Kereszt“, war in ihrer Hand; sie wurde am 28. VI. 1955 durch den Heiligen Stuhl verurteilt. (Acta Apostolic a e S e d i s , 47, 1955, SS. 455 f.)

In Polen gab es zwei Spaltungsgruppen. Die erste, offiziell „Priesterausschuß beim Verband der Kämpfer für Freiheit und Demokratie" (ZBOWID) genannt, wurde am 11. IX. 1949 gegründet und setzte sich in der Regel aus kirchlich vorbestraften Priestern zusammen.

In einer von ihr geführten Monatszeitschrift wurde eine Hetzpropa-ganda gegen die Bischöfe geführt. — Der zweiten, weit bedeutenderen Gruppe, unter der Leitung eines ehemaligen extremen Nationalisten, Bogeslaw Piasecki, gehörten meistens Laien an. Sie ist ohne feste Organisation und tritt meistens in Verbindung mit den „Komitees der katholischen militanten Geistlichen und Laien bei dem Allpolnischen Komitee für den Frieden" auf Seit dem 9. III. 1953 besaß sie das Monopol für die katholische Presse. Sie hat als einzige Gruppe eine eigene „Theologie" entwickelt: diese lehrt (B. Piasecki: Zagadnienia I s t o t n e , Warszawa 1955), daß die Christenheit nicht nur den Sohn Gottes, sondern vor allem Gott den Vater verehren soll; daß diese Verehrung „ontologisch" darin besteht, daß der Christ die Welt umformt; daß eine solche Umformung nur von den Kommunisten ernst gewollt ist; daß also die Kommunisten bessere Christen sind, als jene Christen, die passiv bleiben oder sogar den „Imperialismus" unterstützen. Ein Drittel der polnischen Diözesen wurden von dieser Gruppe kontrolliert (nach Verhaftung der Bischöfe).

Das Buch Piasecki's und die führende Zeitschrift der Gruppe wurde zusammen mit A Kereszt (s. oben) am 28. VI. durch den Hl. Stuhl verurteilt. (Dokumentation in CI. Naurois, D i e u contre Dieu, Fribourg 1957.)

Nadi 1945 wurden Spaltungsgruppen etwas anderer Art auch in Ostgalizien und Rumänien gebildet; sie setzten sich für die „Wiedervereinigung“ der unierten und orthodoxen Kirche ein und führten diese gegen den Willen der legitimen Kirchenbehörden, mit Hilfe der Kommunisten, durch (s. unten § 17).

§ 13. KONTROLLIERUNG DER KIRCHEN Die kommunistischen Staaten sehen zwar verfassungsgemäß die Trennung der Kirche vom Staat vor, haben aber doch regelmäßig versucht, die Kirchen vollständig zu unterjochen: die kirchliche Verwaltung wurde einer gesetzlich geregelten staatlichen Aufsicht unterworfen, Vertreter der für die Kommunisten arbeitenden Spaltungsgruppen der sogar kommunistische Beamte übernahmen anstelle der (meist verhafteten) Bischöfe die Verwaltung der Kirche. Es ist zu beachten, daß das religiöse Leben (Ordnung der Gottesdienste, Ausbildung des Klerus, Ernennung von Pfarrern usw.) dadurch unter der Kontrolle von Kommunisten bez. kommunistischen Agenten, also ausgesprochener Feinde der Religion, stand.

a. Trennung von Kirche und Staat Die Verfassung der Sowjetunion von 1955 enthält unter Art. 124 folgende Satzung:

„Zum Zwecke der Gewährleistung der Gewissensfreiheit der Bürger sind in der UdSSR die Kirche vom Staat und die Schule von der Kirche getrennt.“

Gleichlautend sind die Verfassungs-Vorschriften der RSFSR (11. V.

1925, Art. 4), der Weißrussischen SSR (11. IV, 1927, Art. 12), der Ukrainischen SSR (15. V. 1929, Art. 8), der Aserbejdschanischen SSR (14. II.

1932, Art. 6), der Turkmenischen SSR (30. III. 1927, Art. 6), der Armenischen SSR (3. IV. 1927, Art. 5) und der Turkmenischen SSR (30. III.

1927, Art. 6). Ganz ähnlich lauten die Satzungen der europäischen Satellitenländer. Die Verfassung der ungarischen Volksrepublik enthält z. B.den Satz:

„Zum Zwecke der Gewährleistung der Gewissensfreiheit trennt die Ungarische Volksrepublik die Kirche vom Staat (1949, Art. 54); und die Verfassung Polens besagt: „Die Kirche ist vom Staat getrennt"

(22. VII. 1952, Art. 70 § 2).

Die Trennung ist aber offenbar für die Kommunisten nicht identisch mit Neutralität oder Toleranz; sie wurde von Anfang an vielmehr als eine Waffe im Kampf gegen die Kirchen und die Religion verstanden.

Das gibt der folgende offiziell verbreitete Text deutlich zu erkennen:

„Es ist notwendig, zu betonen, daß das Dekret über die Trennung der Kirche vom Staat und der Schule von der Kirche von Anfang an gegen die Religion gerichtet war. Die sowjetische Regierung hat nie eine zweideutige Politik der gleichstarken Mitarbeit mit der Religion und mit dem Atheismus geführt. . . . Die Analyse des Dekrets läßt sich kurz so zusammenfassen: Während die Trennung von Kirche und Staat beim Kapitalismus zu freier und höchst intensiver Entwicklung der Religion führt, so erreicht sie beim Kommunismus den freien und endgültigen Tod der Religion“ (Antireligioznyje d v i z e n i j e v. S S S R . . ., Moskva 1933, S. 12 ff.).

b. Juristische Anerkennung der Kirchen und Verträge mit den Oberen der Kirche Die Trennung der Kirche vom Staat schließt ihre Anerkennung durch die kommunistische Regierung nicht aus. Die Kommunisten pflegen die Kirchen im Gegenteil direkt oder indirekt als juristische Person zu fassen; sie verfolgen dabei nämlich zwei Absichten: einerseits wird ihnen dadurch die gesetzliche Unterordnung der Kirchen möglich, andererseits können sie auf diese Weise Verträge mit den Oberen der Kirchen schließen. Diese Abkommen nehmen in der ersten Phase der kommunistischen Kirchenpolitik eine bedeutende Rolle ein, sie wurden aber von den Kommunisten stets zur Schwächung der Kirche ausgenutzt; die für die Kirchen günstigen Klauseln wurden stets gebrochen.

In einzelnen Fallen wurden entweder alle religiösen Gemeinschaften (Lettland, Verordnung vom Juni 1941) oder eine bestimmte Kirche (s. unten §§ 17 und 20) gesetzlich aufgehoben. Dagegen zollen gewisse Kirchen verschiedenen kommunistischen Gesetzgebungen formale Anerkennung — so die Orthodoxe Kirche des alten Ritus (Gesetz vom 13. IX. 1946), die rumänisch-orthodoxe Kirche (Verfassung 11. IV. 1948, Art. 27) und die protestantischen Kirchen in Rumänien (Verordnung vom 4. VIII. 1948).

In der Regel werden die Kirchen indirekt dadurch anerkannt, daß die kommunistische Regierung für sie Gesetze bzw. Verordnungen herausgibt, so z. B. für die katholische Kirche in der Tschechoslowakei (Dekret vom 18. X. 1949) und in Polen (Verfassung 22. VII. 1952, Art. 70 § 2). Außerdem trafen verschiedene kommunistische Regierungen Vereinbarungen mit den einzelnen Kirchen.

In Ungarn wurden solche Vereinbarungen mit der Evangelischen (Magyar Közlony IG. XII. 1948), Reformierten (ebd. 9. X. 1948)

und katholischen (Magyar Nemzet, 31. VIII. 1950) Kirche unterschrieben. In Polen kam eine Abmachung zwischen der Regierung und der katholischen Kirche am 14. IV. 1950 zustande (Text in Ch. Naurois, op. cit. S. 174 ff.).

c. Gesetzlich begründete Staatskontrolle über die Kirchen In allen kommunistischen Ländern verfügt die Regierung über Gesetze bez. Verordnungen, die ihr einen weitgehenden Eingriff in die kirchlichen Angelegenheiten erlauben. Es bestehen jeweils besondere Ämter bez. Räte für diese Angelegenheiten. Meistens wird die Registrierung aller religiösen Gemeinschaften verlangt; die Ernennung für kirchliche Ämter wird durch besondere Vorschriften von der Bewilligung des kommunistischen Staates abhängig gemacht. Meistens werden auch alle Geistlichen gesetzlich zur Ablegung eines Eides verpflichtet. Manchmal reicht die Staatskontrolle soweit, daß die Kirchen nur noch einfachen Regierungsstellen entsprechen.

Für die Registrierungspflicht wirkte das Gesetz der RSFSR vom 8. IV. 1929 als Vorbild. Es führte ein (Art. 4) „für religiöse Organisationen jeglicher Kult-Art" die Verpflichtung der Registrierung bei den örtlichen Behörden; den nicht registrierten verbot es jede Tätigkeit. Analoge Gesetze wurden in anderen sowjetischen Republiken erlassen.

Ämter für kirchliche Angelegenheiten wurden errichtet: in der UdSSR („Rat für die Angelegenheiten der Orthodoxen Russischen Kirche", 1943; für andere Bekenntnisse 1944); in der Tschechoslowakei (Gesetz Nr. 217, 14. X. 1949 und Dekrete Nr. 942, 20. X. 1949, Nr. 228, 25. X. 1949) und Rumänien (Erlaß Nr. 178, 4. VIII. 1948). Ein ähnliches Amt besteht in Polen.

