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Scientology -der geistesmagische Konzern | APuZ 41-42/1993 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 41-42/1993 Jugend und Religiosität Faszination Esoterik Moderner Okkultismus als kulturelles Phänomen unter Schülern und Erwachsenen Scientology -der geistesmagische Konzern

Scientology -der geistesmagische Konzern

Werner Thiede

/ 20 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Nicht nur den Planeten, sondern das Universum will Scientology „clearen“. In der Weltanschauung dieser selbsternannten „Kirche“ verbinden sich Science-fiction-Dimensionen mit mythologisch-gnostischen Elementen und einer technizistischen Anthropologie zu einer säkularisierten Magiegestalt mit pseudoreligiösem Charakter. Auf dem Weg zur verheißenen „totalen Freiheit“ nimmt die Organisation selbst totalitäre Züge an. Konsequent macht scientologische Ethik das Überleben auf verschiedenen Ebenen zum Maßstab ihrer sogenannten „Ethik“. Das Gewinnen von Anhängern gelingt häufig durch Anwendung von bewußtseinskontrollierenden Methoden. Dadurch erklärt sich die Bereitschaft von Mitgliedern zur Zahlung immer höherer Geldspenden“ für fragwürdige Kurse auf der Hubbardschen „Brücke“. Der von vielen Kritikern unterstrichene Aspekt eines „Wirtschaftsuntemehmens“ läßt sich mit dem der geistesmagischen Weltanschauung unter dem Stichwort vom „Magie-Konzern“ zusammenfassen.

I. Einleitung

Im Sommer 1993 meldete das scientologische Monatsjournal „The Auditor“ auf der Titelseite, die Zahl der offiziellen Dianetik-und Scientology-Organisationen, Missionen und Gruppen eingeschlossen, sei auf über eintausend angewachsen. Weltweit sei man in 79 Ländern vertreten, und wenn die Expansion so erfolgreich weitergehe, würden Scientology-Kirchen binnen 15 Jahren in jedem Land der Erde zu finden sein

Tatsächlich lautet das Ziel der Scientologen, den ganzen Planeten zu „clearen“, also im Sinne ihrer Ideologie „klarzukriegen“. Das entsprechende Fernziel schließt am Ende sogar das gesamte Universum ein -was wenig erstaunt, wenn man bedenkt, daß der Gründer von Scientology zahlreiche Science-fiction-Bände geschrieben hat. Lafayette Ronald Hubbard (1911-1986) hat gerne in kosmischen Dimensionen gedacht, und zwar nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als „Philosoph“ und „Wissenschaftler“, ja als Stifter einer „Religion der Religionen“, wie seine grandiosnarzißtischen Selbsteinschätzungen unter anderem lauten.

Apokalyptische Dimensionen lagen da nicht fern: Nicht mehr viel Erden-Zeit bleibe, so Hubbard, um sein kostbares Wissen, seine säkularisierte Gnosis zu verbreiten und dadurch den drohenden Untergang der bestehenden Zivilisation zu verhindern. Mit der Entschlossenheit einer zweifelsfreien Überzeugung hat sich der amerikanische Heilsbringer zur Rettung der Menschheit aufgemacht. Denn „eine kleine, aber vollständig organisierte Gruppe kann Milliarden desorganisierter Leute erobern“

II. „Dianetik“: Technologie für die Psyche

Die Wurzeln der Scientology Church liegen im Magischen. Nicht von ungefähr rückt Hubbard seine eigene Biographie in ein entsprechendes Licht: Schon in Kindheits-und Jugendjahren will er Kontakte zu authentischen Vertretern magischer Weltanschauungen gehabt haben. Seine schriftstellerischen Frühwerke führen direkt in die Welt des Okkulten. Später, als Mittdreißiger, findet man ihn in Kontakt mit dem Magier und NASA-Forscher Jack Parsons. Der experimentierte damals im kalifornischen Hauptquartier des „Ordo Templi Orientis“ (O. T. O.) und stand als dessen Großmeister qua Amt mit dem berühmten Satanisten Aliester Crowley in Verbindung. Wie Crowleys Biograph vermerkt, erwarb Hubbard während jener Zeit „in aller Stille durch Crowleys Schriften jene magischen Geheimnisse, die ihm wenige Jahre später halfen, seine berühmte Scientology Kirche zu gründen“

Läßt sich Magie als das Bestreben definieren, durch letztlich geistige Kräfte sich selbst und seine Welt zunehmend kontrollieren zu können, so verwundert es nicht, daß Hubbard sich frühzeitig dem Studium der geistigen Kräfte verschrieb. Nach dem Zweiten Weltkrieg experimentierte er ausgiebig auf dem Feld der Hypnose. Zugleich konstruierte er ein technizistisches Menschenbild, das die Kontrollfähigkeit bzw. Kontrollierbarkeit des menschlichen Geistes implizierte Aus dieser Arbeit entwickelte sich eine Studie, die Hubbard 1950 erstmals im führenden Science-fiction-Magazin seiner Zeit („Astounding Science Fiction“) publizierte: „Dianetik“.

