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China als Entwicklungsland. Versuch zum Verstehen | APuZ 1/1978 | bpb.de

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APuZ 1/1978 China als Entwicklungsland. Versuch zum Verstehen Et tu, China? Entwicklungstendenzen der chinesischen Politik seit dem Tode Mao Tse-tungs Chinesische Bedrohungsvorstellungen im Verhältnis zur Sowjetunion

China als Entwicklungsland. Versuch zum Verstehen

Christian Graf von Krockow

/ 49 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Chinas bisherige Radikalität steht nicht, wie oft behauptet wurde, im Gegensatz, sondern im Einklang mit grundlegenden Entwicklungserfordernissen: Erst die soziale und normative Egalitätsrevolution ermöglicht Dynamik. Dies läßt sich im Vergleich mit der europäischen Entwicklungsgeschichte ebenso verdeutlichen wie im Vergleich mit den Blockierungen, mit denen viele Länder der Dritten Welt noch immer zu kämpfen haben. Andererseits muß im westlich-chinesischen Vergleich die fundamentale Differenz hinsichtlich des Vorrangs des Individuums oder der Gruppe als der primären Realitätserfahrung beachtet werden Die Differenz verweist auf Unterschiede der Kulturtraditionen, die durch die chinesische Revolution nicht etwa abgebaut, sondern in der Selbstbehauptung gegen den Westen sogar noch verstärkt wurden. Aus der Differenz ergeben sich auch Unterschiede hinsichtlich der jeweiligen „System“ -Steuerung, der dominierenden Motivationen und Sanktionen, und sie macht alle wechselseitigen , Modell" -Vorstellungen abwegig.

I. Vorüberlegungen

China hat seit Jahren immer wieder Schlagzeilen gemacht — von der „Großen Proletarischen Kulturrevolution" bis zum Sturz der „Viererbande" nach dem Tode Mao Tse-tungs. Das ferne Schauspiel hatte eine Springflut von Literatur zur Folge. Häufig allerdings handelte es sich um Projektionen eigener Hoffnungen oder Ängste, um Utopien des „neuen Menschen" oder um Schreckensbilder vom „Heer der blauen Ameisen". Entsprechend kann man in jüngster Zeit Reaktionen der Enttäuschung oder des Frohlockens über eine vermeintliche „Normalisierung" registrieren. Dabei wurde das eigentlich Erregende oft an den Rand des Vergessens gedrängt: Das volk-reichste Land der Erde galt ein Jahrhundert lang als der hoffnungslos „kranke Mann“ Ostasiens. Es war Spielball imperialistischer Mächte und das geradezu „*klassische Land der Hungerkatastrophen; es erschien als Land der Gewalt, der War Lords und Gangster, der Volksseuchen — eben als hoffnungsloser Fall. Seit der Errichtung der Volksrepublik aber hat China Probleme weitgehend gelöst, mit denen Entwicklungsländer meist vergeblich kämpfen: die Probleme der Ernährung, der Beschäftigung, der elementaren Bildung für alle, der Hygiene und medizinischen Versorgung. Es hat sich auch der Geburtenplanung zugewandt und dabei in kurzer Frist beispiellose Erfolge erzielt.

In einen neuen Abschnitt seiner Geschichte tritt China damit als ein grundlegend saniertes Land ein: vom westlichen Standpunkt aus betrachtet zwar noch immer arm und, von Ausnahmebereichen abgesehen, rückständig, doch befreit von den Geißeln, die sonst Entwicklungsländer plagen. Es fehlen die krassen Ungleichgewichte, die Gegensätze von Luxus und Verelendung, von Stadt und Land, von Hypermodernität und Archaik; es gibt nicht länger Unterernährung und Unterbeschäftigung, die Bevölkerungslawine und die Hoffnungslosigkeit. Die Bevölkerung lebt unter Bedingungen sozialer Sicherheit, wie sie vor kurzem noch unvorstellbar gewesen wären. So gesehen hat China die kritische Phase moderner „Entwicklung" bereits durchschritten. Wie konnte in historisch knapper Frist dies alles erreicht werden? Welche Probleme gab es, welche Konflikte, welcher Preis war zu zahlen? Flat man tatsächlich einen „neuen Menschen“ geschaffen? Welche Perspektiven zeichnen sich für die Zukunft ab? Kann China ein „Modell" sein?

Diesen Fragen stellt sich, als ein Versuch zum Verstehen, die folgende Studie. Das Verstehen schließt in der Annäherung zugleich die Einsicht in die fundamentalen Differenzen ein, die uns von China trennen.

II. Historische und nationale Aspekte der chinesischen Revolution

Die chinesische Revolution, so könnte man mit zulässiger Übertreibung sagen, wurde im Jahre 1840 mit dem Opiumkrieg eingeleitet — einer der finsteren Episoden neuzeitlicher Ko-lonialgeschichte. Im Frieden von Nanking, 1842, mußte China sich dem fremden Einfluß öffnen, -es begann das Jahrhundert des Zerfalls. Das Land erschien als Beute westlicher Mächte, Rußlands, bald auch Japans, offenbar unfähig zu zeitgemäßen Reformen, unaufhaltsam seiner Auflösung zutreibend, Eben diese Unfähigkeit zu rascher technischerVerwestlichung — wie sie Japan gelang, mit dem konservativen Sinn, überkommene Strukturen und Machtverhältnisse zu bewahren — bereitete jedoch langfristig revo-lutionären Entwicklungen den Weg. Denn damit wurde den Institutionen des alten China mehr und mehr der Boden entzogen, wurden sie materiell so erschüttert und moralisch so diskreditiert, daß sie am Ende nur noch mit blanker Gewalt aufrechterhalten werden konnten und gar kein anderer Ausweg sich mehr bot als die radikale Revolution. Nur wenige Jahre nach dem Opiumkrieg brach der große T'ai-P'ing-Aufstand los (1851— 1864), der schließlich, nach unendlichen Opfern und Verwüstungen, von denen sich das dynastische China niemals mehr erholte, mit westlicher Hilfe niedergeschlagen wurde. Seither riß die Kette der Aufstände, Wirren und Demütigungen nicht mehr ab, bis schließlich am Vorabend des Ersten Weltkriegs das Kaisertum an sein Ende gelangte. China aber versank nur noch mehr im Chaos, in den Diadochenkämpfen, in denen es nichts mehr gab als Grausamkeit und Unterdrückung, Korruption und Bereicherung, indessen die Massen in kaum vorstellbarem Elend vegetierten.

Dr. Sun Yat-sen (1866— 1925) versuchte die „bürgerliche" Revolution. Er wird auch von den Kommunisten als ein Vorläufer verehrt; sein Mausoleum bei Nanking ist heute ein Wallfahrtsort. Aber Sun Yat-sen scheiterte an seiner Machtlosigkeit; seine Partei, die Kuomintang, blieb stets eine zerbrechliche Interessenkoalition, an der sich zeitweilig auch die Kommunisten beteiligten. Als dann nach dem Tode Sun Yat-sens Chiang Kai-shek die Macht an sich riß, das Land militärisch einigte, aber die Kommunisten blutig verfolgte und in den Städten nahezu vernichtete, blieb von dieser Koalition wenig mehr als die Macht der seit je Herrschenden, gestützt auf die Gewalt der Bajonette.

Dennoch hätte sich das Regime vielleicht behaupten können, wenn nicht wiederum die ausländische Intervention zur Stärkung der revolutionären Kräfte entscheidend beigetragen hätte: Die japanische Aggression spielte den Kommunisten ihre Chance zu. Nachdem sie aus ihren Stützpunkten in die Provinz Kiangsi vertrieben worden waren und sich in dem legendären „langen Marsch" nach Shensi durchgeschlagen hatten, wo sie in Yenan ihr neues Hauptquartier errichteten, wären sie auch dort wahrscheinlich vernichtet worden, wenn nicht eben die japanische Aggression die Chiang Kai-shek nach dem „Zwischenfall von Sian" im Dezember 1936 abgepreßte nationale Einheitsfront zustande gebracht hätte. Während nun im chinesisch-japanischen Krieg die Kuomintang von ihren Kraftzentren in den großen Küstenstädten abgeschnitten wurde, dehnten die Kommunisten, gestützt auf die Bauern, im erfolgreichen Partisanenkrieg ihren Einfluß immer weiter aus.

Als Japan 1945 kapitulierte, verfügte Chiang Kai-shek — mit amerikanischer Unterstützung — zwar immer noch über die überlegene Truppenzahl und eine weitaus bessere Waffenausrüstung. Aber das Kräfteverhältnis hatte sich doch erheblich verschoben. Und die moralische Ausgangsposition für den letzten, entscheidenden Waffengang wird in einer amerikanischen Studie aus dem Jahre 1946 deutlich: „Es ist ein Grundgesetz, das die letzte Eigenschaft, die einer regierenden Gruppe abhanden kommt, die Fähigkeit zur Ausbeutung, zur Unterdrückung und zur Mißwirtschaft ist. Die Kuomintang kehrte nur an die Küste zurück, um dieses Axiom zu beweisen." Dagegen „steht bis jetzt die Kommunistische Partei im Vergleich mit der Kuomintang glänzend da. Sie wurde den ganzen Krieg hindurch hervorragend geführt und fand ihren Weg zur Macht, indem sie dem Volk nicht nur Schutz vor dem Feind bot, sondern auch Befreiung von seinen alten Leiden."

Das heißt: Indem es den Kommunisten gelang, die von ihnen in Angriff genommenen gesellschaftlichen Veränderungen mit der nationalen Selbstbehauptung in Einklang, ja zur Deckung zu bringen, fiel ihnen, am Ende nur folgerichtig, das nationale Mandat zu. Sie waren es, die in ihrem Kampf und in ihrem Sieg dem gesamten Volk nach einem Jahrhundert der Demütigungen das Gefühl der Selbstachtung, der Würde, des Stolzes zurückgaben. Wenn man daher in Gesprächen — keineswegs nur in Propagandareden — immer wieder die Formeln „Vertrauen auf die eigene Kraft" und „Nur der Sozialismus kann China retten" zu hören bekommt, dann gewinnen diese Formeln ihre Bedeutung mindestens ebensosehr im nationalen wie im wirtschaftlichen Sinne. Dabei ist zu beachten, daß China ja viel mehr ist als „Nation" im westlichen Sinne: die Einheit einer Kultur, deren Zerstörung oder Wiederaufrichtung im Kampf mit fremden Mächten für jeden Chinesen weit größeres Gewicht hat als die Gestalt eines Staates, die man notfalls auch wechseln kann. Der Sachverhalt stellt sich anschaulich dar auch im Verhältnis zur Sowjetunion, Es mag viele Ursachen dafür geben, daß das „brüderliche" Verhältnis sich in bittere Feindschaft verwandelt hat: von der langen und umstrittenen Grenze über die „natürliche" Rivalität zweier großer Mächte bis hin zum „Kirchenstreit" um die Vertretung der wahren Lehre, um Orthodoxie oder Ketzerei. Nicht zum geringsten aber spielt die letzte in der langen Kette chinesischer Demütigungen und Abhängigkeiten eine Rolle, die tiefe Enttäuschung, die in Gesprächen mit Menschen aller Schichten immer wieder hervorbricht: Bekanntlich brach die Sowjetunion ihre Entwicklungshilfe 1960 über Nacht ab, unter Zurückziehung ihres gesamten Personals und unter Mitnahme aller Pläne. Dies trug erheblich zu den Schwierigkeiten bei, mit denen China in den drei „bitteren Jahren" bis 1962 zu kämpfen hatte. Der Bruch wurde zum Wahrzeichen erhoben in der großen Brücke, die bei Nanking den Yang-tzse-kiang überspannt und den Norden mit dem Süden Chinas verbindet. Ursprünglich sollte diese Brücke mit sowjetischer Hilfe gebaut werden. Und 1960 verfügten die Chinesen zunächst weder über die Stahllegierungen, die für den Bau benötigt wurden, noch über Techniken, um die Pfeiler tief im Strom zu gründen. Dennoch konnte 1968 die Eisenbahnbrücke und 1969 die Straßenbrücke dem Verkehr übergeben werden. Seither wird das Bauwerk allen Besuchern mit Stolz vorgeführt: das Symbol eines neuen nationalen Selbstbewußtseins und des „Vertrauens auf die eigene Kraft".