In vielen kommunistischen Ländern ist die Ernennung für kirchliche Ämter ohne Bewilligung der staatlichen Behörden rechtlich verboten:

so in der Tschechoslowakei (Gesetz Nr. 218, 14. X. 1949 und Dekrete Nr. 219— 223, 18. X. 1949), Ungarn (Verordnung vom 4. VII. 1951), Polen (Dekret vom 9. II. 1953) und in Rumänien (Gesetz Nr. 167, 30. V.

1947 für die orthodoxe Kirche).

In denselben Ländern verlangt die kommunistische Gesetzgebung von allen Geistlichen die Auslegung eines Treueides (Tschechoslowakei: Erlaß Nr. 219, 18. X. 1949; Ungarn: Vereinbarung vom 30. VIII.

1950; Polen: Dekret vom 9. II. 1953, Art. 6).

Wie weit dieser rechtlich begründete Eingriff in die Angelegenheiten der Kirche geht, läßt folgende Aussage erkennen:

„Das Gesetz über die Einführung des Regierungsamtes für kirchliche Angelegenheiten nimmt der Kirche ihr Recht zur Regelung der Frage, welche den Glauben, die Moral, den Ritus, die Disziplin, die kirchliche Erziehung und die Mitgliederschaft der Kirche betreffen. Dem Amt hingegen verleiht es das Recht unbeschränkten Eingreifens in kirchliche und religiöse Angelegenheiten.“ (An die Regierung gerichtetes Schreiben der katholischen Bischöfe der Tschechoslowakei vom 21. X. 1949.)

Die meisten kommunistischen Regierungen benutzten diese rechtlichen Befugnisse, um eine große Anzahl kirchlicher Institutionen einfach aufzuheben. Einige nähere Einzelheiten sind unten (§§ 11 d, 17, 18) erwähnt.

d. Übernahme der Verwaltung durch Agenten In vielen Fällen wurde die Verwaltung der religiösen Organisationen (Diözesen usw.) den Vertretern von Spaltungsgruppen bez. anderen kommunistischen Agenten übergeben.

Für Rußland (Orthodoxe Kirche) s. oben § 12 c. Für Ungarn (reformierte Kirche) s. unten § 19. Im folgenden einige Beispiele aus der Tschechoslowakei (Katholische Kirche): Jan Dechert, der am 18. II. 1950 exkommuniziert worden war, übernahm am 19. III. 1950 die Verwaltung der Diözese Banska Bistrica (F. Cavalli, Governo communista e Chiesa Cattolica in Cechoslovachia, Roma 1950, SS. 168 ff.); Zoltan Belak wurde nach der Verhaftung des Bischofs Pobozny im Herbst 1950 zum Verwalter der Diözese Roznava ernannt.

Mehrere solcher Fälle sind bekannt. — In Polen wurden am 26. I. 1951 alle Apostolischen Administratoren der westlichen Gebiete verhaftet, worauf (illegitime) „Domkapitel" neue „Generalvikare“ wählten (TYgodnik Powszechny 25. II. 1951). Einige dieser Neuernannten, wie K. Lagosz und J. Piskorz, haben sich durch ihren Eifer im Dienst des Kommunismus ausgezeichnet (Dokumentation in ADOK).

D. Das Schicksal einiger Konfessionen

§ 14. DIE RUSSISCH-ORTHODOXE KIRCHE Diese Kirche zählte im Jahre 1914 67 Diözesen, 54 174 Kirchen und Kapellen, 50 174 Weltgeistliche, 550 Männerklöster mit 21 330 Mönchen und Novizen, 473 Frauenklöster mit 73 299 Nonnen (V s e p o d -dannejsij Otcet O b e r -P r o k u r a t o r a Svjatejsego S i n o d a za 1924 g o d , SS. 4ff. u. 67 [Tafeln] zit. in Curtiss S 10).

Die von den Kommunisten gegen diese Kirche angewandte Politik bestand zunächst in der energischen Unterstützung der Spaltungsgruppen (s. oben § 12 a); gleichzeitig wurden die oben genannten Methoden der Kirchenpolitik sehr intensiv angewandt (s. oben § 9, 10, 11 bes. c).

Seit dem Tode Tichons im Jahre 1925 gab es bis 1943 keinen Patriarchen. Die Unterdrückung verstärkte sich besonders in den Jahren 1922/23 und 1929/30. Von 1919 bis 1936 waren „jetzige und ehemalige Diener der Religion" (Priester, Diakone, Pastoren, Rabbis usw.)

nicht nur ihrer politischen Rechte beraubt, sondern auch hinsichtlich Arbeitsmöglichkeit, Rationierung, Kindererziehung und Steuerpflichten stark benachteiligt. (Belege aus originalen Quellen in Gsovski S. XXVIII Fußn. 32.) Eine beträchtliche Anzahl von Kirchen wurde überhaupt geschlossen. Moskau hatte 1914 400 Kirchen (andere Schätzung: 675), 1942 nur noch 17 (Aufzählung in: Truth on Religion in R u s s i a , a. a. O. 1942 — durch die Moskauer Patriarchie hrsg.

SS. 163— 190). 1927 wurden allein 134, 1928 fast 600, 1929 1450 Kirchen geschlossen (Quellen in Gsovski S. XIX). Gleichzeitig wurden religiöse Bilder und Bücher massenhaft vernichtet; man weiß z. B., daß in der kleinen Ortschaft Lichansk zwölf Waggons Kirchenschmuck und Bücher zerstört wurden (Bezboznik 10. III. 1930).

Diese Vernichtungspolitik wurde während des Krieges 1941 — 1945 eingestellt.

Am 8. IX. 1943 konnte ein neues Konzil den Metropoliten Sergiej zum Patriarchen wählen; zwar nahmen nur 19 Bischöfe an diesem Konzil teil (Zumal Moskovskoj Patri archii Nr. 1, 1943). Es gab selbst wieder einige Schulen für Geistliche. Viele Kirchen konnten wieder geöffnet werden. Im Jahre 1948 soll es nach offiziellen Berichten 22 000 offene Kirchen und 89 Klöster gegeben haben (U S S R Information Bulletin 28. VI. 1949, SS. 54 ff.). Im Jahre 1949 unterschrieben 73 Bischöfe ein Gratulationsschreiben an Stalin (Zurnal Moskovskoj Patriarchii Nr. 1 2, 1949, SS. 9 ff.).

Allen Berichten nach erfreut sich jetzt die russische orthodoxe Kirche der Unterstützung der kommunistischen Regierung.

Die Kommunisten besitzen aber in ihr eine höchst loyale Organisation. Als Stalin seinen 70. Geburtstag feierte, hielt z. B.der Patriarch Alekseij eine Lobrede auf ihn; in dieser hieß es:

„Er ist der Führer, von allen Völkern der Erde anerkannt, nicht nur von den sowjetischen, sondern auch von allen werktätigen Völkern;

er ist der Erste unter jenen, welche den Frieden unter den Völkern vorschlagen und verteidigen, den Frieden in der ganzen Welt... Der Herr möge ihm ein langes Leben in Gesundheit und Wohlergehen schenken, an dem Steuerrad unseres Landes .. ." (Zumal Moskovskoj Patriarchii 1949 Nr. 12, SS. 7 ff.).

Wichtiger noch ist die Rolle, welche diese Kirche in der Unterjochung der unierten katholischen Kirchen gespielt hat (§ 17). Selbst vollständig der kommunistischen Partei unterordnet, hat sie als Werkzeug in der blutigen Unterdrückung anderer Christen gedient.

§ 15. DER ISLAM IN DER SOWJETUNION Nach den Volkszählungen von 1926 und 1939 lebten in der Sowjetunion 18 bzw. 21 Millionen Menschen, die ihrer Nationalität nach vermutlich Mohammedaner waren. Sie können heute auf etwa 25 Millionen geschätzt werden, d. h. auf etwa 12% der Bevölkerungen der SU. Sie besaßen 1914 26 000 Moscheen.

Zwischen 1928 und 1938 erlitt diese Religion eine grausame, im Einzelnen aber wenig bekannte Verfolgung, mit den üblichen Verhaftungen, Deportationen, Hinrichtungen usw. Wie intensiv sie durchgeführt wurde, läßt sich schon daraus ersehen, daß 1942 nur noch 1 312 Moscheen geöffnet waren (s. VII § 13 b), d. h. kaum mehr als 5 %. Ein Besucher, der 1956 alle Muftis (Verwalter der muselmanischen religiösen Bezirken) danach befragt hatte, kam für dieses Jahr auf die Zahl von 1800 Moscheen. Er konnte außerdem eine gewisse Liberalisierung der Kirchenpolitik feststellen.

Z. B. wurde der jahrelang verbotene Druck des Korans wieder genehmigt, einige Moscheen konnte man mit staatlicher Unterstützung wieder aufbauen. Der genannte Besucher konnte sogar eine geistliche Schule — aber damals gab es nur eine — (in Buchara) mit 150 Schülern besuchen.

Derselbe hat weiter festgestellt, daß praktisch die ganze Bevölkerung beschnitten ist und daß religiöse Ehezeremonien abgehalten werden. Er behauptet weiter, auf Grund von Gesprächen mit Geistlichen, daß die Jugend weitgehend von der Religion entfremdet wurde (E. Sablier, Le Monde Nr 3561, 5. VII. 1956; weitere Angaben oben VII § 13 b).