Der Titel „Dianetics“ ist ein aus dem Griechischen hergeleitetes Kunstwort und bedeutet soviel wie „durch den Geist“. Schnell wurde aus der Studie Hubbards Buch „Dianetik -die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit“. Der „Dianetik“ -Autor geht in seiner selbstgezimmerten Psychotherapie-Variante von dem Gedanken aus, daß die Evolution im Laufe der Zeit mit dem Gehirn des Menschen eigentlich einen vollkommenen Computer mit grandiosen analytischen Fähigkeiten zu-wege gebracht haben müßte. Daher auch die bekannte Scientology-Werbung mit dem angeblichen Zitat von Albert Einstein: „Wir nutzen nur 10 % unseres geistigen Potentials.“ Hubbard fragt, warum das Gehirn nur so mangelhaft funktioniere, daß kein Mensch perfekt genannt werden könne.

Die Gehimforschung hält es für unangemessen, das Gehirn als Computer mit zielgerichtetem Fluß aufeinanderfolgender Informationen zu beschreiben. Nach Hubbards pseudowissenschaftlicher Theorie aber liegt praktisch eine Art Computer vor, dessen offenkundige Mangelhaftigkeit er beheben zu können vorgibt. Glaubhaft sollen die perfekten Möglichkeiten des Geistes durch die Behauptung gemacht werden, es gehe lediglich um die „Wiederherstellung“ des „Grundgehims“ im Menschen. Dieses will der Dianetik-Autor durch Hypnose-Experimente entdeckt haben. Er erklärt: „Soll ein Computer rationale Antworten geben, so kann er nur nach dem Prinzip der Selbstbestimmung gebaut werden. Drückt man bei einer Rechenmaschine ständig die Sieben herunter, so gibt sie falsche Antworten. Der Einbau von starren und nicht in Frage zu stellenden Antworten in einen Menschen wird ihn dazu bringen, falsche Antworten zu liefern. Das Überleben hängt von richtigen Antworten ab. Engramme dringen aus der Außenwelt in die verborgenen Nischen unterhalb des rationalen Denkens ein und verhindern vernünftige Antworten.“

Mit Engrammen meint die Dianetik vollständige, filmähnliche Aufzeichnungen aller Wahrnehmungen, die während der Zeit einer teilweisen oder vollständigen „Bewußtlosigkeit“, verbunden mit körperlichem oder emotionalem Schmerz, gemacht worden sein sollen. Sie befinden sich nach Hubbards „Entdeckungen“ in einer eigenen „Datenbank“, der Bank des von Hubbard sogenannten „reaktiven Mind“ (das englische Substantiv bedeutet „Verstand“) und sind in sich -im Unterschied zur rational arbeitenden Standard-Bank des „analytischen Mind“ -stupide, suggestiv wirkende Elemente. Ihre Gefährlichkeit liegt im wesentlichen darin, daß sie stark genug sind, die analytische Maschinerie ganz oder teilweise auszuschalten. Der reaktive, nämlich nach dem simplen Muster von Reiz und Reaktion funktionierende „Mind“ benutzt sie, steuert damit den Menschen und verursacht so psychosomatische und Geisteskrankheiten. Prinzipiell kommt der „reaktive Mind“ immer dann zum Zuge, wenn der „analytische Mind“ ausgeschaltet ist: „Der Analysator läßt wie jede gute Maschine seine Sicherungen durchbrennen, wenn sein empfindlicher Mechanismus in Gefahr ist, durch Überbelastung zerstört zu werden.“ In der Folge agiert gemäß Hubbards Theorie die reaktive Bank, die man sich quasi „mit rotem Signallicht“ ausgestattet vorzustellen hat, als „Notfall-Bank“, deren Einspringen eigentlich dem Überleben dienen soll, faktisch aber störenden Einfluß ausübt.

Kein Mensch sei frei von diesen unter anderem beim Geburtserlebnis entstehenden Engrammen, versichert Hubbard. Ihn davon zu befreien, also den Menschen „clear“ (klar, geklärt) zu machen, sei der Sinn der dianetischen Methode. Der „Clear“ bestehe nur noch aus seinem rational und fehlerfrei arbeitenden „Computer“. „Sein Unbewußtes ist weg, und er ist voll da und fähig“, erläutert 1966 der Scientology-Chef in einem gefilmten Interview, das mittlerweile als Video-Cassette zu haben ist. Es kommt demnach nur darauf an, die reaktive Bank zu entleeren.