III. Die Agrarfrage als soziales Schlüsselproblem

Soziale Revolution und nationale Behauptung bedingen sich wechselseitig. In China, dem Lande der Bauern, geht es dabei vor allem anderen um die Bewältigung der Agrarfrage — und dies nicht nur im Sinne einer technischen Lösung der Nahrungsmittelproduktion, sondern auch und gerade im Sinne eines sozialen Problems, das in Gegensätzen wie Apathie oder Aktivität, Erniedrigung oder Selbstbewußtsein sich ausdrücken läßt. Freilich kann man in der Landwirtschaft noch weniger als anderswo die gesellschaftlichen Entwicklungen von ihren natürlichen Bedingungen völlig ablösen. Daher soll zunächst etwas über diese vorgegebenen Bedingungen in ihrem Verhältnis zu den sozialen Fragen gesagt werden.

Auf der Weltkarte nimmt China sich mit etwa 9, 6 Millionen Quadratkilometern als ein Land von imponierender Größe aus; die Bundesrepublik verfügt nur über 248 000 Quadratkilometer. Aber die Masse des Landes besteht aus steilen Bergen, Hochgebirgen, kargen Steppen oder Wüsten; nur etwa ein Achtel der Gesamtfläche kann landwirtschaftlich genutzt werden. Zum Vergleich: Die Vereinigten Staaten von Amerika besitzen bei nahezu gleicher Gesamtgröße eine weitaus größere landwirtschaftliche Nutzfläche: 4, 45 Millionen Quadratkilometer. In China waren es nach Angaben aus dem Jahre 1960 erst 1, 1 Millionen Quadratkilometer, ein Viertel der amerikanischen Fläche. Aber einem Bürger der Vereinigten Staaten stehen vier Chinesen gegenüberl So drängt sich die Bevölkerung

Chinas in den fruchtbaren Ostgebieten in größter Dichte, teilweise mit mehr als 2 000 Menschen pro Quadratkilometer. Nochmals zum Vergleich: Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte der Niederlande — für uns wohl der Inbegriff eines dicht besiedelten Landes — betrug 1970 354 Menschen pro Quadratkilometer.

Klimatische Bedingungen erhöhen die Schwierigkeiten: Dürreperioden, die in weiten Teilen des Landes alle Saaten vertrocknen ließen, wechselten ab mit Überschwemmungskatastrophen. Berichte über stets wiederkehrende Hungersnöte sind fast so alt wie die Geschichte Chinas überhaupt.

Wie immer es jedoch im Altertum und im Mittelalter ausgesehen haben mag, die Lage spitzte sich seit Beginn der Neuzeit durch die Bevölkerungsentwicklung dramatisch zu. Man schätzt, daß in den ersten zwei Jahrhunderten der Mandschu-Dynastie (Ch'ing-Dynastie, ab 1644) die Bevölkerung Chinas von etwa 100 auf nahezu 400 Millionen anstieg — eine Folge guter Verwaltung, innerer Kolonisation und verbesserter Wirtschaftsformen. Aber damit waren die Reserven praktisch erschöpft, die auf althergebrachte Weise erschlossen werden konnten. Als dann das Jahrhundert des politischen Zerfalls begann, von dem die Rede war, gab es daher nur noch den Weg in die ständig wachsende Verelendung. Nicht nur die Flut der landlosen Bauern, die ihre Familien kaum mehr ernähren konnten, schwoll unaufhaltsam an, sondern auch das Heer der völlig Deklassierten, die sich allenfalls noch als Bettler oder Banditen, als Prostituierte oder praktisch als Sklaven durchschlugen. Sogar die Bauern selbst verloren zunehmend ihre Seßhaftigkeit; sie wanderten, wie der Wind der Notsituationen sie gerade trieb. „Es war damals so üblich", heißt es im Bericht eines älteren Bauern über die Zeit vor 1949, „daß die Leute dauernd umzogen. Man ging von einem Dorf zum anderen, von einem Grundbesitzer zum nächsten, um eine Stelle zu finden, wo die Pacht niedriger war" Die Angaben verschiedener Untersuchungen bestätigen diesen Bericht; der Zerfall einer traditionsbestimmten, auf Statik und Stabilität angelegten Agrargesellschaft wird damit schlagend deutlich.

Es entwickelte sich bei alledem die Teufels-spirale, die so typisch ist für unterentwickelte Länder, deren überkommene Ordnungen aus den Fugen geraten sind: Gerade angesichts ungewisser Lebensverhältnisse erweisen sich die Familien als kinderreich, weil die Familie die einzige Institution sozialer Sicherung darstellt, die es gibt; nur durch ihre Kinder können die Eltern im Alter versorgt werden. Und da viele Kinder sterben, ist eine „ÜberschußProduktion" unerläßlich. Erst die Entwicklung neuartiger, kollektiver Sicherungssysteme kann eine Änderung der Situation bewirken, übrigens nutzt man jetzt in China die Erfahrungen aus der Zeit „vor der Befreiung", um Famiiienplanung und Geburtenkontrolle voranzutreiben: Man holt alte Frauen in den Kreis junger Mädchen und Frauen, damit sie vom einstigen Elend bei hoher Kinderzahl und Kindersterblichkeit berichten.

Wer heute durch die Weiten Chinas reist, dem fallen drei Vorgänge ins Auge, die überall den ebenso schweren wie hartnäckig geführten „Kampf gegen die Natur" anschaulich machen:

1. Terrassierung. Abgesehen von den Tiefebenen und den Mündungsgebieten der großen Ströme im Osten sowie den unfruchtbaren Wüsten und Steppen im Norden und Westen ist China meist ein Bergland. Eine Neulandgewinnung ist deshalb in der Regel nur möglich, wenn man die Berge abträgt oder an ihren Hängen Terrassenfelder anlegt. Während in Europa solche Anlagen mehr und mehr verfallen, weil niemand es mehr auf sich nimmt, sie zu pflegen, entstehen sie in China überall neu, Meter um Meter den widrigen Verhältnissen abgerungen, insgesamt aber in riesigen Ausmaßen. Ganze Landschaften werden so verwandelt. In der Bundesrepublik dürfte das einzige vergleichbare Beispiel die Umformung des Kaiserstuhls am Oberrhein sein, der an chinesische Verhältnisse auch durch seinen Lößcharakter erinnert. Will man sich aber von den chinesischen Kultivierungsarbeiten einen Begriff machen, so muß man sich Tausende von Kaiserstuhlgebieten nebeneinander vorstellen, und dies nicht nur in einer Provinz, sondern immer neu in vielen Provinzen. Es kommt hinzu, daß modernes Großgerät für die Erdbewegungen noch kaum zur Verfügung steht; den entscheidenden Anteil an allen Arbeiten muß noch immer der Mensch mit seiner Muskelkraft erbringen, mit Hacke und Schaufel, mit Tragkörben oder — schon eine bedeutende Errungenschaft — mit Schubkarren.

Solche Arbeiten sind natürlich nur zu leisten, wenn es gelingt, das eigentliche Kapital eines armen Landes, eben die menschliche Arbeitskraft, im großen Maßstab zu mobilisieren und zu organisieren. Die anfangs heftig umstrittene Entwicklung der Volkskommunen — nach der Zahl ihrer Mitglieder etwa unseren herkömmlichen Landkreisen vergleichbar — spielt dabei eine wesentliche Rolle, denn nur sie können langfristig angelegte Projekte in Angriff nehmen, nicht kleine Genossenschaften und schon gar nicht Einzelbauern.

2. Wasserbauten. Dürreperioden und Überschwemmungen waren unvordenklich die Plagen Chinas, welche die Hungersnöte zur Folge hatten. Wasserbauten größten Stils: Deiche, Schleusen und Siele, Be-und Entwässerungsgräben und Kanäle, große und kleine Pumpanlagen, Tiefbrunnen, Rohrleitungen — das alles bildet ein, wenn nicht das Kernstück des „Kampfes gegen die Natur". Auch bei diesem Kampf trägt der Mensch bisher die Hauptlast. Und obschon in rasch steigender Zahl die Pumpen mit Diesel-oder Elektromotoren angetrieben werden, sieht man doch nach wie vor Treträder, mit denen Bauern mühevoll das Wasser auf die Felder schöpfen. Aber schon jetzt wird man aus dem Stand der Wasserbauarbeiten wahrscheinlich folgern dürfen, daß Katastrophen, wie sie einst ständig vorkamen, nach menschlichem Ermessen auszuschließen sind.

3. Aufforstung. Der Fluch aller alten Kultur-gebiete ist die Bodenerosion, die vor allem durch das rücksichtslose Abholzen der Wälder verursacht worden ist. Man denke an den Mittelmeerraum von Anatolien über Griechenland und Sizilien bis Spanien. Oder an Mexiko: Experten schätzen, daß mindestens die Hälfte des ursprünglich fruchtbaren Bodens der Erosion bereits zum Opfer gefallen ist. Aber wo die Bevölkerung in zwanzig Jahren sich verdoppelt, bleiben alle Versuche der Behörden, der Erosion entgegenzuwirken, vergeblich; verzweifelt roden die Bauern noch die steilsten Hänge, die dann alsbald vom Regen ausgewaschen werden und unter der Sonne verdorren.

China bildet keine Ausnahme. Außer in Parks oder Alleen sieht man nur selten Baumbestände, die älter sind als zehn oder höchstens zwanzig Jahre. Inzwischen aber wird überall im Lande die Aufforstung erkennbar, an Steilhängen, auf Bergkuppen, an Bahndämmen, an jedem Ort, der landwirtschaftlich nicht genutzt werden kann — auch dies eine der großen Leistungen im Kampf des Menschen mit der Natur und eine Mühsal, die sich erst in der Zukunft, dann aber in reichem Maße, bezahlt machen dürfte.

IV. Die Revolution aus den Dörfern

Alle großen Revolutionen der neueren Geschichte waren im einen oder anderen Sinne auch Agrarrevolutionen. Das gilt von der englischen industriellen Revolution, die nicht zu denken ist ohne die großen „Einhegungen": die Verwandlung von Ackerflächen in Weideland, welche die ehemaligen Pächter als das zukünftige Proletariat in die Städte vertrieb. Ähnlich ist später die industrielle Revolution in Deutschland ohne die ländliche Uberschußbevölkerung, besonders ohne die Kapitalisierung und Mechanisierung der Gutsbetriebe kaum vorstellbar, welche die massiven ost-westlichen Wanderungsbewegungen, etwa ins Ruhrgebiet, ermöglichte und erzwang. Die Französische Revolution hat hingegen ein unabhängiges Bauerntum geschaffen — und damit ebenso Entwicklungshemmungen wie ein konservatives Potential, das fortan hauptstädtischen Revolutionsbewegungen einen Riegel vorschob. Das Schicksal der russischen Oktoberrevolution entschied sich in den Weiten des Agrarlandes mit Hilfe der Bauern, die eine Rückkehr der Gutsherren fürchteten.

Wie immer die Umstände im einzelnen aussehen mochten: Kaum jemals waren Bauern und Landarbeiter die zündende, treibende Kraft, vielmehr die Getriebenen, manchmal als Nutznießer, meist aber als die Ausgenutzten. Im Grunde waren und blieben Revolutionen Sache der Städter oder der Verstädterung. Nicht zufällig rechnet es das „Kommunistische Manifest" der Bourgeoisie als Verdienst zu, daß sie „das Land der Herrschaft der Stadt unterworfen . . . und so einen bedeutenden Teil der Bevölkerung dem Idiotismus des Landlebens entrissen" hat. Es wäre interessant zu wissen, was wohl Mao Tse-tung beim Lesen solcher Sätze empfand.