ZurZeit bestehen in derSowjetunion vier religiöse mohammedanische Bezirke, die Jeweils von einem Mufti geleitet werden: Für Zentral-asien (Taschkent), Europa und Sibirien (Ufa), Nordkaukasien (Buinaksk) und für Transkaukasien (Baku). (Weitere Einzelheiten und Belege in L’Islam en U. R. S. S. apres 1945, Documentation Franaise 8. XII. 1953, 1954, Nr. 16, SS 651— 671).

Diese Organisation scheint von den Kommunisten, deren Anerkennung sie besitzt, für politische Zwecke ausgenützt zu werden; jedenfalls haben alle vier Muftis an der Kirchenkonferenz vom 9. — 12. V. 1952 dithyrambische Reden zu Ehren der Sowjetunion und des „großen Bannerträgers" Stalin gehalten (Konferencija vsechcerkvej i religioznych obedinenii v SSSR posvjascennaja voprosu zascity mira. Zagorsk 1952) § 16. DER LAMAISTISCHE BUDDHISMUS IN DER SOWJETUNION In der Sowjetunion bekennen sich nur zwei kleine Völker, die Kalmüken und die Burjäten, zum lamaistischen Buddhismus. Im Gebiet der Kalmüken gab es 1846 34 Klöster (datsan) mit 4500 Lamas. Seit 1845 bestand eine religiöse Hochschule (T s a n i t) und eine buddhistische medizinische Fakultät (M a m b a). Die Klöster bildeten die wichtigsten Zentren der nationalen Kultur, sie enthielten sehr wertvolle Kunstwerke. Nachdem die gesamte Bevölkerung 1939 deportiert worden war, blieb nichts davon: die lamaistische Kirche der Kaimuken war vollständig zerstört.

Auch die burjätische Kirche besaß eine bedeutende Anzahl von Klöstern und religiösen Instituten. Nach einer Periode der Mitarbeit wurde auch diese Kirche vernichtet: Molotov konnte 1936 die „Liquidierung" der ganzen „Schmarotzerklassen der Lamas" feststellen 1921 bestand noch die Mehrzahl der lamaistischen Kalmüken-Klöster, 1940 gab es kein einziges mehr. Das Haupt der Kirche, Lubsan Sarab Tepkin, mußte in Leningrad leben, wurde dort 1927 verhaftet und soll in der Verbannung gestorben sein. Die meisten der Klöster wurden zwischen 1929 und 1932 geschlossen, viele sprengte man einfach in die Luft. Fast alle Kunstschätze wurden vernichtet.

Die burjätische Kirche in der Mongolei wurde zunächst dazu gebraucht, Fühlungnahme mit Tibet zu gewinnen; deshalb konnte sie bis 1930 ziemlich unangetastet, freilich in einem „progressiven" Geiste arbeitend, bestehen. 1930 begannen die Kommunisten dann mit einer regelrechten Vernichtungsaktion; es wurden gegen die Lamas eine Anzahl von Schauprozessen geführt. Die Klöster versuchte man zunächst durch sehr schwere Steuerlasten zur Aufhebung zu zwingen, das Volk brachte jedoch das notwendige Geld immer wieder zusammen — ja, bis 1932 wurden sogar Neubauten erstellt. Dann schritt man zur administrativen Schließung der Klöster. Die meisten Lamas wurden in Zwangs-arbeitslager verschleppt. Um 1936 gab es, wie gesagt, keine buddhistische Kirche der Burjäten mehr. Auch hier kam es zu barbarischer Vernichtung der Kunstwerke. (Nach N. Poppe, The Destruction of Buddhism in the USSR, Bulletin, Institute for the Study of the USSR, 3, 1956 N. 7, 14— 20. Der Verfasser befand sich an Ort und Stelle und hat versucht, die Kunstschätze durch Interventionen bei den Behörden zu retten — aber erfolglos.)

Und doch wurde die lamaistische Kirche wieder ins Leben gerufen. Wie es geschah, ob es sich dabei um eine wirkliche Kirche oder nur um einige aus den Konzentrationslagern ad hoc berufene Lamas handelt, ist nicht bekannt. Jedenfalls nahm ein Führer des Buddhis-mus in der Sowjetunion an der „Friedenskonferenz" der Kirchen in Zagorsk (9. V. 1952) teil und hielt, wie seine Kollegen, eine Rede, in der folgendes zu lesen ist:

„Die zentrale geistliche Verwaltung (des Buddhismus in der Sowjetunion) hat im August 1950, den Willen der buddhistischen Gläubigen zum Ausdruck bringend, das blutige Verbrechen (krovavyje zlode-

janije) der amerikanischen Aggressoren in Korea verurteilt. Ich, als Delegierter, habe im Namen der buddhistischen Geistlichkeit, wie auch aller Menschen guten Willens, einen Aufruf zugunsten des Kampfes für den Frieden in der ganzen Welt verfaßt, und ich habe die Verbrechen der amerikanischen Folterer (izvergi) in Korea entlarvt“ (Konf e r e n c i j a , a. a. O.).

§ 17. DIE UNIERTE KATHOLISCHE KIRCHE IN DEN NACH 1941 BESETZTEN LÄNDERN 1939 gab es in Ostpolen, Ungarn, Rumänien und der Tschechoslowakei mehr als 6 000 000 unierte Katholiken mit 10 Diözesen und mehr als 4700 Kirchen. Diese Diözesen haben sich im Laufe des 17. Jahrhunderts, ihren orientalischen Ritus beibehaltend, der katholischen Kirche angegliedert; ihre Gläubigen sind überzeugte Katholiken. Sie besaßen einen vorzüglichen Klerus und erleuchtete, tatkräftige Bischöfe, deren Treue zur Kirche außer jedem Zweifel steht und durch ihre Haltung angesichts der Verfolgung zum Ausdruck kam.

Der Verfasser konnte selbst das Verhalten der Priester dieser Kirche in Ostgalizien, während einer (relativ milden) Verfolgung durch die Russen, die das Land 1916 besetzten, beobachten: er hat mehrere von ihnen in Ketten gesehen, weil sie ihren Glauben nicht verleugnen wollten.

Diese Kirche wurde zwischen 1945 und 1950 vollständig vernichtet.

Nadi Beseitigung aller Bischöfe und vieler Priester und Gläubiger (durch Verhaftung und Tod) wurden unter Terror und Druck Spaltungsgruppen gebildet, die dann als einzige legitime Vertreter der Kirchen anerkannt wurden. Diese stimmten für die „Wiedervereinigung" mit der orthodoxen Kirche. Daraufhin erklärte man die unierte katholische Kirche für aufgehoben und zwang das Volk mit polizeilichen Maßnahmen, der orthodoxen Kirche beizutreten. Damit war die Vernichtung einer einst blühenden Kirche beschlossen.

In Ostgalizien wurden alle Bischöfe (mit dem Metropolit J.

Slipij) am 11. II. 1945 verhaftet. Am 28. V. 1945 wurde eine Aktionsgruppe unter Dr. G. Kostelnyk (der vorher lange Widerstand geleistet hatte und erst durch Bedrohung seines Sohnes „überzeugt“

wurde) gegründet; sie wurde am 28. VI. 1945 als die einzige legitime Vertretung der Kirche anerkannt. Ein von ihr am 8. /9. III. 1946 abgehaltener Kongreß beschloß die „Wiedervereinigung" (s. Galter, SS. 81 ff.;

Die ersten Opfer des Kommunismus, München 1953).

In Rumänien wurden durch Verordnungen der Regierung vom 3., 16. und 18. IX. 1948 sechs Bischöfe abgesetzt; Ende September 1948 wurde ein Aufruf zur Wiedervereinigung an alle Priester gesandt (Text in: A. Brunello, L’E glise du silence, Rome 1953, SS. 95 ff.), Es folgte eine Welle von Verhaftung, Deportationen in Zwangsarbeitslager usw. (Einzelheiten in: LaDocumentation Cat ho lique, 5. VII. 1949, Koll. 845). Am 1. X. 1948 wurde ein Kongreß (38 Priester)

in Cluj abgehalten, welcher die „Wiedervereinigung" beschloß (A. Radulescu und A. Sadeanu, Reintegrea Biserici Romane Unite, Bucuresti 1949). Am 3. X. 1948 wurde eine Delegation von dem orthodoxen Patriarchen in Bukarest empfangen; die Feierlichkeiten der „Wiedervereinigung" fanden am 21. X. 1948 statt. Darauf erklärte die Regierung die Unierte Kirche für aufgehoben (Dekret Nr. 358, Monitonal Official 2. X. 1948). Die Bischöfe erhoben Protest (Text in: Biserica Romana Unita, Madrid 1952, SS. 321 ff.).

Im November des gleichen Jahres wurden den Unierten sämtliche Kirchen genommen. Für Anzeigen gegen widerspenstige unierte Priester wurde hohe Bezahlung versprochen (Monitorial Official 30. VIII. 1953).

In der Karpathischen Ukraine ernannte die Orthodoxe Kirche am 22. X. 1945, unmittelbar nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen, einen Bischof für Mukaciv. Zahlreiche Verhaftungen von unierten Geistlichen folgten, viele Kirchen (73 bis Juli 1947) wurden durch die kommunistischen Behörden an die Orthodoxen übergeben, auch dort, wo diese nur eine winzige Minderheit bildeten. Am 27. X. 1947 wurde ein „Unfall" provoziert: der Wagen des unierten Bischofs Th. G. Romza wurde von einem sowjetischen Lastwagen angefahren, und als der Bischof unverletzt blieb, schlugen ihn die in dem Wagen fahrenden Soldaten, so daß er ins Spital gebracht werden mußte. Dort wurden die Schwestern entfernt und, obwohl er nur leicht verletzt war, starb er am 1. XL 1947 (Galter S. 104). Am 22. XII. 1949 besetzte die Polizei die unierte Kathedrale und bald darauf alle anderen Kirchen und übergab sie den Orthodoxen. Am 29. VIII. 1949 wurde die „Wiedervereinigung* gefeiert (Galter S. 105). Bemerkenswert ist, daß noch Anfang 1949 nur ein Priester zur Orthodoxen Kirche über-getreten war.

In der Tschechoslowakei bestand nur eine unierte Diözese, Presov. Ihr Bischof (P. Gojdic) wurde am 28. IV. 1950 verhaftet. Am 27. V. fand ein Kongreß des Klerus unter dem orthodoxen Metropoliten Eleutheros statt, welcher die „Wiedervereinigung" erklärte (Galter S. 344 L).

§ 18. DIE KATHOLISCHE KIRCHE IN DER TSCHECHOSLOWAKEI Diese Kirche zählte, in beiden Ländern, 1945 schätzungsweise 8 500 000 Gläubige. Sie wurde nicht vernichtet, sondern zunächst in fast jeder Tätigkeit außerhalb der Kirchengebäude behindert dann aber durch gesetzliche — wie auch andere — Maßnahmen der Regierung vollständig unterworfen, indem fast ausnahmslos alle ihre Bischöfe verhaftet wurden und die Verwaltung der Diözesen von den kommunistischen Agenten übernommen wurde. Eine großangelegte Spaltungsaktion, unter dem Namen „Katholische Aktion", scheint fehlgegangen zu sein; sie diente lediglich als Stütze für die Besetzung der Ämter in den bischöflichen Kanzleien und für die Führung der pseudo-katholischen Presse.

Zuerst wurden klassische kommunistische Maßnahmen angewandt:

Aufhebung der gesamten katholischen Presse (Verzeichnis von 53 aufgehobenen Zeitschriften bis Januar 1949 in Galter, S. 318 f.), aller katholischen Vereinigungen (beginnend mit dem 22. XL 1948, Einzelheiten in Galter, S. 323 f.), Enteignung der Kirchengüter (Gesetz Nr. 46, 21. III. 1948), Verstaatlichung der Schulen (Gesetz Nr. 46, 21. III. 1948 und Gesetz Nr. 95, 21. III. 1948). Am 14. X. 1949 wurde ein Amt für kirchliche Angelegenheiten errichtet (Gesetz Nr. 217); am 25. X. 1949 erschien ein Dekret, welches die Aufgaben dieses Amtes klarlegte;

es sollte das gesamte kirchliche Leben genau kontrollieren.

Am 10. VI. 1949 wurde von kommunistischen Agenten eine „Katholische Aktion" gegründet (vgl. Brief des Erzb. Beran vom 31. V. 1949 über die Vorbereitungen dazu in Documentation Catholique 31. VII. 1949, Kol. 1013). Fünf Tage darauf wurde die Kanzlei des Erzbischofs von Beamten des Amtes für kirchliche Angelegenheiten besetzt und am 19. VI. 1949 wurde der Erzbischof selbst verhaftet (Hausarrest). Es folgte die Aufhebung aller Klöster (März, April 1950) und Inhaftierung aller Ordensmänner und -frauen in Konzentrationsklöstern. Ein Gesetz (Nr. 112, 4. VII. 1950) hob alle theologischen Fakultäten und Priesterseminare auf, an ihrer Stelle wurden zwei „Staatsfakultäten" gegründet, mit obligatorischem Unterricht des Leninismus. Im Juli, August und September verhaftete die Polizei acht Bischöfe. Schauprozesse folgten. Später wurden weitere Verhaftungen durchgeführt, so daß 1955 13 (d. h. fast alle) Bischöfe in Gefängnis oder Hausarrest festgehalten wurden (OsservatoreRomano, 24. VII.

1955). Alle Diözesen wurden damals von Vertretern der Regierung verwaltet. Die Zahl der Geistlichen wurde in drastischer Weise beschränkt. § 19. DIE PROTESTANTISCHEN KIRCHEN IN UNGARN Im Jahre 1945 bildeten die Anhänger der verschiedenen protestantischen Kirchen etwa 30 °/o der Bevölkerung Ungarns. Die reformierte Kirche besaß 1938 1117 Schulen, die evangelisch-lutherische 406. Alle diese Schulen, bis auf sieben, wurden aufgehoben. Die legitim gewrählten Vertreter der Kirchen wurden wiederholt verhaftet, andere den Gemeinden aufgezwungen, gegen Pastoren und Bischöfe wurden Schauprozesse durchgeführt, bis beide Kirchen dem Willen der Regierung nachgaben und eine „Vereinbarung" mit ihr unterschrieben. Von da an wurden beide, ihrer wesentlichen Möglichkeiten beraubt, zu bloßen Werkzeugen der kommunistischen Partei.

Jänos Kardos, am 2. IX. 1948 zum Superintendent der Reformierten Kirche von Budapest gewählt (Mehrheit 387 : 244 Stimmen) wurde verhaftet und zur Demission gezwungen. Am 18. XL 1948 wurde er aber erneut gewählt; daraufhin annullierten die Kommunisten die Wahlen, und es wurde R. Kiss, kommunistischer Staatssekretär im Kriegsministerium (der zweimal vorher in den noch freien Wahlen geschlagen worden war), gewählt.

Schon vorher hatte Räkosi, Generalsekretär der Partei, den mutigen Bischof Läszlo Ravasz bedroht, daß, falls er nicht nachgäbe, den reformierten Religionslehrern das Gehalt entzogen werden sollte, -der Bischof legte am 28. IV. 1948 sein Amt als Vorsitzender des Vorstands des Ökumenischen Rates und des Nationalen Synods nieder. Auch Andor Läzär, der Superintendent von Budapest, wurde verhaftet und Amtsaufgabe zur gezwungen.

Zwei Führer der evangelisch-lutherischen Kirche, Bischof Lajos Ordas und Albert Radvansky, wurden wegen Schwarzhandel in einem Schauprozeß verurteilt; daraufhin wurde, am 16. XII. 1948, ein Vertrag mit der Regierung unterschrieben. (Dokumentarische Belege in A. Bedö u. a.

Church and State in Hungary, in: Gsovski, S. 67, 94, 101 ff.)

§ 20. DIE ZEUGEN JEHOVAS IN POLEN UND OSTDEUTSCHLAND Die kleine Konfession der Zeugen Jehovas wurde fast gleichzeitig in Polen und in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands vernichtet; diese Tatsache ist zu beachten, da der Beschluß anscheinend von einer zentralen Stelle ausgegangen sein muß. In beiden Landern wurden die Organisationen gesetzlich aufgehoben, die Leiter und anscheinend auch viele einfache Mitglieder in Haft genommen.

In Polen wurde die Aufhebung der Gemeinschaft in einer Pressekonferenz am 28. VI. 1950 durch den Sicherheitsminister (B. Radkiewicz) bekanntgegeben. Er bezeichnete die Zeugen Jehovas als imperialistische Spione, die dabei noch „Kriegspanik verbreiteten“ und die Aktion zugunsten des Friedensappells, boykottiert hätten. Die Organisation sei liquidiert worden. (Bericht in: Dziennik Zachodni 28. VI. 1950); nach unbestätigten Nachrichten sollen bei dieser Gelegenheit nicht weniger als 80 0/0 der Mitglieder verhaftet worden sein. Auf jeden Fall wurde 1952 berichtet, daß sich etwa 500 Zeugen Jehovas in Zwangsarbeitslagern und Gefängnissen befänden, so etwa 100 im Lager bei Bialystok und ungefähr 50 im Gefängnis von Wejherowo (Inter-Catholic Press Agency 12. III. 1952, S. 3).

In der SBZ wurde diese Gemeinschaft durch ein Dekret des Innenministers Dr. Steinhoff (Nr. 1/67 vom 31. VIII. 1950) aufgehoben. Es wurden ähnliche Beschuldigungen vorgebracht, wie bei den Zeugen Jehovas in Polen. Eine Anzahl der Führer wurde zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. (Dokumente wiedergegeben in: Injustice the Regime, Berlin 1952, SS. 23-34).

Im Lichte der bekannten Tatsachen über die Zeugen Jehovas erscheinen die gegen sie vorgebrachten Anklagen als höchst unglaubwürdig.