In China entstand das neue Modell einer Überwältigung der Städte von den Dörfern her. Dies mag historischer Zufall sein. Die kommunistische Bewegung, in den Städten verfolgt und vernichtet, konnte einzig in den Tiefen des unwegsamen Hinterlandes überleben. Auch Mao Tse-tung verdankt seinen Aufstieg diesem Umstand. Zwar war er weder der „Erfinder" der Bauernrevolution — sie hat in China eine lange Geschichte — noch der Guerilla; es gab andere und bedeutende militärische Befehlshaber. Aber Bauernrevolte, Partisanenkrieg und soziale Umwälzung in einem strategischen Revolutionskonzept zu vereinen und in ihm die nationalen Momente mit der marxistischen Theorie undogmatisch zu verbinden: dies war seine epochemachende Leistung.

Der Bauernsohn Mao rebellierte in seiner Jugend gegen die väterliche Autorität. Jahrzehnte später erklärte er in zweifelhafter Vereinfachung: „Es gibt unzählige Prinzipien des Marxismus, doch sie können alle letzten Endes in einem Satz zusammengefaßt werden: Rebellion ist gerechtfertigt." Diese Rebellion traf zunächst einmal die orthodoxe, an der Organisation des städtischen Proletariats orientierte und von der Komintern — also von der sowjetischen Führung — gesteuerte Parteilinie. Es war schiere Ketzerei, wenn Mao 1927 in seinem „Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan" erklärte: „Wenn wir zehn Punkte für die Durchführung der demokratischen Revolution redlich verteilen wollen, so verdiente die Leistung der Stadtbewohner und Soldaten nur drei Punkte; die übrigen sieben Punkte würden den Bauern und ihrer Revolution auf dem Lande zufallen." Erst nach dem „langen Marsch", mit der Veränderung der Umstände, konnte Mao sich voll durchsetzen.

Entscheidendes kommt jedoch noch hinzu. „Von den Bauern lernen!“ lautet eine der grundlegenden Maximen des maoistischen China. Ihr revolutionärer Charakter wird nur dann verständlich, wenn man sich die Tradition abgründiger Verachtung der unwissenden, ausgebeuteten Bauern durch die Gebildeten, Wohlhabenden und Mächtigen vor Au-gen führt. In bewußter Umwertung der Werte hat Mao erklärt: „Nachdem ich Revolutionär geworden war, lebte ich unter den Arbeitern, Bauern und Soldaten der revolutionären Armee. Nach und nach lernte ich sie gut kennen, und sie haben mich auch kennengelernt. Dann und erst dann machte ich mich endgültig von der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Mentalität frei, die mir von der bürgerlichen Schule eingeimpft worden war. Und gerade als ich die noch nicht umerzogenen Intellektuellen mit den Arbeitern und Bauern verglich, begriff ich, daß diese Intellektuellen unsauber, daß die Arbeiter und Bauern aber die saubersten Menschen sind, sauberer als die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Intellektuellen, mögen ihre Hände auch schwarz und ihre Füße mit Kuhmist beschmiert sein." Mit anderen Worten: Es kommt darauf an, den Bauern Selbstachtung zu geben, ihr Vertrauen zu gewinnen, indem man ihnen vertraut, statt sie bloß zu kommandieren und für ferne Zwecke zu benutzen.

Folgerichtig hat Mao an den stalinistischen Methoden der Sowjetunion scharfe Kritik geübt Stalin hatte die Landwirtschaft immer nur als einen Lastenträger für die forcierte Industrialisierung mit dem Vorrang der Schwerindustrie betrachtet. Er hat das selbstbewußte Bauerntum in der brutal durchgeführten Zwangskollektivierung der Landwirtschaft buchstäblich erschlagen. Die Sowjetunion, eines der potentiell größten Agrarländer der Welt, bezahlt dafür trotz hoher Investitionen bis heute mit der Apathie ihrer Landbevölkerung und mit einer immer noch unzureichenden Agrarproduktion einen hohen Preis.

Die Einsicht in die Bedeutung des menschlichen Bewußtseins und Selbstbewußtseins, die Betonung also der aktiven Rolle des „Überbaus", ist ein charakteristischer Zug im Den-ken Mao Tse-tungs. Vor allem handelt es sich um eine realistische Einsicht: Man kann von Menschen nur etwas erwarten und mit ihnen etwas aufbauen, wenn man ihnen nicht bloß Befehle erteilt, sondern ihre Selbstachtung anspricht. Wie ein Beobachter es notierte:

„Die chinesischen Bauern mühen sich heute ab wie früher, vielleicht mehr noch als früher; aber sie haben nicht das Gefühl, das Rückgrat vor Ausbeutern zu krümmen. Ihre Müdigkeit ist so real wie einst, aber sie ist nicht mehr erniedrigend. Sie tragen sie leichter, weil sie nicht mehr gedemütigt werden."

Dies läßt sich freilich nicht allein durch Agitation oder Manipulation erreichen, sondern es muß ein gesellschaftlich und ökonomisch tragfähiges Fundament geschaffen werden. Wie ist es damit bestellt? Man kann den Sachverhalt in zwei Schlagworten umreißen:

1. Initiative von unten. Der Staat setzt Rahmendaten, aber er überläßt nicht nur die Ausführung im Detail den unteren Ebenen, sondern es wird erwartet, daß diese von sich aus aktiv werden. Die Volkskommunen sollen Deiche und Bewässerungsanlagen bauen, ihre eigenen Werkstätten, Fabriken und Handelsorganisationen entwickeln; die Grundsätze lauten: Verlange kein Geld vom Staat; verlange keine Hilfe von anderen Kommunen; laß dich durch Schwierigkeiten nicht abschrecken — kurzum: Vertraue auf die eigene Kraft! Eigeninitiative wird nicht nur geduldet, sondern als leitendes Prinzip anerkannt und verkündet: „Nicht der Landwirtschaftsminister in Peking hat neue Methoden erfunden und will sie ausprobieren lassen. Nein, die Produktionsbrigade von Tachai hat die Heldentaten vollbracht und neue Techniken aus-probiert. Die zentrale Macht begnügt sich da-mit, solche Versuche mit angemessener Lautstärke im Lande zu propagieren."

Der Sinn jeweils möglichst vielseitiger, ja weitgehend autarker Entwicklung der Kommunen ist es natürlich auch, die Überlastung einer noch wenig leistungsfähigen verkehrstechnischen Infrastruktur zu vermeiden, die einer hochgradigen Arbeitsteilung noch gar nicht gewachsen wäre. Und für den Bau von Werkstätten und kleineren Industrien im Rahmen der Volkskommunen sprechen weitere Gründe: Die Beschäftigungsintensität, die in der Landwirtschaft mit den Jahreszeiten stark schwankt, soll gleichmäßiger gemacht und technische Kenntnisse sollen verbreitet werden; nicht zuletzt geht es darum, eine Abwanderung ländlicher Überschußbevölkerung in die Ballungszentren zu verhindern. Doch so wichtig dies alles sein mag, es gibt eben das zusätzliche oder vielmehr zentrale Motiv, das Ökonomen ideologisch nennen mögen und das gleichwohl selbst eine entscheidende Produktivkraft darstellt: Selbstbewußtsein als „Vertrauen auf die eigene Kraft" praktisch erfahrbar zu machen.

2. Sicherheit. An den uns gewohnten Maßstäben gemessen sind Chinas Bauern noch immer sehr arm. Genaugenommen sind sie in — zum Teil erheblichen — Abstufungen arm. Die Volkskommunen leben ja als Genossenschaften aus den Erträgen, die sie erwirtschaften; es gibt keine festen Lohnstufen wie in den Staatsbetrieben. Daher gibt es nach Gunst der nach oder Ungunst Umstände, Tüchtigkeit oder Untüchtigkeit des Führungspersonals und je nach dem Einsatzwillen der Bauern große Einkommensunterschiede. Im Grunde sind jedoch für alle Landbewohner das Fahrrad, die einfache Nähmaschine oder ein Transistorradio schon bedeutende Anschaffungen, auf die hin man geduldig sparen muß und die dem Besucher mit Stolz aufgezählt werden. Das Zeitalter der Traktoren hat gerade erst begonnen, das der Waschmaschinen, Kühltruhen und anderer Geräte zur Erleichterung der Hausarbeit steht noch aus.

Es läge nahe zu sagen: Die praktischen Errungenschaften nehmen sich bisher geringfügig aus, und der materielle Anreiz zu intensiver Arbeit hat sich nur schwach entwickelt. Aber dies hieße den entscheidenden Tatbestand übersehen, einen unermeßlichen Fortschritt, welcher der älteren Generation ebenso bewußt ist, wie er der jüngeren ständig und eindringlich vor Augen geführt wird: Zum ersten Male seit Menschengedenken gibt es soziale Sicherheit. Die Angst vor der Hungerkatastrophe ist geschwunden, der Lebenshorizont stabil und abschätzbar geworden — ein paradoxes und dennoch folgerichtiges Ergebnis der revolutionären Umwälzungen. Jeder hat — sei es wiederum nach unseren Maßstäben noch so beengt und bescheiden — ein Dach über dem Kopf. Es gibt die ständige Bedrohung durch Grundherren, Wucherer, Steuereintreiber, Banditen und Landsknechte nicht mehr. Dafür gibt es Schulen und medizinische Versorgung. Für die Alten und Arbeitsunfähigen gibt es „fünf Garantien"; dazu gehört neben der materiellen Versorgung auch, bemerkenswert genug, die „ehrenvolle Bestattung". Was das alles bedeutet, kann man allenfalls ahnen, wenn man Berichte aus der Zeit vor 1949 liest, die ja keineswegs alle kommunistischer Propaganda entstammen.

Von den Bauern lernen: Auch dieser Satz bleibt keine leere Propagandaformel. Durch die Millionen der städtischen Mittelschulabsolventen und der „Kader", die ständig aufs Land geschickt werden, gewinnt er handgreifliche Realität. Und die Bauern selbst lernen: Die „gebildeten Jugendlichen" und die „Kader" bringen neue Kenntnisse mit, Kenntnisse der Technik, der Hygiene, der Buchführung und so fort. Nicht nur das: In einem Lesesaal der Universität Peking treffen wir einen alten Bauern. Er entstammt noch Generation einer der Verachteten, der Geschundenen, der Analphabeten. Inzwischen aber gibt es auf dem Lande Millionen von „Forschern", die sich um die Verbesserung des Saatgutes, der Düngemethoden, des Fruchtwechsels, der Bearbeitungstechniken bemühen. Solchen „Forschern" werden dann Weiterbildungsmöglichkeiten an speziellen Instituten, aber auch an Hochschulen und Universitäten eröffnet. Daher hat die Universität Peking (1976) 6 000 „reguläre" Studenten, die je nach Fachrichtung ein drei-oder vierjähriges Studium absolvieren, und zugleich pro Jahr 40 000 bis 50 000 Teilnehmer an Weiterbildungskursen, die zwischen wenigen Wochen und einem Jahr dauern. So ist die Universität buchstäblich Volks-Hochschule.

Es läßt sich schwer ermessen, welchen Nutzen der alte Mann aus seinen Studien zieht. Aber erst recht läßt sich nicht ausmessen, was es für sein Selbstbewußtsein — und das der Mitbewohner seines Dorfes — ausmacht, daß er nun an diesem Platz sitzen kann: er, der Bauer, hier, im Lesesaal der Universität Peking.