E. Anhang

§ 21. PROTESTSCHREIBEN VERSCHIEDENER BISCHOFS-KONFERENZEN Derartige Protesschreiben sollen in Auszügen folgen. Es ist zu beachten, daß sie nur in einer relativ frühen Periode der kommunistischen Kirchenaktion formuliert werden konnten, -später waren die bedeutendsten Bischöfe in Haft.

a. Aus dem Hirtenbrief des jugoslawischen Episkopates v. 25. IX. 1945 „Nach unseren Informationen beträgt die Zahl der Opfer (unter den Priestern): 243 Tote, 169 in Gefängnissen bzw. Konzentrationslagern Verhaftete, 89 Verschollene, d. h. im Ganzen 501 (Priester). Hinzu kommen außerdem 19 Theologiestudenten, 3 Ordensmänner und 4 Ordensfrauen, die getötet wurden. Was uns besonders schmerzlich berührt, ist die Tatsache, daß man diesen Opfern, sowie Hunderten und Tausenden anderer, die Möglichkeit verweigert hat, in den letzten Augenblicken ihres Lebens den Trost der Religion zu besitzen, was in den zivilisierten Ländern auch den schlimmsten Verbrechern nicht verweigert wird. Die Gerichte, welche diese Urteile gefällt haben, haben schnell geurteilt. Die Angeklagten wußten in den meisten Fällen nichts von der Anklage, bis zum Augenblick der Verhandlung; sie konnten sich sehr oft nicht verteidigen, Zeugen herbeirufen oder einen Rechtsanwalt fordern". (Galter S. 397).

b. Aus dem Hirtenbrief des tschechoslowakischen Episkopates vom 15. VI. 1949 „Die Kirche (ist) heute beraubt, die Mehrheit ihrer Freiheiten und Rechte wurden ihr entzogen, sie ist entehrt, beschmutzt, heimlich und offen verfolgt . . . Die kirchliche Presse, mit Ausnahme einiger ganz unbedeutender Veröffentlichungen, wurde ganz zum Stillschweigen gebracht. Sogar die amtlichen Mitteilungsbläter der Bischöfe . . . sind aufgehoben worden. Anstatt dessen veröffentlicht das Erziehungs-Wissenschaftsund Kunstministerium eine sog. „Zeitschrift für den katholischen Klerus", welche keine kirchliche Autorisation besitzt und gegen den Willen der Hierarchie herausgegeben wird. Obwohl für katholische Priester veröffentlicht, wird sie von Nicht-Katholiken, in einem antikirchlichen Geist, redigiert . . .

Jedes katholische Buch (auch Gebetbücher) ist einer staatlichen Vorzensur unterworfen. . . . Den Katholiken wurde unter Drohung mit gerichtlicher Verfolgung verboten, außerhalb der Kirchen sich zu versammeln und zu lehren. . . . Die Kirche wurde der Reste ihres Vermögens beraubt. . . . Konfessionelle Schulen existierten praktisch nicht mehr. . . . Auf die Eltern wird ein Druck ausgeübt, die Kinder aus den kirchlichen Schulen zu nehmen-, sie werden direkt mit Konsequenzen bedroht: Religionslehrer werden in Bezug auf Ideologie geprüft und erhalten Weisungen, wie sie Religion im materialistischen Geiste lehren sollen. Jede religiöse Erziehung der Jugend in Gesellschaften, eucharistischen Vereinen usw. wurden an vielen Orten unter Androhung von Strafe verboten, und es wurde unmöglich gemacht, indem der Staat die Erziehung in den materialistischen Schulen und in der Ausbildung außerhalb der Schulen übernommen hat, so, daß die Erziehung im christlichen Geist unmöglich geworden ist und als illegal angesehen wird. In dieser Hinsicht sind wir soweit gekommen, daß sogar in den theologischen Schulen Vorlesungen über die sogenannte soziale Wissenschaft eingeführt wurden, mit dem Zweck, auch die Studenten der Theologie für die materialistische Ideologie aufzuschließen. . . .

Insbesondere wurden in der Slowakei einige Klöster zwangsmäßig geräumt und die Priester in Lastwagen entführt. . . . In einigen Orten wurde bereits die Abhaltung von Gottesdiensten verboten. In vielen Ortschaften wurden Prozessionen unmöglich gemacht oder für nicht-religiöse Zwecke mißbraucht. Die Konferenz der Bischöfe in Dolno Smokovec, welche zu den Forderungen der Regierung Stellung nehmen sollte, wurde aufgelöst, als Hörgeräte (Mikrophone) im Tagungssaal entdeckt wurden. . . . Die letzte Bischofs-Konferenz wurde durch Organe der Sicherheitspolizei gestört. Gleichzeitig wurde das Konsistorium (Kanzlei) in Prag durch Staatsbeamte besetzt und die Erzbischöfliche Residenz durch Geheimpolizei bewacht, so daß die Freiheit des Vorsitzenden der Bischofskonferenz ganz beschränkt wurde. . . . Die Kirche wurde auf diese Weise jeder Möglichkeit erfolgreicher Ver handlungen beraubt, und es wurde ihr nur eine Wahl gelassen:

zwischen der Unterwerfung unter das Diktat und der Verfolgung.'

(Es folgen die Unterschriften aller Bischöfe. Aus dem englischen Text in der New York Times 27. VI. 1949 übersetzt.)

C. Aus dem Protestschreiben des polnischen Episkopates v. 8. V. 1953 „Als Zentren, in denen mehr oder weniger systematische Spaltungsund Angriffspolitik gegen die rechtmäßige Hierarchie betrieben wird, treten jetzt und bereits seit längerer Zeit besondere Gruppen und Organisationen in Erscheinung, zu welchen Priester beigezogen werden. Tendenzen dieser Art machten sich schon in den Statuten der weltlichen Wohlfahrtsorganisation „Caritas’ bemerkbar. . . . Einer der Kirche schädlichen Aktion der Verpolitisierung der Geistlichkeit dient ganz offensichtlich die Gruppe „Dzis i Jutro“ („Heute und Morgen')

. . . (sie) tritt freilich immer und offen unter dem Zeichen des Katholizismus auf — aber in den Streitigkeiten und Auseinandersetzungen, die zwischen der Regierung der Volksrepublik Polen und der katholischen Kirche entstehen, nimmt sie ausnahmslos für die Regierung Stellung, sie lobt alle ihre Maßnahmen in Bezug auf die Kirche laut und unterstützt sie. . . . Auf Initiative der Regierung entstand und wirkt nicht weniger der gegen die legitime Obrigkeit gerichtete sog.

„Priesterausschuß beim Verband der Kämpfer für Freiheit und Demokratie". Er besteht aus Priestern, die unter dem Namen „Patriotische Priester" bekannt sind: Männer, welche sozusagen alle das Unglück hatten, die kirchliche Disziplin zu verletzen oder in Konflikt mit ihren Obern zu geraten, versuchen mit Hilfe der weltlichen Gewalt, die Kirche Christi zu „reinigen" und zu „reformieren“. In ihrer Zeitschrift „Ksiadz Obywalel" („der Priester-Bürger") greifen sie Bischöfe und sogar den Heiligen Vater an; gleichzeitig verkündigen sie mit Schlagworten Ansichten, die den Weg zu Schisma und Häresie ebnen."

(Memorandum der polnischen Bischöfe, zu Händen von Ministerpräsident der polnischen RV a m 8. Mai 1953 eingereicht, Fribourg, St. Paul, 1953, S. 4; franz.

Übersetzung in CI. Naurois, Dieu contre Dieu, SS. 209 f.)

§ 22. AUFRUF DER EHEMALIGEN MISSIONARE IN CHINA Am 21. XL 1955 richteten 61 Missionare und 26 Missionsschwestern verschiedener Nationen einen Aufruf an die Internationale Kommission für den Kampf gegen das Konzentrationslagerregime (CICRC):

„Wir, die Unterzeichneten, ehemals Missionare in China, Opfer willkürlicher Verhaftungen, der Festhaltung in Gefängnissen durch die Regierung der chinesischen Volksrepublik, richten in unserem Namen und dem unserer chinesischen und nichtchinesischen Mitbrüder, die in diesem Augenblick noch in Haft sind, an die CICRC ... folgenden Appell:

Wir wurden von kirchlichen Behörden nach China gesandt, d. h.

von unseren jeweiligen Kongregationen, die in Abhängigkeit von den zentralen Organen des Heiligen Stuhles handeln. Das Ziel unserer Mission war ausschließlich ein religiöses und wir haben uns von ihm nie entfernt. Wir waren in China nicht als Agenten irgendeiner ausländischen Macht, unseres Vaterlandes oder einer anderen. Als in China eine neue Regierung aufgestellt wurde, haben wir unsere Gläubigen an die Lehre der Kirche vom Gehorsam gegen die bestehenden Behörden erinnert. Und doch ist uns allen das gleiche geschehen:

eines Tages, unvorbereitet, wurden wir verhaftet und ins Gefängnis geworfen. Wir wurden angeklagt, „Konterrevolutionäre“, „Imperialisten", „ausländische Agenten“, „Spione" zu sein. Nun haben wir nie irgend eine politische Tätigkeit ausgeübt, und unsere Aktivität, die der alles wissenden Regierung wohl bekannt war, beschränkte sich auf rein religiöse Angelegenheiten. Wir wurden aui verschiedene },'eise behandelt. Einige unter uns wurden regelrecht gefoltert. Anderen wurden die Hände gefesselt, Tag und Nacht während sechs ^^onaten. Andere mußten während der Verhöre, die bis gegen fünf Tage und fünf Nächte dauerten, stehen bleiben. Eine-große Zahl mußte auf dem Boden sitzend, den ganzen Tag hindurch sich, ohne zu sprechen, ohne zu lesen, ohne Schlaf, ausschließlich mit der „Betrachtung ihrer Verbrechen" beschäftigen. Andere endlich können sich nur der Beraubung ihrer Freiheit beklagen und mußten täglich unterschreiben, „daß sie nicht mißhandelt wurden". Viele unter uns waren in gemeinsamen Zellen, wo chinesische Häftlinge, unsere Mitgefangenen, und wir selbst uns täglich, während mehrerer Stunden, ermahnen mußten, „unsere Gedanken zu reformieren" ... wir sind so während Monaten, manchmal während Jahren ohne Besuche, ohne Briefe von außen, mit nur einigen Ausnahmen geblieben, ohne ein anderes Gesicht zu sehen, als das unserer Mithäftlinge, unter denen sich immer mehrere Denunzianten befanden. Die Zellen besaßen weder Bett, noch Tisch oder Stuhl. Man schlief auf dem bloßen Boden, der manchmal aus Brettern, manchmal aus Beton bestand.