V. Die Partei, die Massen und die sozialistische Tugend

Im Jahre 1902 entwarf Lenin in seiner Schrift „Was tun?" das langfristige strategische Konzept einer Kaderpartei der Berufsrevolutionäre. Diese Elite sollte die eher an Nahzielen konkreter Verbesserungen orientierten Arbeitermassen zur Revolution führen und dann den Aufbau des Sozialismus in die Hand neh-men.

Der Erfolg hat Lenin bestätigt. Aber sein Konzept enthielt zugleich die Gefahr einer nicht mehr kontrollierbaren Verselbständigung und Verfestigung der einmal geschaffenen Führungsstrukturen: die Gefahr, daß aus der Diktatur im Namen und dem Anspruch nach für das Proletariat zugleich die Diktatur über das Proletariat sich entwickelte, zumal wenn es sich, wie in Rußland, um ein Land handelte, in dem die Tradition zentralistisch-bürokratischer Autokratie ohnehin übermächtig war. Stalin hat so gesehen eigentlich nur systematisiert und perfektioniert, was bereits in der Konzeption Lenins angelegt war.

Mao Tse-tung hat versucht, einen anderen Weg zu gehen. Im Jahre 1958 sagte er in einer Parteitagsrede, zunächst in indirekter Anspielung, dann in direkter Kritik an der Sowjetunion: „(Die Inder) haben das Übel der Affen, die fressen sehr viel weg, niemand wagt sie zu prügeln, man meint, sie seien göttlich. — Wir propagieren keine Parolen wie , die Kader entscheiden alles', , die Technik entscheidet alles', wir propagieren auch nicht . Sowjets plus Elektrifizierung ist Kommunismus'. Wenn wir derartige Parolen nicht propagieren, gibt es dann etwa keine Elektrifizierung? Wir werden ebenso Elektrifizierung haben, und sie wird mit noch wesentlich größerer Vehemenz vor sich gehen. Die vorderen beiden Parolen hat Stalin propagiert, sie sind von großer Einseitigkeit. , Die Technik entscheidet alles'— und was ist mit der Politik? Die Kader entscheiden alles'— was ist mit den Massen?" „Hier fehlt es an Dialektik.“

Immer wieder versucht Mao dies einzuhämmern: „Alle Intellektuellen müssen sich völlig der schlechten Gewohnheit entledigen, sich von den Massen zu isolieren. Sie müssen den Massen im Geist der Selbstverleugnung entgegentreten, sich eng mit den Arbeitern, Bauern und Soldaten zusammenschließen . . . Bei jeder Arbeit, die für die Massen geleistet wird, muß man von den Bedürfnissen der Massen ausgehen und nicht von irgendwelchen persönlichen Wünschen — und seien sie noch so wohlmeinend — oder von historischen Dogmen." Oder: „Parteimitglieder müssen sich darauf verstehen, die Angelegenheiten mit den Volksmassen zu diskutieren und zu regeln; zu keiner Zeit dürfen sie den Kontakt zu den Massen verlieren. Das Verhältnis der Partei zu den Massen gleicht dem des Fisches im Wasser. Wenn dieses Verhältnis nicht fest gefügt ist, kann das sozialistische System nicht errichtet und auch nicht gefestigt werden."

Aus dem dialektischen Verhältnis des einzelnen — vor allem der Funktionäre — zu den Massen entwickelt sich eine sozialistische Tugendlehre. Es geht dabei um das Verhältnis der Selbstgefälligkeit oder Einbildung zur Bescheidenheit oder Selbstlosigkeit: „Die Einbildung gedeiht unter allen Umständen und in jeder Gestalt. Im allgemeinen wird sie durch Erfolge und Triumphe gesteigert. Das kommt daher, daß man unter widrigen Umständen seine eigenen Schwächen deutlicher sieht und relativ achtsamer ist. . . Der Erfolg hingegen hat auch die Dankbarkeit der anderen in seinem eleit. Sogar einstige Gegner wenden sich uns wieder zu und verbeugen sich . .. Wir werden eingebildet, sobald wir die Stärke der Massen außer acht lassen... Die Einbildung ist ihrem Wesen nach ein Kind des Individualismus und erzeugt auch wieder Individualismus."

Hingegen: „Bescheidenheit ist eine für jeden Revolutionär unentbehrliche Eigenschaft; sie fördert die Sache des Volkes ... Die Bescheidenheit ist daher ein Prüfstein für unser Verantwortungsgefühl gegenüber dem Volk. —-Ein Revolutionär, der seinen Namen verdient, muß . . . die Schöpferkraft der Massen hoch einschätzen, sich ihre Ansichten anhören und sich selbst als einer der ihren betrachten. Es darf keine Spur von Selbstsucht in ihm sein . . . Wenn ein Mensch allen Ernstes be-reit ist, aus der Arbeit, dem Leben und seinen Kämpfen zu lernen; wenn er sich über sein Denken und sein Handeln regelmäßig Rechenschaft ablegt, um seine Unzulänglichkeiten, Schwächen und Irrtümer zu erkennen; wenn er seine Einbildung und Selbstgefälligkeit rücksichtslos und entschlossen bekämpft und vorbehaltlos nach ihrer Überwindung trachtet, dann steht es durchaus in seiner Macht, sich zu einem bescheidenen Menschen zu erziehen. — Ein wahrhaft bescheidener Mensch wird sich ferner bedingungslos, loyal, tatkräftig und voll Begeisterung für die Sache der Partei, des Volkes und des Kollektivs einsetzen. Er prahlt nicht mit seiner Arbeit; er arbeitet nicht um der Belohnung willen, um äußeren Ruhm zu ernten oder selbstsüchtige Wünsche zu befriedigen. Seine Arbeit gilt von ganzem Herzen dem Glück und den Interessen des Volkes. Aus diesem Grund ist er immer in harte Arbeit zum Wohl der Partei und des Volkes vergraben, ohne einen Gedanken an seine eigene Auszeichnung, seine Position, seinen Ruf oder sein Gehalt zu verschwenden. Anderen gegenüber brüstet er sich nicht mit seinen Taten, ja er gestattet sich derartige Gedanken nicht einmal insgeheim. Er denkt nur daran, wie er dem Volke noch besser dienen kann."

Kurzum: „China ist, wie ein Witzbold bereits vor mir bemerkte, ein wahrer Pfuhl von Tugendhaftigkeit" — heißt es bei Edgar Snow; er spricht auch vom „Ton treuherziger Pfadfindertugendlehre", ja von einer „Pfadfinderwelt", und erinnert sich heiter daran, wie er einst in Yenan die Mitglieder des Politbüros dadurch korrumpierte, daß er ihnen das Pokern beibrachte. Vielleicht hängt es damit zusammen, daß man heute allenthalben auf alte wie junge Kartenspieler trifft. Im übrigen scheint es eigentlich nur noch zwei öffentlich tolerierte „Laster" zu geben: Chinesen sind oft sehr starke Raucher; dagegen konnte der Große Vorsitzende wohl nichts einwenden, weil er selbst zu ihnen gehörte. Und im Straßenverkehr gewinnt man manchmal den Eindruck, es sei die einzige wirklich gültige Verkehrsregel, daß man unbedingt gehupt haben müsse, bevor man jemanden überfährt.

Doch im Ernst: Die sozialistische Tugendlehre und die ständig propagierte „Massenlinie" haben zum Ziel, die Erstarrung in Herrschaftshochmut und Untertänigkeit aufzuheben, die in China eine so alte und feste Tradition hatte, beziehungsweise ihr Wiederaufleben in Gestalt einer „neuen Klasse" zu verhindern. In solcher Perspektive erweist sich auch die „Große Proletarische Kulturrevolution" der sechziger Jahre als verständlich und folgerichtig: als radikaler, um nicht zu sagen verzweifelter Versuch, Verkrustungen der Partei-und Funktionärshierarchien aufzuhalten oder aufzubrechen.

VI. Systemsteuerung, Motivationen und Sanktionen

Wenn auf die Selbstlosigkeit, auf das richtige, nicht hierarchische, sondern egalitäre Bewußtsein des einzelnen in seinem Verhältnis zu anderen es entscheidend ankommt, dann ergeben sich schwierige Fragen: Wie wird das „richtige Bewußtsein" über den bloßen Appell hinaus eigentlich erzeugt und gesichert? Wie wird gesamtgesellschaftlich und politisch „das System" gesteuert? Welche Motivationen und Sanktionen gibt es?

Im Osten wie im Westen — hier verstanden als Sowjetunion und Osteuropa einerseits, Westeuropa und Nordamerika andererseits — verläßt man sich wesentlich auf das Prinzip der individuellen Interessiertheit, auf den Wunsch des einzelnen nach Aufstieg, Ansehen, Einkommenssteigerung. (Daher erweist es sich hier wie dort als schwierig, mit Dissidenten und Außenseitern fertig zu werden, die dieser konkurrenzbestimmten „ Interessiertheit" im Ernst sich entziehen.)'Es geht um je spezifische, grundsätzlich individuelle Chancen und Gefährdungen entweder im Rahmen einer bürokratischen Hierarchie oder einer Ordnung, deren zentrale Institution der Markt ist. Bürokratie oder Markt steuern die Bedürfnisse und ihre prinzipiell dosierte, durch Knappheit der verfügbaren Güter nicht nur vorläufig gekennzeichnete, sondern auf sie angewiesene Befriedigung: Wirklicher Überfluß müßte die stillschweigend vorausgesetzte Hierarchie und mit ihr Motivationen und Sanktionen zerstören, weil dann die Statussymbole des abgestuften Ansehens, einschließlich ihrer Verdinglichung in den Gütern des demonstrativen Verbrauchs, zu nichts mehr taugen würden.

Politisch gesprochen handelt es sich entweder um das Entscheidungsmonopol an der Spitze der bürokratischen Zentralverwaltung, das als Spitze der Parteiorganisation sich zugleich durch den Monopolanspruch auf Wahrheitsfindung und Wahrheitsverwaltung — einschließlich der Findung und Verwaltung der „wahren" Bedürfnisse aller — legitimiert.

Oder es handelt sich um ein Konkurrenz-System der Parteien, das sich an marktanaloger Nachfrage — mittels quantifizierender Wahl-verfahren — orientiert und legitimiert. Das äußerste Sanktionsmittel ist der Tod — herbeigeführt entweder durch den Scharfrichter oder, als „bürgerlicher Tod", durch den Konkursrichter beziehungsweise den Gerichtsvollzieher. Natürlich bleibt eine solche Schematisierung grobschlächtig. Teilweise erweist sie sich sogar als irreführend; es gibt dort zum mindesten Teilmärkte, wie es hier monopolistische Strukturen gibt. Bei näherer Betrachtung wird überdies sichtbar, daß kein System ohne geschichtlich begründete „Ideen", ohne Wert-setzungen auskommt. Bedeutsam ist jedoch die Tatsache, daß alle Begriffe, die sich aus einer ost-westlichen Systemanalyse ableiten lassen, sei es in noch so weit fortschreitender Differenzierung, kaum „greifen", sich als unzulänglich erweisen, sobald es sich um die Beschreibung der chinesischen Realität handelt: Die alten „Ansehens “ -Hierarchien hat man vorsätzlich zerstört. Soweit sie nachwirken, wird dies als bürgerliches Klassendenken scharf verurteilt. Entsprechendes gilt für individualistische Aufstiegsmotivationen, die sichtbar werden zu lassen sie schon ihrer Frustration ausliefern heißt. Ohnehin werden sie praktisch durchkreuzt; Konkurrenz im Rahmen formalisierter Ausleseverfahren spielt allenfalls eine Nebenrolle; der Mittelschulabsolvent muß aufs Land — und ob er je zurückkehrt, bleibt ungewiß. Der Student sagt: „Ich gehe, wohin die Partei. mich schickt." Das mag Glaubensbekenntnis sein oder nicht, in jedem Falle ist es harte Realität. Die Volkskommune kann man im Regelfall nicht verlassen, den Betrieb nicht nach Wunsch wechseln. Zwar gibt es Gehaltsstufen und Einkommensunterschiede. Aber ihre Bedeutung wird dadurch stark gemindert, daß die Grundbedürfnisse preiswert durch alle befriedigt werden können, während gehobene Konsumgüter extrem teuer sind, sofern es sie überhaupt gibt, überdies mangelt es an Statussymbolen, und der demonstrative Verbrauch als Zeichen des Arriviertseins wird mißbilligt. Kurzum: Im Kern bleibt das richtige Bewußtsein im Rahmen sozialistischer Tugendhaftigkeit. Wie aber — fragt ungläubig der materialistische Europäer — läßt sich dergleichen mobilisieren, motivieren und sanktionieren? Die Schwierigkeit, auf der der Gebrauch uns gewohnter Kategorien stößt, läßt sich noch durch einen Vergleich anschaulich machen.

Vieles im heutigen China erinnert an die Lehren Rousseaus: der Moralismus, der Nachdruck auf Erziehung und Gleichheit, die Hochachtung des rustikal-einfachen Lebens wie die Verurteilung von Selbstsucht und Luxus. Rousseau erkannte, daß unter den Bedingungen des fortgeschrittenen, aufgeklärten Europa mit der Verwirklichung — genauer:

Bewahrung — seiner Ideale nicht mehr zu rechnen war. Seine Nachfolger jedoch, die zur Tat drängten, sahen sich stets mit der Konsequenz konfrontiert, die zuerst und am genauesten Robespierre gezogen hat „Wir wollen in unserem Lande den Egoismus durch die Moral ersetzen ... Da die Seele der Republik die Tugend, die Gleichheit ist, und euer Ziel, die Republik zu begründen, zu festigen, resultiert daraus, daß eure oberste politische Richtschnur sein muß, alle eure Verrichtungen auf die Erhaltung der Gleichheit und auf die breite Entfaltung der Tugend abzustimmen." Aber wie kann man solch ein rousseauisti-sches — oder maoistisches — Programm ausführen, wie zu ihm im letzten motivieren? Robespierre weiß es: „Wenn die Triebkraft der Volksbewegung in Friedenszeiten die Tugend ist, so ist die Triebkraft der Volksregierung in Zeiten der Revolution zugleich Tugend und Terror: die Tugend, ohne die der Terror unheilvoll ist, der Terror, ohne den die Tugend machtlos ist. Der Terror ist nichts anderes als das schlagfertige, unerbittliche, unbeugsame Recht, er ist somit eine Emanation der Tugend; er ist weniger ein besonderes Prinzip, als ein Produkt des allgemeinen Prinzips der Demokratie, das auf die dringlichsten Angelegenheiten des Vaterlandes angewendet wird . .. Die Menschheitsbedrücker bestrafen ist Milde; ihnen verzeihen ist Unmenschlichkeit. Die Härte des Tyrannen hat zum Prinzip nichts anderes als die Härte; die der republikanischen Regierung leitet sich aus der Menschlichkeit her." Je mehr Tugend, desto mehr Terror. Wo es um das Menschheitsheil schlechthin geht, so Robespierre, ist es nicht nur gerechtfertigt, sondern geboten, den Scharfrichter in Bewegung zu setzen. Doch in China verhält es sich offenbar anders. Man kann auf den Scharfrichter verzichten, weil — zum mindesten im Regel-fälle — Motivationen und Sanktionen der sozialistischen Tugendhaftigkeit sich tatsächlich als wirksam erweisen. Die einschlägigen Berichte, zum Extrem getrieben in den Jahren der Kulturrevolution, sind unzählbar — und wir reagieren auf sie mit jenem Unverständnis, das sich im Gelächter entlädt: «Als wir am Wutaiberg angelangt waren, wütete dort ein Schneesturm, und die Leute sagten, daß wir unmöglich hinüber könnten. Aber unser Wille war eisern. Wir hielten die . Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung‘ in die Höhe und riefen gegen die Bergwand, während der Sturm um unsere Köpfe heulte: „Seid entschlossen, fürchtet keine Opfer und überwindet alle Schwierigkeiten, um den Sieg zu erringen.'So zogen wir im Wintersturm über den Berg und kamen in die Provinz Hopei." Indessen verbirgt sich sogar hinter dem Extrem oder der Karikatur noch die Provokation durch die Norm; es bleibt die Frage nach der Wirksamkeit der Steuerungsmechanismen.

VII. Individuum und Gruppe

Es liegt nahe, auf die ständigen Mobilisierungs-und Berichtigungskampagnen zu verweisen. China, im Frühjahr 1976: Bei jeder Besichtigung, in jedem Gespräch hören wir vom Kampf gegen den »Wind von rechts", den es entschlossen auszufechten gilt und dessen „negativer Held“ der soeben gestürzte Teng Hsiao-p’ing ist. In einem Kindergarten lesen wir den weisen Spruch: „Wir unterstützen die Beschlüsse des Zentralkomitees!" Die singen Kinder Lieder gegen „Wind den von rechts"; die Schüler, die Arbeiter in den Fabriken verfassen entsprechende Wandzeitungen. China, im Frühjahr 1977: Nun gelten, unter der weisen Führung des neuen Vorsitzenden Hua, die Lieder und die Wandzeitungen dem Kampf gegen die „Viererbande"; als neuer, das heißt dem Vergessen neu entrissener positiver Held steht der Mustersoldat Lei Feng auf der Bühne: Modell sozialistischer Tugendhaftigkeit. In seinen schwarzen Stunden fragt sich der westliche Beobachter unwillkürlich, ob es sich nicht — bis in die Details der optimistischen Bilder hinein — um ein Gegenstück zur kapitalistischen Werbung handelt, welche Glück verspricht, sofern man nur die richtige Kaufentscheidung trifft. Wie immer: Die Kampagnen erscheinen als sinnvoll, sofern es im Sinne der Lehren Maos darum geht, das Bewußtsein der Massen zu erreichen, statt bloß zu befehlen und — nötigenfalls — zu exekutieren. Wo es ums überzeugen geht, darf man nicht „kurzen Prozeß" machen, sondern man muß ebenso geduldig wie beharrlich vorgehen und dabei Verzögerungen, ja sogar die Unruhen, von denen immer wieder berichtet wird, in Kauf nehmen.

Indessen wird mit solcher Einsicht das Problem nur verschoben. Müssen die ständigen Kampagnen mit ihren manchmal jähen Wendungen auf die Dauer nicht abstumpfen und hinter Lippenbekenntnissen Apathie und Zynismus wachsen lassen? Müssen sie nicht zu jener Art von Entfremdung führen, die Klaus Studenten Mehnert einst sowjetischen unterstellte, wenn er sagte, sie paukten die Mehrwertlehre von Marx wie französische Vokabeln?

Vielleicht hilft es weiter, wenn man das Verhältnis des einzelnen zur Gruppe überdenkt. In der europäischen Geistes-und Sozialgeschichte ist dieses Verhältnis zugunsten eines prinzipiellen Vorrangs des Individuums vor seiner Gruppenbindung entschieden worden. Christentum, Renaissance, Reformation, Rationalismus und Aufklärung haben zu diesem Ergebnis beigetragen. In der Städtekultur als Keimzelle der bürgerlichen Gesellschaft und Wirtschaft wird der Sachverhalt zur Praxis. Seither stützt sich die neuzeitlich-europäische Dynamik progressiver Weltbemächtigung ideell wie materiell entscheidend auf das Prinzip der individuellen Interessiertheit.

In China hat es eine vergleichbare Entwicklung nie gegeben. Immer galt der essentielle Vorrang der Gruppe vor dem Individuum. Er schien nur im Jahrhundert des Zerfalls unter westlichem Einfluß seiner Auflösung zuzutrei-* ben. Die Erinnerung daran signalisiert: Demütigung, Ausbeutung und Verelendung, Schutzlosigkeit, Verlust aller Geborgenheit. Deshalb stellt sich, verständlich genug, in chinesischer Sicht Individualismus heute als Merkmal des Bösen und Gefährlichen schlechthin, das heißt des Klassenfeindes dar. Mit einiger Zuspitzung könnte man sagen, daß die Übernahme und assimilierende Umformung westlicher Ideen in der Gestalt des Marxismus entscheidend dazu gedient hat, den individualistisch zersetzenden Einfluß des Westens abzuwehren. So gesehen kommt dem chinesischen Marxismus geradezu eine restaurative Funktion zu — ähnlich wie in Japan die technische Verwestlichung im Zeitalter der Meiji-Reformen den konservativen. Sinn hatte, die Überfremdung durch den Westen abzuwehren. Anders freilich als in China blieb in Japan das Gruppendenken in feudalistischen Vorstellungen befangen und an Hierarchie gekettet; daher erzeugt fortschreitende Verwestlichung auch der Lebensformen gesellschaftlich wie psychisch schwere Spannungen: Das Individuum findet sich gleichsam auf die Folter gespannt zwischen seinem Drang nach Emanzipation und der überdauernden Gruppenbindung, die unter anderem den modernen Industriebetrieb zur neuen Form der Feudalfamilie überhöht hat.

In bezug auf die fundamentale westlich-japanische Differenz hat man von „Schuldkultur“ und „Schamkultur“ gesprochen Das Erlebnis der Schuld isoliert und individualisiert. Es wirft den einzelnen auf sich selbst in seinem abgründigen und unmittelbaren Verhältnis zu Gott oder zu anderen Instanzen der Wahrheit und des Rechts zurück. Scham dagegen „sozialisiert"; sie verweist auf die anderen, auf die Gruppe, der man zugehört. Das unterschiedliche Gewicht von Schuld und von Scham gilt aber im Verhältnis des Westens nicht nur zu Japan, sondern zu allen ostasiatischen Kulturen, die wesentlich von China her geprägt wurden.

Es kann in solcher Perspektive kaum überraschen, daß vieles, was uns als „kommuni*stisch erscheint, um den einzelnen an die Gruppe zu schmieden, etwa die ständig praktizierte Formel „Einheit — Kritik und Selbstkritik — Einheit", in Wahrheit altes Kulturerbe darstellt: „Das öffentliche Bekenntnis der Sünde gehörte bei den Gläubigen, die sich um Chang (Tao) -ling, den Gründer der taoistisehen Kirche, scharten, zur Hauptvoraussetzung für die Erlösung von Krankheit und Übel, und sie wurde bei ihm zu einer festen Einrichtung ebenso wie bei Chang Lu, dem Gründer des Staates der , Fünf-Scheffel-Reis-Taoisten'. Die Beichten und Selbstbekenntnisse, die aber gerade nicht heimlich, sondern sehr öffentlich vor sich gingen, wurden in Volksbewegungen seither immer wieder als das stärkste Mittel eingeführt, um die selbstische Hybris des einzelnen zu unterdrücken und ihm das Gefühl zu bewahren, daß er nicht mehr sei als ein Glied der Gemeinschaft."