Wir sind vor Richtern ohne Hilfe eines Rechtsbeislandes erschienen. Alle Fragen bestanden ausschließlich darin, von uns falsche Zugeständnisse zu erzwingen, daß wir Imperialisten, Spione und Feinde des Volkes gewesen seien. Dies versuchte man durch eindrucksvolle Bedrohungen und durch einen sorgfältig aufgebauten Druck zu erreichen; dadurch sollten wir die Selbstkontrolle verlieren. Einige von uns wurden zu Zwangsarbeiten verurteilt. Es handelte sich meistens um sehr harte, manchmal erschöpfende Arbeiten, bei denen die Verurteilten den Rhythmus ihrer Arbeit „spontan" vergrößern mußten ...

Alle Grundsätze der Gerechtigkeit, die bei zivilisierten Völkern gelten, wurden in Hinsicht auf uns vergewaltigt. In fast allen Fällen lagen keine genauen Anklagen und Beweise vor. In keinem Falle gab es Verteidigung und ein Verfahren, das den Angeklagten hätte schützen können ...

Mehrere hundert chinesischer Priester und Tausende chinesischer Christen weilen zu dieser Stunde noch in den Gefängnissen. Noch kürzlich (im November 1955) hat man den chinesischen Bischof von Shanghai mit 50 Priestern, Theologiestudenten, mit Ordensschwestern und mehr als 1400 Gläubigen, die alle Chinesen sind, verhaftet. Für sie wie für uns besteht in gleicher Weise die Abwesenheit aller rechtlichen Motivierung, die Anwendung eines Verfahrens um falsche Zugeständnisse zu erzwingen, die Isolierung von außen. Einige von ihnen wurden in verwilderte Gegenden des Westens deportiert. Auch von ihnen dürfen wir feierlich behaupten, daß sie jedes politischen und gemeinrechtlichen Verbrechens unschuldig sind. Auch in ihrem Namen erheben wir unsere Stimme und unseren Protest."

(übersetzt aus dem französischen Text in: Commission Internationale contre le regime concent r a t i onnaire , Nr. 4, 1955, SS. 63— 66.)

§ 23. ZEUGENBERICHT VON EINEM PROZESS UND VON HINRICHTUNGEN Als erste wurde die hinkende Martha vorgenommen und nach den versteckten Kirchensachen ausgefragt. Da sie keine Antwort gab, wurde sie mit Riemen geschlagen.

Der Schwester Elisabeth wurde vorgeworfen, sie sei aus Tsitsihar ohne polizeiliche Erlaubnis nach Hause gekommen.

Auf diese Anschuldigung hin zog sie sogleich den Erlaubnisschein aus der Tasche, um ihn vorzuweisen Er wurde ihr abgenommen und vor ihren Augen zerrissen, inden man schrie: . Der ist wertlos, der nützt dir nichts."

Hernach wurde sie aufgefordert, den versammelten Männern den Glauben zu predigen. Man wollte sich wohl lustig machen über sie.

Sie erzählte eine Geschichte aus dem Alten Testament, die auch Heiden verstehen können.

Aber nach wenigen Sätzen schrie einer: „Hör auf, wir haben genug von diesem Gewäsch! Was sollen wir lange zuhören? Schlagt sie mürbe!“

Sie wurde aufgefordert, sich auszuziehen. Da sie zögerte, legte man Hand an sie und riß ihr die Kleider vom Leibe.

Nun wurde sie bei entblößtem Oberkörper sehr heftig geschlagen.

Unterdessen wurden auch viele der katholischen Familien geholt und herbeigerufen, aber nur die völlig Besitzlosen, denn die Begüterten — auch wenn man ihnen bereits alles weggenommen hatte — galten nicht mehr als volle Bürger und Volksgenossen.

Die Erschienenen wurden aufgefordert, sofort ihre Heiligenbilder und religiösen Bücher herzubringen. Manche versteckten rasch die schönsten Bilder und Bücher und gaben einiges weniger Wertvolle ab.

Alles wurde auf einen Haufen geworfen und öffentlich verbrannt.

übrigens erfaßte der Bildersturm auch die Heiden und Götzentempel.

In der Schule wurden die Kinder angehalten, von daheim alle Götzen-bilder herzubringen.

Unter Führung der Lehrer zogen die Schüler in die Pagoden, um dort sämtliche Bilder und Statuen der Götzen zu zertrümmern. In den Pagoden richtete man Werkstätten für Frauenarbeit ein.

Nach der Verbrennung der Bilder wurden die anwesenden Katholiken aufgefordert, vom Glauben abzufallen.

Da die Kommunisten im Kampf gegen die Religion das Schlagwort gebrauchten: . Fort mit dem Aberglauben“, wobei natürlich jeder religiöse Gedanke als Aberglaube bezeichnet wird, glaubten die Katholiken von Changfatun einen gangbaren Ausweg gefunden zu haben.

Auch sie mißbilligten ja den heidnischen Aberglauben, und so einigten sich die guten Leute auf die Formel: „Wir widersagen dem Aberglauben."

Die Roten gaben sich bei ihnen mit dieser vagen Formel zufrieden.

Hingegen von Martha und Elisabeth wollten sie einen eindeutigen Abfall. Genau und klar wurde den Jungfrauen die Frage gestellt:

„Seid ihr katholisch oder nicht?“

Beide Schwestern antworteten einmütig: „Wir sind katholisch!"

Und Martha, die Mutige, fügte noch hinzu: „Wir bleiben katholisch, auch wenn ihr uns zu Tode prügelt!“

Daraufhin wurden beide wieder ins Gefängnis zurückgeführt.

Es folgte die letzte, entscheidende Frage an die beiden Jungfrauen:

„Nun, wie steht es jetzt? Laßt ihr ab vom katholischen Glauben oder nicht?"

Elisabeth antwortete: „Im Herzen bleibe ich katholisch.“

Und Martha darauf: „Ich bin katholisch!“

Dann wurde das Zeichen der Hinrichtung gegeben. Ich bemerkte, wie Martha plötzlich kreidebleich wurde im Gesicht.

Nochmals sausten die Peitschen auf die bloßen, schon so zerschlagenen Rücken des Schwesternpaares.

Dann schleppte man sie hinaus. Beide schluchzten.

Gleichzeitig drängten auch alle die Leute ins Freie. Ich mußte mit, wurde aber nicht mehr geschlagen.

Draußen im Hof band man mich an den nächsten Baum, zuerst mit den Kleidern, dann mußte ich auch den erbettelten chinesischen Rock — ein lumpiges Kleidungsstück — ausziehen.

Ich stand nun wieder in bloßen Unterhöschen da und wurde aufs neue an den Baum gebunden.

Unterdessen sah ich die zum Tode verurteilten Jungfrauen an mir vorbeikommen. Elisabeth konnte kaum gehen und hing mit dem Ober-körper ganz nach vorne. Ich hörte einen sagen: „Die ist erledigt. Mit der geht’s zu Ende."

Ein Bub rief ganz mutwillig: Jetzt geht es in den Himmel."

Dann mußte Elisabeth getragen werden.

Martha, die Hinkende, indes schritt rüstig voran, die Hände wie beim Beten vor der Brust gefaltet. Sie war sehr um ihre Schwester besorgt und blickte mehrmals zurück, ob sie ihr auch folge.

Beim Tore des Kirchenhofes soll sie ihr Mut gemacht haben mit den Worten: „Fürchte dich nicht, Schwester, wir gehen zur Heiligen Mutter Maria."

Unter dem Tor machte sie noch das Kreuzzeichen, und zwar mit der linken Hand, weil der rechte Arm vom Schlagen gelähmt war und schlaff herunterhing. AIs die Heiden das sahen, spotteten sie: „Seht, sie macht immer noch diese katholischen Faxen."

Etwa hundert Schritte vom Kirchentor entfernt mußten die beiden Jungfrauen in den Schnee niederknien.

Dann wurden sie von hinten erschossen.

Martha war nicht sofort tot und erhielt mehrere Schüsse. Ein Kopfschuß durchdrang den Kopf, trat beim Auge, eine große Wunde reißend, heraus und traf einen Vorderarm.

So starben diese heldenhaften, jungfräulichen Chinesinnen. Es war der 26. Januar 1948. Elisabeth war fünfunddreißig Jahre alt, ihre Schwester Martha etwa zehn Jahre älter.

Es ging bereits gegen Abend, und die Dunkelheit brach herein.

Einige Grundbesitzer, die als geächtete Klasse galten, wurden beauftragt, die Leichen zu verscharren. Wie bei Verbrechern wagte niemand einen Sarg zu beschaffen.

Da wir jeden Herbst einige Gräber auszuschaufeln pflegten — im tiefgefrorenen Winterboden wäre das ja unmöglich —, waren gerade noch zwei offene Gräber vorhanden. Man legte die Leichen, so wie sie waren, in die beiden Gräber und deckte sie mit Schnee zu.

(Amros Rust, Die Rote Nacht, München 1956, S. 192 f., 200 f.;

der Verfasser ist ein ehemaliger Schweizer Missionar in China).