Was das Verhältnis des einzelnen zur Gruppe betrifft, sieht es im Konfuzianismus ganz ähnlich aus; Bauer spricht, indem er einen konfuzianischen Text interpretiert, vom „total in die Gesellschaft eingebundenen Glücksbegriff, der weder dem Individuum, noch auch (was wichtig ist) dem Universum ein Eigenleben ließ" Hieran hat sich bis heute nichts geändert. Kuo Mo-jo, der Gelehrte und Dichter, seit 1949 Präsident der Akademie der Wissenschaften in Peking, sagte einem ausländischen Besucher: „Für die Chinesen ist es das größte Glück, beisammen zu sein." Die Formel „Einheit — Kritik und Selbstkritik — Einheit" enthüllt damit ihre tiefere sozialpsychologische Bedeutung: Das Glück der Einheit zerbricht an den selbstsüchtigen Regungen des einzelnen; aber im Durchgang durch das reinigende Unglück der Entzweiung wird es wiederhergestellt; es wird dialektisch in dem dreifachen Sinne „aufgehoben", den Hegel dem Begriff gegeben hat: zugleich zerstört, bewahrt und auf eine neue, höhere Stufe gehoben. Es ist mithin so erstaunlich nicht, wie es unserer „Logik" sich darstellt, wenn den Kampagnen, die kritisieren, verdammen, degradieren und abtrennen, dann doch wieder die Rehabilitierung folgt. „Wenn man sich aufrichtig ändert, heißen einen alle willkommen, dann können wir uns wieder mit ihm solidarisieren", sagt Mao

Es versteht sich, daß der Bereich dessen, was der „öffentlichen“ Aufmerksamkeit und nötigenfalls der kritisch-selbstkritischen Diskussion bedarf, um die Gruppeneinheit zu bewahren oder zu erneuern, sehr groß, ja praktisch umfassend ist. Die für eine individualistische Gesellschaft kennzeichnende Polarisierung von Öffentlichkeit und Privatheit existiert nicht: „Angelegenheiten der Moral oder der politischen Einstellung, die man in den Vereinigten Staaten als rein individuelle Probleme betrachtet, die niemand anders als den Betroffenen selbst angehen, werden in China als lebenswichtig für die Gemeinschaft angesehen und somit öffentlich diskutiert." Gerade am Bereich des „Persönlichen" und „Intimen" wird dies besonders deutlich, wie zwei Beispiele demonstrieren mögen:

Im Jahre 1950 wurde in China ein neues Eherecht verabschiedet, das zum großen Teil aus Scheidungsbestimmungen besteht. Der Stoß richtete sich gegen die „Feudalfamilie", in der oft schon Kinder durch die Eltern im übergeordneten Familieninteresse verheiratet wurden. Inzwischen besteht dieses Eherecht unverändert fort, aber praktisch erweist sich die Scheidung als äußerst schwierig. Verwandte und Nachbarn bestürmen die Scheidungswilligen; der Fall wird in den Betrieben diskutiert, in denen sie arbeiten, und in den kommunalen Einheiten, denen sie zugehören. Hält man das alles durch, macht der Richter wahrscheinlich einen Einigungsvorschlag, und die Prozedur beginnt von neuem. Kein Wunder, daß — wie man uns versicherte — die Scheidungsrate heute „äußerst gering“ ist.

Ähnlich geht es bei der Geburtenplanung zu. Der folgende Bericht stammt aus einer Zeit, in der die Geburtenplanung noch längst nicht mit jener Intensität betrieben wurde, die sie heute erreicht hat: „In manchen kinderreichen Familien wollen die Frauen eine Geburtenbeschränkung, aber die Männer sind dagegen. In einer solchen Familie sagt der Mann: . Hier bei uns soll keine Familienplanung betrieben werden!'Dann gehen wir zu ihm hin, und wir Frauen reden ein vernünftiges Wort mit ihm . .. Meist antwortet er dann schließlich: Wenn es nicht das ganze Leben lang so bleiben soll, mag es ja angehen. Wenn sie aber mit ihrer Geburtenregelung immer so weitermacht, bin ich nicht einverstanden. ’ In solchen Fällen geht es gut, und sie verzichten dann im allgemeinen auf weitere Kinder. Aber in anderen Fällen sagt der Mann nur: , Nein!'Dann bearbeiten wir Frauen ihn jeden Tag, bis er mit der Geburtenregelung einverstanden ist. Es ist noch nie vorgekommen, daß ein Mann nicht zuletzt doch nachgegeben hat, wenn wir mit ihm gesprochen haben."

Zusammengefaßt: „Die Überredung funktioniert perfekt: das Individuum wird von allen Seiten belagert, es hat keinen Ausweg als den Beitritt, keinen anderen Trost als den Enthusiasmus." Gegen autoritären Befehl und „Druck von oben" kann man sich — wie jeder ehemalige Soldat aus Erfahrung weiß — wenigstens durch unauffällige Passivität zur Wehr setzen, schwerlich jedoch gegen den genossenschaftlichen, den kameradschaftlichen „Druck von der Seite". Um wieviel mehr als in unserem Erfahrungshorizont aber gilt dies in einer Gesellschaft, in der der Vorrang der Gruppe vor dem Individuum unvordenklich zur Tradition gehört und in der das Beisammensein mit „richtigem Bewußtsein“ und mit Glück identisch ist, während der Ausschluß das „falsche Bewußtsein", das Unglück, den sozialen Tod bezeichnet!

Die kommunistische Revolution hat die alten Steuerungsmechanismen, Motivationen und Sanktionen der Gruppenbindung „umfunktioniert"; sie hat sie vom Clan, der Großfamilie verlagert auf die moderne Familie, die sich in ihre Nachbarschaft eingebettet sieht, ferner — und vor allem — auf die Gruppen, die miteinander arbeiten und lernen und die eben damit — mehr noch im Vollzug des Miteinander als in dessen variablem Inhalt — ihr „politisches Bewußtsein" entwickeln und festigen. Die Kommunisten haben nur — aber dieses „nur" macht einen Unterschied ums Ganze, macht die Revolution aus — die „vertikale", hierarchische Gruppenbindung durch die „horizontale", die der Gleichheit ersetzt; die sozialistische Umgestaltung der Eigentums-und Arbeitsverhältnisse bildet hierfür das praktische Fundament. Die Gruppenbindung als solche ist dabei jedoch nicht abgeschwächt, sondern im Gegenteil noch verstärkt worden.

Was schließlich die großen Kampagnen der Massenmobilisierung und Kritik angeht, die unsere Aufmerksamkeit fesseln, so sind sie nicht bloß ein Reflex von Machtkämpfen und Führungsauseinandersetzungen um die „richtige Linie". Sie sind vor allem auch ein Mittel, um über die Gruppen den einzelnen um so wirksamer zu erreichen: nicht herrschaftlich durch den Befehl, sondern »sozialistisch'im richtigen oder jeweils berichtigten Bewußtsein. Was dabei im Vergleich zu einer rein bürokratisch-autoritären Amtshierarchie an Geschwindigkeit und vordergründiger Reibungslosigkeit der Befehlsdurchsetzung verloren geht, wird im Ergebnis durch die Nachhaltigkeit des Mobilisierungseffekts vielfach wettgemacht.

Gegen Mißverständnisse sei betont: Es gibt selten reine Typen, fast immer Mischungsverhältnisse. Auch in Europa gründet sich Selbstbewußtsein nicht nur auf das „Ansehen", das im individuellen Wettkampf errungen wird; es gibt Solidarität, die Achtung und Anerkennung des anderen in seiner Gleichrangigkeit. Andererseits fehlt in China das Prinzip der materiellen Interessiertheit keineswegs. Sogar Mao Tse-tung hat anerkannt, daß es „ein wichtiges Prinzip" sei; er übt heftige Kritik nur, wenn es „einseitig und absolut" gesetzt wird und für „den geistigen Ansporn auf dem Gebiet des politischen Den-kens" kein Platz bleibt. Auf die Rangordnung, auf die Verteilung der Gewichte kommt es an, nicht auf Ausschließlichkeitsverhältnisse.

VIII. Gedanken über Freiheit

Die Bedeutung der Gruppenbindung in China provoziert die Frage nach dem Preis, der dafür zu zahlen ist: nach den „Kosten“ besonders im Sinne der Aufopferung individueller Freiheit. Dies meint nicht jene Art von Polemik, welche „Freiheit!" nur ruft, um anderes vergessen zu machen. Mit Recht sagt Ross Terrill: „Ich kann nicht die kommunistische Revolution in China verurteilen und dennoch behaupten, mein Mitgefühl gelte den Armen, Kranken und Mißhandelten." Ohnehin wäre an den Satz zu erinnern, den John F. Kennedy bei seinem Amtsantritt als Präsident der Vereinigten Staaten prägte: „Wenn eine freie Gesellschaft den vielen nicht helfen kann, die arm sind, wird sie niemals die wenigen retten, die reich sind.“ Aber wenn man nach Motivationen fragt, ist es nicht nur legitim, sondern notwendig, zugleich die Frage nach der Achtung oder Mißachtung der Produktivkrait der Freiheit zu stellen. Zunächst ist zu sagen, daß China einen Freiheitsbegriff, wie er in Europa entwickelt wurde, nie gekannt hat. Schon Max Weber fiel auf, daß es im alten China für Freiheit im positiven Sinne kein Wort und kein Zeichen gab „Freiheit" besaß vielmehr den negativen Beigeschmack von Zügellosigkeit und Entartung Daran hat sich wenig geändert. Bei dem angeblich „bürgerlichen" Vater des modernen China, bei Sun Yat-sen, heißt es: „Seitdem diese (westliche) Idee der Freiheit in China eingedrungen ist, gelang es bis jetzt nur Gelehrten durch lange Nachforschungen, sie zu verstehen. Wenn wir mit einem Bauern über Freiheit reden, mit einem Mann auf der Straße, dann hat er keine Ahnung, was man meint, Freiheit hat nur für denjenigen Bedeutung, der im Ausland studiert hat, oder vielleicht noch für jene, die sich für die europäische oder amerikanische Außenpolitik interessieren und dieses Wort ständig hören und lesen. Aber auch sie wissen im Grunde nicht, was das ist, Freiheit." Folgerichtig fegt Sun Yat-sen den Begriff beiseite und ersetzt ihn durch die nationale Gleichberechtigung: „Um die Fremdherrschaft zu brechen, muß die Freiheit jedes einzelnen vernichtet werden. Wenn wir diesen Begriff der Freiheit auf das Individuum anwenden, werden wir wieder zerstreute Sandkörner. Man muß ihn auf die Nation ausdehnen. Das Individiuum muß seine Freiheiten opfern, während die Nation vollständige Freiheit erlangen muß." Dem Besucher der Volksrepublik fallen die Beschränkungen auf, die er — sei er sogar ein maoistischer Schwärmer •— für sich selbst kaum akzeptieren und schwerlich ertragen würde. Um nur einiges zu nennen: 1. Es gibt keine freie Wahl des Wohnortes und Arbeitsplatzes und nur geringe Chancen, später den Arbeitsplatz zu wechseln. Auf die Frage, ob man eine Volkskommune verlassen könne, war die einzige Antwort: „Wenn jun-ge Leute aus verschiedenen Volkskommunen heiraten, können sie entscheiden, in welcher der beiden Kommunen sie in der Zukunft le-ben wollen." Abgesehen davon, daß es meist schwierig sein dürfte, über die Kommune-grenzen hinweg intime Bekanntschaften zu schließen, engen praktische Probleme — etwa der Wohnraumbeschaffung — die Wahlfreiheit zusätzlich ein.

Der Zuzug in die Stadt ist ohnehin gesperrt, und Wege oder Rückwege in die Stadt eröffnen allenfalls die Nachfrage nach Arbeitskräften oder die — insgesamt seltenen — Studienmöglichkeiten. Nicht anders steht es innerhalb der Stadt: „Ich erkundigte mich bei dem Sprecher des Fabrikrevolutionsausschusses, ob ein Arbeiter nach eigener Entscheidung den Arbeitsplatz wechseln könne, aber ebensogut hätte ich fragen können, ob der Leopard seine Flecken wechseln kann. Kei-neswegs.'Man muß die Freiheit im Kollektiv finden, als Individuum kann man sie nicht erlangen." Dies ist folgerichtig, nicht bloß, weil sonst Planungen durcheinander geraten könnten, sondern weil Freizügigkeit gewähren bereits den essentiellen Vorrang der Gruppe vor dem Individuum in Frage stellen, wenn nicht zerstören hieße

2. Es gibt keine sexuelle Freiheit. Sexuelle Betätigung soll sich auf die Ehepartner beschränken. Daher erhalten nur sie Mittel zur Geburtenverhütung, wobei zugleich die Spät-ehe propagiert wird. Daß bei uns junge Leute „frei" oder „auf Probe" zusammenleben, bringt unsere Gesprächspartner aus der Fassung: „Das ist dekadent." Ähnlich ist es, nachdem wir — eigentlich zu unserer Erleichterung — im Halbdunkel der Hafenpromenade von Shanghai Liebespaare entdeckt haben. Als wir darüber berichten, greift unsere Führerin energisch ein: „Wir sind für das Natürliche!" „Aber was ist natürlich?" „Daß die jungen Leute Zurückhaltung üben, bis sie heiraten. Alles andere ist dekadent. Wir sind ein zivilisiertes Land." Wie fast immer muß man also feststellen, daß die Maßstäbe des „Natürlichen" sich als geschichtlich bedingt und als kulturell variabel erweisen. Die chinesische Zurückhaltung funktioniert jedenfalls so gut, daß — wie man uns glaubhaft versicherte — vor-und außereheliche Geburten kaum vorkommen, und bei alledem ist von Verklemmtheit und Neurotik nichts zu spüren 3. Es gibt im westlichen Sinne weder Informations-noch Meinungsfreiheit. Von den Verhältnissen außerhalb seines Landes weiß der Durchschnittschinese sehr wenig. Dabei gibt es, mindestens bei Intellektuellen, durchaus Informationsbedürfnisse. Ein Student, der uns für zwei Tage begleitet, kann gar nicht genug fragen: Wie lebt man bei euch? Wie arbeitet man, was verdient man, was kann man kaufen? Zahlt man Steuern? Kann man reisen? Und so fort und fort. Das geschah allerdings erst 1977, nachdem — im Vergleich zum Jahre 1976 — die Wandzeitungen seltener, die politischen Passagen in Reden kürzer geworden waren und insgesamt eine Atmosphäre der Entspanntheit sich durchgesetzt hatte.

Es wäre jedoch mehr noch abwegig denn verwegen, wollte man aus solchen Vorgängen auf „Liberalisierung" schließen. Man beachte zum Beispiel, wie der inzwischen gestürzten Chiang Ch'ing ihre individuellen Neigungen, ihre Gespräche mit einer Amerikanerin oder ihr Interesse an westlichen Filmen als Laster angerechnet werden! Und wer dürfte es heute in China wagen, für die Entmachtete einzutreten? Auch und gerade die Ereignisse der letzten Monate demonstrieren: „Politische Macht und Interpretationsmacht sind in China dek-kungsgleich."

Natürlich ist manches unserer Urteile über „Unfreiheit" oder gar „Unterdrückung" kaum mehr als der Ausdruck unserer Kurzsichtigkeit, ja Überheblichkeit. So hat etwa die sexuelle Prüderie gewiß auch mit dem berechtigten Stolz darauf zu tun, daß man jene schmachvolle Ausbeutung des Elends überwand, welche noch heute manche „Old China hand" bei der Erinnerung an Shanghai in Verzückung geraten läßt, überdies ist es, gelinde gesagt, unfair, Bedingungen unserer Industrie-und Konsumgesellschaft mit einem Lande zu vergleichen, das erst damit begonnen hat, sich aus seiner Armut emporzuarbeiten. Welches Maß an Toleranz und Meinungsfreiheit gab es denn im Europa des 17. Jahrhunderts? Welche Freizügigkeit für die Masse der Bevölkerung im 18. Jahrhundert? Und welche sexuelle Freiheit im viktorianischen 19. Jahrhundert, sofern man von der moralischen Doppelbödigkeit der bürgerlichen Gesellschaft — diesem Shanghai-Vorbehalt zugunsten des Mannes — einmal absieht? Aber alle Vergleiche hinken. Noch die Erinnerung an die eigene Geschichte unterstellt, beschwichtigend, unseren Maßstab als den allein gültigen: Die Chinesen, so steht zu hoffen, werden schon noch erreichen, was wir erreicht haben. Genau dies ist die Frage. Vielleicht müssen wir uns im Ernst damit abfinden, daß es unterschiedliche Perspektiven und Maßstäbe gibt und daß unsere Motivationen und unsere Produktivkräfte der „individuellen Interessiertheit" sich nicht, mindestens nicht in vergleichbarer Form, als universal gültig erweisen.

In einem Lande, daß „Freiheit" im westlichen Sinne niemals gekannt hat, hat auch die sozialistische Revolution sie weder geschaffen noch abgeschafft. Sie hat nur der alten Hoffnung auf Glück und der Geborgenheit im Kollektiv eine neue Dimension der Würde eröffnet: die Dimension der Gleichheit. Genau damit hat sie alte Motivationen und Produktiv-kräfte neu mobilisiert, und so gesehen klingt der Bericht eines angesehenen Facharztes durchaus glaubhaft, der plötzlich erkannte, daß er ein „Reaktionär" war und deshalb aufs Land ging, um ein neues Leben zu beginnen. Anfangs betrachteten ihn die Bauern als Fremden, als „Intellektuellen", nannten ihn „Alter-Geborener" und sagten „Habt Erbarmen", wenn sie behandelt werden wollten. Doch „jetzt nennen sie mich , Lao Dschang'(Alter Dschang), und wir sind gleichberechtigt. Ich bin sehr glücklich mit ihnen und fest entschlossen, mein Leben dort zu verbringen."

Solches Glück der Einordnung ist ohne das Opfer der intellektuellen Unabhängigkeit und der persönlichen Freiheit im westlichen Sinne schwerlich zu haben. Der Preis der intellektuellen Selbstbehauptung und ihrer Freiheit aber wäre die Vereinsamung, ihre Kehrseite die Entfremdung, ihr Schicksal das Unglück. Kaum anders steht es mit dem Verständnis der Wahrheit. „Der Begriff der . absoluten Wahrheit'fehlt. Wahrheit liegt für den Chinesen nicht fest wie ein geographischer Pol. Sie kann wie der magnetische wandern . .. Der Begriff der absoluten Wahrheit ist für einen Chinesen beinahe ein Widerspruch in sich selbst. .. Der Begriff der Wahrheit hat in China einen sozialen Charakter und ist sehr verschieden von dem, was wir auf Grund unserer Traditionen darunter verstehen." Darum kann man, ohne vor sich oder anderen schuldig zu werden, seine Auffassungen ändern, wenn die herrschende Meinung und die sozialen Verhältnisse sich ändern; noch einmal sei an die Unterschiede von „Schuld" -und „Scham" -Kulturen erinnert. Der Preis andererseits für das Festhalten an der absoluten Wahrheit ist entweder der Kreuzzug, den man für sie führt, oder das Martyrium.

Sollen wir nun die Chinesen darum beneiden, daß sie unseren Preis nicht zahlen, oder sie dafür verdammen, daß sie Maßstäben nicht folgen, von denen wir schwerlich lassen können, ohne der Regression und der Barbarei zu verfallen? Sollen sie uns beneiden oder verdammen? Was wir voneinander lernen können, ist wohl vor allem: daß wir darauf verzichten müssen, den anderen entweder zur eigenen Utopieprojektion zu mißbrauchen oder aber wechselseitig unerfüllbare Ansprüche zu erheben, wenn die Menschlichkeit des Menschen in der Vielfalt ihrer Verwirklichungen nicht zerstört werden soll.

IX. Zusammenfassung und Ausblick

In China vollzog und vollzieht sich das wohl größte und erregendste Sozialexperiment unserer Epoche. Der Versuch, es zu verstehen, soll in vier Punkten zusammengefaßt Vier-den: 1. Im Vergleich zwischen dem Westen und China läßt sich eine andersartige Rangordnung, um nicht zu sagen ein Unterschied der primären Realitätserfahrung hinsichtlich der Bedeutung von Individuum und Gruppe erkennen. Dieser Unterschied verweist auf kulturelle und gesellschaftliche Traditionen, die von weit her kommen; seine Bedeutung greift'tiefer als der übliche Streit zwischen „Kapitalismus" und „Sozialismus". Es gehören so gesehen das „kapitalistische" Japan und das „sozialistische" China in eine Kategorie, die Sowjetunion, die Staaten Osteuropas und der „Westen" im engeren Sinne in eine andere. Entsprechend ändert auch der Marxismus seine Funktionen: In seiner ursprünglichen, westlichen Gestalt zielt er auf die volle Ent-faltung individueller Möglichkeiten, und er gewinnt seine Triebkraft aus dem Glauben, da'ß dies unter den bestehenden Verhältnissen nicht möglich sei. In China dagegen dient der Marxismus der Wiederherstellung des Vorrangs der Gruppe und der Abwehr individua-listisch-„zersetzender" Einflüsse des Westens. Die Erkenntnis der Differenzen sollte es eigentlich ausschließen, einander missionieren oder als Vorbild, gar als „Modell" deuten zu wollen. Jeder derartige Versuch müßte, wie in der Vergangenheit, nur zu Mißverständnissen, Verkrampfungen und Konflikten statt zu Verständnis und Verständigung führen. Selbst wenn man die europäische Entdeckung und Entwicklung des Individuums als der primären Realität als eine Art von geschichtlichem „Sündenfall" deuten wollte, dürfte eine Umkehr doch so wenig möglich sein, wie nach dem mythischen Sündenfall eine Rückkehr in den Garten Eden; der Preis wäre die Selbstzerstörung. Entsprechend ist der Versuch westlicher „Entwicklung" in China als Zerstörung erfahren worden; er sollte unter keinem Vorzeichen wiederholt werden.

Anders mag es aussehen, wenn man China mit Entwicklungsländern Asiens oder Afrikas vergleicht. Sofern auch dort der Vorrang der Gruppe vor dem Individuum zum Kulturerbe gehört, mag der Westen technisch-industriell etwas zu bieten haben, China indessen weit mehr im gesellschaftlich-politischen Sinne. Wie weit dies zutrifft, bedürfte freilich eigener und eingehender Untersuchungen.

2. Der Vorrang der Gruppe vor dem Individuum meint keineswegs ein gesichtsloses, automatenhaftes „Heer der blauen Ameisen". Wie es auch oder sogar gerade in einer individualistisch bestimmten Kultur Konformismus gibt — ein beherrschendes Thema seit Tocqueville —, so gibt es auch oder gerade in einer Gruppenkultur individuelle Prägungen. Chinesen haben geprägte Gesichter, unterschiedliche Temperamente, Gelehrtenhände oder Bauern-pranken, sie sind zierlich oder athletisch, schön oder häßlich; das Verhalten der Menschen wirkt so vielseitig und plastisch, so verständlich und unverständlich wie menschliches Verhalten immer und überall. Ernsthafter stellt sich die Frage, ob gemäß der sozialistischen Tugendlehre alle Selbstsucht überwunden wurde und ein „neuer Mensch" entstanden ist. Die Einsicht in die Kontinuität hinter vordergründig radikalem Wechsel sollte allerdings bereits skeptisch stimmen. Bevor man im übrigen in Spekulationen sich verliert, dürfte es angebracht sein, auf die Beobachtung einfacher Tatbestände zurückzugreifen. Zum Beispiel: Gibt es in China noch Diebstahl? Der Besucher mag dazu neigen, die Frage zu verneinen; nirgendwo sonst fühlt er sich so sicher. Sogar die Schutzkappe seines Kameraobjektivs, die er irgendwo in einer Millionenstadt verlor, taucht auf wunderbare Weise wieder auf. Sie ist freilich als ausländisches Fabrikat erkennbar, und es gibt nur ein Ausländerhotel, in dem der Verlierer sich finden muß. Zudem könnte kein Chinese mit dem ausländischen Besitz etwas anfangen, ohne aufzufallen und sich peinlichen Fragen auszusetzen.