§ 24. VERZEICHNIS EINIGER VON DEN KOMMUNISTEN VERFOLGTER KATHOLISCHER BISCHÖFE Das vorliegende Verzeichnis enthält 165 Namen; es ist unvollständig. Ein anderes, welches am 26. XII. 1956 durch die KIPA (Fribourg) veröffentlicht wurde, gibt 198 Namen, und zwar nur solcher Bischöfe, die zu dieser Zeit in Haft bzw. Verbannung lebten. Abkürzungen:

A = Apostolischer Administrator von B = Bischof von C = Kardinal Erzbischof von D = deportiert E = Erzbischof von FF= infolge von Folterung oder Mißhandlung gestorben G = im Gefängnis (seit) bzw. verhaftet am; auch jene Bischöfe, die in Haushaft gehalten werden, sind so bezeichnet G t = im Gefängnis gestorben H = aus der Diözese vertrieben T = getötet TU = zum Tode verurteilt V=in der Ausübung des Amtes verhindert WB = Weihbischof (bzw. Koadjutor) von Die Namen der Länder werden durch die bekannten Abkürzungen der Automobilnummern angegeben (Ch = China; Es = Estland;

Le = Lettland; Lt = Litauen). Die 1945 der SU angeschlossenen Territorien werden dabei nach der ursprünglichen Staatszugehörigkeit eingeordnet. Die Namen der Diözesen sind in der Landessprache angegeben. Es sind auch die Namen derjenigen Bischöfe angeführt, die nach einer gewissen Zeit der Haft wieder freigelassen wurden.

Adamski, St., B Katowice (PL), G 1952-56. — Aftenie, V., B (R),. Gf 1950. — Allessandre, C., WB Sentung (Ch), Gf. — Apor, W., B Györ (H), tödlich verwundet 30. III. 1945, 's 2. IV. 1945. -—Arambaru, Z., B Wuhu (Ch), H. — Arduino, W. -A., Shiuchow (Ch), GH. —Balan, J., B Lugoj (R), G 29. X. 1948. — Baraniak, A., WB Gniezno (PL), G 1953-56. — Barnas, St., WB Spis (CS), G 1952. — Bassi, A. T„ B Loyang (Ch), GH. — Baziak, E., E Lwow (PL), H G I. 1953. —Bednorz, H„ WB Katowice (PL), G XL 1952. — Beran, J., E Praha (CS), G 13. III. 1951. — Bieniek, J., WB Katowice (PL), G X. 1952. — Bernacki, L., WB Gniezno (PL), G III. 1953. — Boisguerin, R., B Suifu (Ch), H. — Borisevicius, V., B Telsiai (Lt), Gf 1947. — Bossilkov, E., B Nicopoli (BG) G, TU. — Brelinger, L., B Kinghsien (Ch), VH. — Brizgys, V., WB Kaunas (Lt), V seit 1944. — Buddenbrok, Th., E Lanchow (Ch), GH. — Bukraba, B., B Pinsk (PL), D. — Buzalka, M., B Tirnava (CS), G 15. 1. 1951. — Capozi, D. L., E Taiyüan (Ch), GH. — Carevic J. B Dubrovnik (Y), T 1945. — Cärsky, J., B Kosice (CS), G 1950. — Ceol H. F., B Kichow (Ch), GH. — Chanfi-Ko-Hing M., B Siwantze (Ch), G. — Chao Cheng-Sheng Fr., B Sienhsien (Ch), V. — Chen Chi-Ming J., B Chenting (Ch), V. — Chomyszyn G., B Stanislaviv (PL), G f 1946. — Chou Chi-Shih J., E Nanchang (Ch), G. — Chow Wei-Tao A., B Fengsiang (Ch), V. — Cieplak J., E, Apost. Adm. Mohilev (SU), TU, V. — Cisar Th., E Bucuresti (R) G f 1954. — Chu Kai-Min S., B Haimen (Ch), V. — Civelli M„ B Weihwei (Ch), GH. — Cule P., B Mostar (Y), G. — Czarneckyj M., B Apost. Visit., D G f 29. IX. 1953. — Danaghy Fr., B Wuchow (Ch), FI. — Daymier J. -J., E Hangchow (Ch), H. — Defebvre A., B Ningpo (Ch), GH. — Deronieau A., E Kunming (Ch), H. — De Smet L., WB Siwantze (Ch), G t. — Deswazieres G., B Pakhoi (Ch), H. — Drzecnik M., Apost. Adm. Maribor (Y), V 1951. — Dublinskis K., (Le), GD, G f (?). — Dubowski L, B Zytomir (SU), GD 1923, H. — Durcovici A., B Jassy (R), G t. — Fan P. -J., B Paoting (Ch), G. — Ferroni A., B Laohokow (Ch), GV. — Frentiu V. T., B (R), G t. — Galvin E., B Hanyang (Ch), H. — Garic J., B Banja Luka (Y), H. — Gawlina J., E Maditus, Armeebischof (PL), V. — Gijni F., B S Alexandre de Oroshi (AL), Til. III. 1948. — Glaser M„ (R), Ff. — Gojdic P. P., B Presow (CS), G 15. I. 1951. — Grimm P. G., B Tsinchow (Ch), H. — Grösz J., E Kalocsa (H), G 1951-56. — Haering E. A., B Shohchow (Ch), H. — Häsz SL, B Armeebischof (H), G. — Herrero Garotte G. F., B Changteh (Ch), H. — Hlouch J., B Budejowice (CS), V III. 1952. — Hopko V., WB Presov (CS), G VI. 1950. — Hossu J„ B Cluj-Gherla (R), G 28. X. 1948. — Hu Jo-Shan J„ B Taichow (Ch), G. — Jarre C., E Tsinang (Ch), G f (?). — Kaczmarek C., B Kielce (PL), G I. 1951. — Keller, B Tyraspol (SU), H. — Kocylowskij J.. B (gr. -k.) Peremisl (PL), G f 17. 1. 1947. — Kowalski K„ B Chelmno (PL), G 15. II. 1952. — Kowalski R. C., B Wuchang (Ch), GH. — Kramer F. G., B Luan (Ch), GH. — Krause L, B Shunteh (Ch), FI. — Kung Pin-Mei I., B Nanking (Ch), G. — Kurteff C„ WB Briula (BG), G. — Labrador Th., E Foochow (Ch), H. — Lacchio S. L., E Chansha (Ch), GH. — Lacoste L., B Tali (Ch), H. — Lakota G„ WB Peremysi (PL) G f (?). —Latysewskyj, WB Stanislaviv (PL), D. — Larrahaga I., B Pingliang (Ch), H. — Larrart J., E Kweyang (Ch), H. — Lazik A., B Trnava (CS), G 1950-51. — Lei Chang-Hsia S., B Fenyang (Ch), G. — Lesinski J., B Tingchow (Ch), H. — Lozihski S., B Pinsk (PL), G D. — Ly-Hsüan-Te P„ B Yenan (Ch), V. — Maggi J., B Handlung (Ch), G H. — Malecki A., B Leningrad (SU), G H. — Malendro F., E Anking (Ch), H. — Matocha J., B Olomouc (CS), V. — Mahkowski P., B Kamieniec (SU), GH. — Massa P., B Nanyang (Ch), V. — Marton A., B Alba-Julia (R), G 1949-1955. —Matulonis Th., WB (Lt), Gf Vladimir 1953.

— Meszlenyi Z., WB Esztergom (H), G f 11. 1. 1953. — Mignani G., B Kian (Ch), H. — Mindszenty J., C Esztergom (H), G 1948-1956. — Necsey E., B Nitra (H), G 1950-51. — Neveu P. -Eu., B (SU), G 1927. — Niemira, K. WB Pinsk (PL), H. — Niu-Hui-Ching Th., B Yangku (Ch), V. — O'Hara C., B Yuanling (Ch), GH. — Olbert A., B Tsingtao (Ch), GH. — O’Shea J., B Kanchow (Ch), H. — Oste J. J., B Jehol (Ch), H.

— Pacha Au., B Timisoara (R), G f 1954. — Padolskis V., WB (Lt), V seit 1944. —Paltarokas K., B Panevezys (Lt), D. — Paschang A. J., B Kongmoon (Ch), H. — Pasini F. F., B Sanyüan (Ch), GH. — Ptery J., B Väcz (H), G seit 25. III. 1952. — Pinault H., B Chengtu (Ch), H. — Pinger H. A., B Chowtsun (Ch), H. — P’I-Shu-Shih L, B Mukden (Ch), H. — Pobozny R., B Roznava (CS), G 1950. — Pollio G., B Kaifeng (Ch), G V. — Prennhushi N. V., E Durazzo (Al), Gf 1952. — Quinn W. C., B Yükiang (Ch), H. — Quintanilla A., B Kweiteh (Ch), H. — Ramanauskas F., WB Telsiai (Lt), D. — Ranzans J., WB Riga (Le), H. — Reinys M., E, Ap. Adm. Wilno (PL), D G f 8. XL 1953. — Romanoff J., WB Sophia u. Philippopoli (BG), G. — Ropp, E., E Mohilev (SU)