Doch das einheimisch produzierte, millionenfach gleichförmige Fahrrad? Wie man überall sehen kann, wird es angeschlossen, sobald man es verläßt, überall gibt es auch Abstellplätze, die bewacht werden. Und der Hinweis in Gaststätten, auf die Garderobe zu achten, ist keineswegs unbekannt. So könnte man fortfahren; nicht im Gegensatz, aber doch im Unterschied zu denen, die nur „unaufhörlich von dem ruhigen, sanften und kontrollierten Verhalten der chinesischen Kinder beeindruckt" waren ist es durchaus möglich, auch aggressives Verhalten zu entdecken: Kinder, die einander wegstoßen Oder sogar schlagen: Kurzum: Statt vom „neuen Menschen" zu sprechen, läge es wohl näher, Kant zu zitieren:

„Aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden."

3. Die wirklich radikalen Veränderungen der Gesellschaft und des Bewußtseins, die in China sich vollzogen haben, lassen sich unter dem Stichwort der Egalitätsrevolution zusammenfassen. Damit wurden entscheidende Voraussetzungen für die weitere Entwicklung geschaffen, wie immer diese im einzelnen aussehen mag. Um den Sachverhalt in einem Symbol anschaulich zu machen: Aus China stammt der Begriff des Kotau. Gemeint ist die demütig tiefe Verbeugung — mehr noch: das Niederknien, Sich-Niederwerfen eines Menschen vor dem jeweils übergeordneten, Ranghöheren, bis das Gesicht den Staub zu dessen Füßen berührt. Der Kotau signalisiert also Herrschaft und Knechtschaft, Hierarchie, unvordenklich befestigt, vieldimensional: Herrschaft des Kaisers über die Untertanen, des Lehrers über seine Schüler, des Gebildeten über die Ungebildeten, des Gutsherrn, Wu-cherers, Steuereintreibers über die Bauern, des Vaters über den Sohn, des Mannes über die Frau — insgesamt des Mächtigen über die Ohnmächtigen.

Dies ist anders geworden. Der Kotau ist verschwunden. Nicht nur das: Niemand im heutigen China verbeugt sich mehr. Ein leichtes, kaum merkliches Kopfnicken allenfalls, Zeichen der Höflichkeit oder des Einverständnisses. Und der einfache Bauer, irgendwo in der Provinz, mag den Fremden herzlich, mit beiden Händen begrüßen. Doch unter gar keinen Umständen verbeugt er sich. Wo man doch einmal eine Verbeugung zu entdecken meint, etwa im weitläufigen Halbdunkel eines Hotels, stellt sich bei näherem Zusehen der Irrtum des ungeübten Betrachters heraus: Japaner.

Das Prinzip der Gleichheit schließt, natürlich, Rangstufen keineswegs aus, auch nicht Einkommensunterschiede. Entscheidend ist aber Durchbrechung uralten Barrieren die der der Verachtung des arbeitenden Menschen durch die Reichen, Gebildeten und Mächtigen, übrigens wäre in diesem Zusammenhang durchaus an „kulturrevolutionäre" Vorgänge in un-serer eigenen Sozialgeschichte zu erinnern, besonders an die Umwertung von Muße und Arbeit im radikalen Protestantismus, deren Bedeutung für den neuzeitlichen „Durchbruch" auf dem Wege zur Industriegesellschäft seit den Forschungen Max Webers bekannt ist. Für die heutige „Dritte Welt" hat vor allem Gunnar Myrdal die grundlegende Bedeutung des Gleichheitsprinzips für Gesellschaftsentwicklung und Wirtschaftswachstum untersucht und deren Blockierungen an Beispielen Südasiens dargestellt

4. „Mit den . Hundert Blumen endet die konstruktive und revolutionäre Ära Maos, und die negative, rückschrittliche Phase seines Handelns beginnt." Diese Behauptung ist unendlich variiert und wiederholt worden, besonders angesichts der „Großen Proletarisehen Kulturrevolution"; Romantik und Utopismus, so heißt es, hätten den Wirtschaftsaufbau behindert; erst heute, nach dem Tode Maos, bahne eine grundlegende Wendung zur Nüchternheit sich an.

Wie aber, muß man dagegen fragen, ist es eigentlich zu erklären, daß es ausgerechnet dem romantisch-utopistisch verirrten China in historisch kurzer Frist, aus eigener Kraft, ohne Hilfe von außen gelang, Entwicklungsprobleme zu lösen, mit denen sonst Länder der „Dritten Welt" meist vergeblich ringen? Die besserwisserische Kritik beruht im strengen Sinne auf technokratisch-ökonomistischen Vorurteilen welche die gesellschaftlich-politischen Rahmenbedingungen aus den Augen verloren haben; gerade das „Mao Tse-tung-Denken" hat die Bedingungen geschaffen, von denen aus die industrielle Entwicklung erst erfolgreich in Angriff genommen werden kann. Auf der revolutionär geschaffenen Grundlage stellen sich dann freilich neue und schwierige Probleme; es entstehen Konflikte, wie sie im Kampf zwischen der „Viererbande" und den „Gemäßigten" zutage traten. Denn es geht darum, eine höchst prekäre Balance zu finden und zu halten zwischen Planung und Spontaneität, Führung und „Massenlinie", Disziplinierung und Mobilisierung: „Ein wenig mehr Organisation, und es handelt sich um Bürokratie; ein wenig mehr Intensität, und es entsteht der übertriebene Aktivismus der Roten Garden und der . revolutionären Rebellen’. Ein wenig mehr Autorität, und der Geist, der diese Autorität rechtfertigt, wird getötet; ein wenig mehr revolutionäre Spannungen, und die Anarchie findet Eingang im täglichen Le-ben."

So dürften auch in der Zukunft Auseinandersetzungen, womöglich sogar heftige Kämpfe um die „richtige Linie" kaum ausbleiben, und im Blick auf die Zukunft bleibt im Horizont der Ungewißheit, der alle menschlichen Dinge bestimmt, vielleicht nicht mehr als eine Hoffnung. Aber doch sie: Aus Elend und Unwissenheit, aus Abhängigkeit und Demütigung hat China sich aufgerichtet. Eben damit läßt es hoffen, seine 800 oder mehr Millionen Menschen und mit ihnen Arme und Ausgebeutete dieser Welt: auf einen Ausweg aus dem Unglück und auf eine neue Würde.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Th. W. White u. A. Jacoby, Donner aus China, dt. Ausg. Stuttgart, Hamburg, Baden-Baden 1949, S. 359 u. 362.

  2. J. Myrdal, Bericht aus einem chinesischen Dorf, München 1966, S. 71.

  3. Vgl. St. R. Schram, Das politische Denken Mao Tse-tungs, München (dtv WR 4169) 1975, S. 400.

  4. A. a. O„ S. 233; den gesamten Bericht findet man in: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke, Bd. I, S. 21 ff.

  5. Schram, a. a. O., S. 339 f.

  6. Vgl. dazu Mao Tse-tung, Das machen wir anders als Moskau — Kritik an der sowjetischen Politökonomie, hrsg. v. H. Martin, Reinbek (rororo aktuell 1940) 1975.

  7. A. Peyrefitte, Wenn China sich erhebt, erzittert die Welt, Wien u. Hamburg 1974, S. 347.

  8. Peyrefitte, a. a. O., S. 257. — Zur Information über Tachai sowie andere Ereignisse, Begriffe und Parolen sei verwiesen auf das nützliche und preiswerte „Wörterbuch der chinesischen Revolution" v. P. Dittmar, Freiburg (Herderbücherei 511) 1975.

  9. Mao intern — Unveröffentlichte Schriften, Re-den und Gespräche Mao Tse-tungs 1949— 1971, hrsg. v. H. Martin, München 1974, S. 109.

  10. St. R. Schram, a. a. O., S. 297.

  11. Mao Papers, hrsg. v. J. Ch’en, München (dtv 1125) 1975, S. 73.

  12. A. a. O„ S. 107 ff.

  13. A. a. O.

  14. Im folgenden wird aus seiner berühmten Rede vom 5. Februar 1794 zitiert, in: Habt ihr eine Revolution ohne Revolution gewollt — Reden, Leipzig (Reclams Universal-Bibliothek Nr. 8370 bis 8374) o. J„ S. 318 ff.

  15. J. Myrdal, Die Revolution geht weiter — Bericht über den Fortschritt in Liu Ling, München 1971, S. 176 f.

  16. Der Sowjetmensch, Stuttgart 1958, S. 356.

  17. Vgl. R. Benedict, The Chrysanthemum and the Sword, zuerst 1946.

  18. W. Bauer, China und die Hoffnung auf Glück — Paradiese, Utopien, Idealvorstellungen in der Geistesgeschichte Chinas, München (dtv 4158) 1974, S. 210.

  19. A. a. O„ S. 292.

  20. Peyrefitte, a. a. O., S. 160.

  21. Mao intern, a. a. O., S. 154.

  22. J. Chen, Das Jahr im Dorf Glückseligkeit — Bericht eines chinesischen Intellektuellen nach der Kulturrevolution, Düsseldorf u. Köln 1974, S. 65.

  23. J. Myrdal, Bericht aus einem chinesischen Dorf, München 1966, S. 208.

  24. Peyrefitte, a. a. O., S. 252.

  25. China: 800 Millionen, München (Goldmann Politik u. Zeitgeschehen 7009) o. J., S. 26.

  26. Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Bd. I, Tübingen 1920, S. 435 f.

  27. Vgl. W. Bauer, a. a. O., S. 199 ff.

  28. Zit nach Peyrefitte, a. a. O., S-470 f.

  29. R. Terrill, a. a. O., S. 112 — Wir haben ähnliche Antworten erhalten.

  30. Im „westlichen“ Japan ist daher die berufliche Freizügigkeit kaum weniger eingeschränkt.

  31. In den Schulen werden Jungen und Mädchen keineswegs ängstlich voneinander ferngehalten, sondern im Gegenteil oft paarweise in den Bänken placiert. Wir sahen auch koedukativen Sportunterricht.

  32. O. Weggel, Formen der innerparteilichen Auseinandersetzung in der VR China, in: China aktuell, Mai 1977, S. 264.

  33. E. Snow, Die lange Revolution, Stuttgart 1973, S. 75.

  34. L. L. Matthias, China auf eigenen Wegen, Hamburg 1957, S. 128.

  35. W. Kessen (Hrsg.), Kindheit in China, München u. Wien 1976, S. 87.

  36. Vgl. Politisches Manifest über die Armut in der Welt, Frankfurt a. M. 1970; ferner: Asian Drama — An Inquiry into the Poverty of Nations, New York 1968. — Gunnar Myrdal ist nicht zu verwechseln mit seinem Sohn Jan Myrdal, der nach seiner bedeutenden Studie „Bericht aus einem chinesischen Dorf“ (München 1966) sich mehr und mehr zum kritiklosen „Maoisten" entwickelte.

  37. Eine Periode der offiziell geförderten freien Kritik, 1956/57.

  38. S. Leys, Maos neue Kleider — Hinter den Kulissen der Weltmacht China, München 1972, S. 21.

  39. Vgl. dazu G. Myrdal, a. a. O.; ferner von ihm: Das politische Element in der nationalökonomischen Doktrinbildung, Bonn-Bad Godesberg 19762.

  40. Peyrefitte, a. a. O., S. 505.

Weitere Inhalte

Christian Graf von Krock o w, Dr. phil., geb. 1927; von 1961 bis 1969 Professor für Politikwissenschaft in Göttingen, Saarbrücken und Frankfurt a. M.; seither freier Wissenschaftler und Publizist. Studienreisen u. a.: Sowjetunion, Mexiko, Japan; China 1976 und 1977. Neuere Veröffentlichungen u. a.: Mexiko — Wirtschaft, Politik, Gesellschaft, Kultur, München 1974; Reform als politisches Prinzip, München 1976. Zum Thema erscheint im Februar 1978: Harald Fischer, Christian Graf von Krockow, Hermann Schubnell, China — Das neue Selbstbewußtsein. Gesellschaft, Erziehung, Familie.