GH. — Rosa G. F., E Hankow (Ch), GH. — Rozman G., B Ljubljana (Y), H. — Rusu A., B Baia Mara (R), G 26. X. 1948. — Santin A., B Trieste u. Capodistria (Y) F f 25. IV. 1947. — Saric J., E Sarajevo (Y), FI. — Scheffler J., B (R), G f 1953. — Schu Th„ B Yenchow (Ch), H. — Shillaku B., B Pulati (Al), G V. — Simrak J„ B Krizevci (Y), F t 9. VIII. 1946. — Skoupy K., B Brno (CS), G. — Skwireckas J., E Kaunas (Lt), V 1944. — Slipyj J., E Lviv (PL) D. — Sliwowski Ch., B Vladivostok (SU), H. — Sloskans B., B Liepaja (Le) GH. — Splett K., E Danzig, G 1945-1953. — Springovics A., E Riga (Le), V. — Stepinac L., C Zagreb (Y), G V. — Suciu J., B Fagaras u. Alba Julia, G 1952. — Szelazek A., G Luck (PL), D. — Tcheou, E Nanchang (Ch), G f (?). — Tien Chen Sin Th., C Peking (Ch), H. — Tissot F., B Chengchow (Ch), H. — Trochta St., B Litomerice (CS), G 8. VIF 1954. — Tsung Huai-Mo, B Chefoo (Ch), V. — Turner K. R„ B Lishui (Ch), H. — Urbss A., B Liepaja (Le), D. — Valentin P. S., B Kangting (Ch), H. — von Melkenbecke Ch., B Ningsia (Ch), GH. — Velasco J. B., B Amoy (Ch), H. — Verineux A. G., B Yingkow (Ch), H. — Vogel Ch., B Swatow (Ch), H. — Vojtassak J., B Spis (CS) G 1951. — Volaj G., B Sappa (Al), T 3. II. 1948. —Vovk A., Adm. Ap. Ljubljana (Y) H. — Weber K., B Ichow (Ch), GH. — Wyszyriski St., C Gniezno u. Warszawa (PL) G (26. 9. 1953 — 28. 10. 1956). — Yuen Ching-Ping J., B Chumatien (Ch), H. — Yu Pin, P., E Nanking (Ch), H.

Quellen: Als Hauptquellen für die kommunistische Lehre über die Religion sind zu nennen: die Aufsätze Lenins, Sozialismus und Religion (1905) und über dasVerhältnis derArbeiterpartei zur Religion (1909), wie auch seine Briefe an A.

M. Gorkij (12. XL und Dezember 1913) und an die Redaktion der Zeitschrift Unter dem Banner des Marxismus (1922).

Theorie und Methodologie des Kampfes sind in diesen Texten vollständig dargestellt; was Stalin und andere kommunistische Schriftsteller später dazu schrieben, kann darum als nebensächlich betrachtet werden. Die Rechtsvorschriften hingegen sind den klassischen Sammlungen zu entnehmen (S. Kap. VIII).

Die Praxis der kommunistischen Religionspolitik ist über Zeugen-und Presseberichte zu verfolgen. Unter die ersteren fallen die zahlreichen privaten wie auch offiziellen Dokumente (z. B. Protestschreiben der Bischöfe). Eine Dokumenten-Sammlung besteht leider nicht; sie wäre sehr wünschenswert.

Literatur: Ein größeres, den Gegenstand im allgemeinen behandelndes Werk fehlt. Für die einzelnen Konfessionen bzw. Ländern sind die folgenden Schriften zu nennen:

Russisch-Orthodoxe Kirche: J. S. Curtiss, The Russian Church’ and the Soviet State, Boston 1953 (gilt als klassisch, muß aber durch andere Werke vervollständigt und teilweise korrigiert werden); N. S. Timasheff, Religion in Soviet Russia, 1917 bis 1942, London 1943; M. Spinka, The Church in Soviet Russia, New York 1956; V. L. Gsovski (s. unten; vorzügliche Einleitung). Katholische Kirche: A. Galter, Le Communisme et l’Eglise Catholique, Paris (1956), (beste Gesamtdarstellung);

A. Brunello, L'E g 1 i s e du silence, Rome 1953; laufende Berichte in L’E c h o des perscuts, Fribourg 1956 ff. Islam:

M. Mouteuil, Essai sur L’Islam en U. R. S. S., Revue du Monde Musulman 20, 1952, SS. 5— 146 (Bibliogr.). Islam en U. R. S. S., Documentation Franaise 8. XII. 1953; dt. (verkürzt) in Ost -P r o b 1 e m e 6, 1954 (Nr. 16), SS. 651 bis 671. Buddhismus: N. Poppe, The Destruction of Buddhism in the USSR, Bulletin, Institute for the Study of the USSR, 3, 1956 (Nr. 7), SS. 14-20.

Sowjet-Union: Timasheff (s. oben); Fr. Mac-Cullagh, The Bolshevik Persecution of Christianity, London 1924;

A. Mark, K i r c h e und Kirchenpolitik in der Sowjetunion 1945-1951, Europa-Archiv 6, 1951 (Nr. 18), SS. 4367 bis 4376. — China: Fr. Dufay, L'E toile contre la Croix, Paris 1954 (dt.: Gesetz und Taktik des Kommunismus, Frankfurt a. M. 1956; die beste Gesamtdarstellung; auch eines der besten Werke zur Kirchenpolitik des Kommunismus im allgemeinen); viel Material auch in Saturne (Paris) 1956 ff. — Satellitenländer im allgemeinen: VI. Gsovski (Hrsg.) Church and State behind the Iron Curtain, New York 1955 (über Tschechoslowakei, Ungarn, Polen und Rumänien; das beste Werk); G. N. Shuster, Religion behind the Iron Curtain, New York 1954 (dt.: Religion hinter dem eisernen Vorhang, Würzburg, o. J.); Laufende Berichte in Ost-Probleme (Bad Godesberg). Fast jedem Satellitenland hat F. Cavalli besondere monographische Studien gewidmet, in Civiltä Cattolica (Roma) bzw. im Verlag dieser Zeitschrift (unten nur mit Jahrgang angegeben). — Albanien: Cavalli 1947. — Bulgarien: Cavalli 1953. — Jugoslavien: Cavalli 1947 (über Erzb. Stepinac); 1952 (zwei Aufsätze); 1953 (über die Schulen). Korea: Schicksal in Korea. Deutsche Missionare berichten, Abtei St. Ottilien, o. J. — Litauen: Cavalli 1955 (über alle Baltischen Länder 1940/41); R. Latu, L'E glise derriere le rideau de fer, Paris 1948. — Polen: CI. Naurois, Dieu contre Dieu, Fribourg (1957), (bestes Werk, besonders für die Frage der Spaltungsgruppen; enthält viel dokumentarisches Material); Cavalli 1950, 1953 (drei Aufsätze) — Ostgalizien: Die ersten Opfer des K o m m u n i s m u s, München 1953 (über die ukrainische unierte Kirche). — Rumänien: P. Gherman, Lame roumaine cartele, Paris 1953; Biserica Romana Unita, Madrid 1952 (über die rum. unierte Kirche). — Tschechoslowakei: Cavalli 1950. — 1949, 1950, 1951 L. Nemec, Church and State in Czechosl o v a k i a ..., New York 1954; A. Michel, Problemes religieux d’u n pays sous regime communis t e. Paris 1955 (wichtig für die Behandlung der Ordensleute). — Ungarn: Cavalli 1951, 1954; Weißbuch Vier Jahre Kampf in Ungarn. Zürich 1949. Die Numerierung der Gesetze und Verordnungen ist den offiziellen Veröffentlichungen Sbirka zäkonu a narizeni (Tschechoslovakei) und Orszägos Törvenytär (Ungarn) entnommen.

AUS DEM INHALT DER BEILAGEN: Handbuch des Weltkommunismus

J. M. Bochenski: „Die formale Struktur des Kommunismus" J. M. Bochenski, E. G. Walter „Philosophische, soziologische und und G. Niemeyer: wirtschaftstheoretische Grundlehren" Gerhart Niemeyer: „Politische Grundlehren" John Reshetar: „Die Partei" J. Reshetar, S. Possony und „Methodologie der Eroberung und des W. Kulski: Herrschens" Jan Librach: „Die Expansion des Reiches" Walter Kolarz: „Die Nationalitäten" Vladimir Gsovski: „Das Recht" David J. Dallin: „Das Verbrechen und das Strafsystem" Ralph James: „Die Wirtschaft" Karl Wittfogel: „Die Bauern" John Fizer: „Die Kultur" J. M. Bochenski, J. Hay und W. Meysztowicz: „Die Religion" W. W. Kulski: „Die Situation des Individuums" Joseph M. Bochenski: „Zur Kritik des Kommunismus"

Fussnoten

Fußnoten

  1. Dieses Kapitel wurde von J. M. Bochenski verfaßt; er ist für die endgültige Redaktion allein verantwortlich, hat jedoch von Mrs. Irene Hay und Msgr. Meysztowicz zahlreiche Materialien, bibliographische Angaben und auch gedankliche Anregungen erhalten. So ist er Mrs Hay für die meisten Textangaben (§§ 4— 6), für viele Einzelheiten die russische orthodoxe (§ 11, besonders § 11c, § 12a, § 14) und buddhistische Kirche (§ 16) betreffend, wie auch für die grundlegende Einsicht in die drei typischen Fälle kommunistischer Taktik in der Kirchenpolitik (§ 7) verpflichtet. Von Msgr. Meysztowicz stammt das Verzeichnis im § 24 und zahlreiche andere, insbesondere juristische, Daten.

  2. Darunter ca. 2 000 000 „Junge Gottlose“

  3. Für die Darstellung wurden u. a. die Archive des ADOK Erzbischöfliches Dokumentationszentrum für die Angelegenheiten der Kirche in Polen, Freiburg (Schweiz) benutzt. Wo die Belege aus zahlreichen Titeln von schwer zugänglichen Schriften bestehen würden, ist einfach auf ADOK verwiesen worden.

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