Das geschehe durch einen Prozeß, den Hubbard „Auditing“ genannt hat (von dem lateinischen Verb audire = hören). Der „Pre-Clear“ (NochNicht-Clear) wird in Auditing-Sitzungen dazu angehalten, die „Engramme“ auf der Zeitspur seines Lebens wieder und wieder zu durchlaufen und dadurch zu verarbeiten oder ihnen gegenüber abzustumpfen. Allerdings versteht Hubbard den Gesamtvorgang weniger psychologisch als integrierende Leistung der Seele, sondern vielmehr „materialistisch“: Gibt er doch vor, entdeckt zu haben, daß geistige Energie lediglich eine feinere physikalische Energie auf höherem Niveau darstelle. Eine These, die im Kontext seines Wirklichkeitsverständnisses allerdings an theosophische Weltanschauungen erinnert.

Konkret denkt sich Hubbard die Entleerung des reaktiven Geistes nun in der Tat als elektrisch-energetische Entladung. Von daher muß man den Einsatz jenes kurz E-Meter genannen „Elektropsychometers“ im scientologischen Auditing-Verfahren verstehen. Die Bilder im „Mind“ haben nach Hubbards Überzeugung Masse und elektrische Ladung. Wenn der „Pre-Clear“ ein Geschehnis erneut durchlebt oder einen Teil des „reaktiven Mind“ verlagert, bewegt und verändert er demnach geistige Masse und Energie. Scientologen glauben allen Ernstes, daß derlei Veränderungen im „Mind“ des „Pre-Clear“ die winzige Strömung elektrischer Energie, die vom E-Meter-Gerät erzeugt wird, beeinflussen und so die Bewegung der Meßnadel verursachen. Geist gilt somit als meßund kontrollierbar. Eine Botschaft, die in unserem naturwissenschaftlich-technischen Zeitalter all jenen plausibel erscheinen kann, denen die Tiefen eines relegiösen Menschenbildes abhanden gekommen sind.

III. „Scientology“: Rückweg ins Übermenschliche

Was der Begriff „Scientology“ überhaupt bedeutet, das scheinen Scientologen selber nicht genau zu wissen. Die Auskunft der Organisation lautet: „Wissen, wie man weiß“; zugrunde lägen das lateinische Verb „scire“ (wissen) und das griechische Substantiv „logos“ (Wort, Lehre). Doch ersteres ist ungenau, hat nur die Wurzel im Blick. Exakter wäre die Ableitung von dem lateinischen Substantiv „scientia“ (Wissenschaft), woraus auf den -von Hubbard durchaus erhobenen -Anspruch zu schließen wäre, es mit einer Art „Wissenschaft der Wissenschaft“ zu tun zu haben.

Zwar hat es der Schöpfer dieses Wortes tatsächlich so gedacht. Daß er jedoch nicht L. Ron Hubbard, sondern Anastasius Nordenholz hieß und mit dem Wort „Scientologie“ bereits 1934 einen Buchtitel schmückte, wird von den Scientologen verdrängt. Was der Begriff in Hubbards System umschließt, läßt sich jedenfalls kaum kurz und bündig sagen. Ein ehemaliger Scientologe höheren Grades, der Amerikaner Robert Kaufman, hat am Anfang seines Buches „Übermenschen unter uns“ betont: „Wenn mich jemand fragt: , Was ist Scientology? , dann muß ich ihm sagen, daß es mindestens eine Stunde dauert, um eine angemessene Definition zu geben... Um ein genaues Bild der Bewegung zu zeichnen, müßte man Bände schreiben, eine halbe Armee von Schreibern, Rechercheuren und ehemaligen Scientologen beschäftigen.“ Was wäre demnach erst heutzutage zu leisten, da die Geschichte der Organisation doppelt so lange Zeit umfaßt wie damals!

Hubbards Befreiungsprogramm war seit den dianetischen Anfängen das eines Ingenieurs: „Die Grundbehauptung war, daß der menschliche Sinn ein technisches Problem sei und daß alles Wissen einem technischen Ansatz nachgeben würde.“ Nicht von ungefähr versteht sich Scientology bis heute als „Technologie“! Zugleich aber sieht sie sich als „religiöse Philosophie“. Wie kam es zu dieser Wende ins „Religiöse“?

Als nach einigen Monaten offizieller dianetischer Praxis während der Aufarbeitung vorgeburtlicher Engramme bei einigen Klienten Elemente aus „früheren Leben“ auftauchten, sah der esoterisch bewanderte Hubbard keinerlei Anlaß, dieser Dimension zu wehren. Er nahm den Verlust einiger auf Seriosität bedachter Mitarbeiter in Kauf und trat 1952 mit seinem erweiterten „religiös-philosophischen“ Konzept namens „Scientology“ hervor, dem erst einige Jahre später das Gewand einer „Church“ übergeworfen wurde.

Präexistenz, Reinkamation und Unsterblichkeit der Seele gelten im Rahmen der scientologischen Weltanschauung ebenso als bewiesen wie die magisch-wunderbaren Fähigkeiten dieser befreiten „Grundnatur“. Das Ich des Menschen wird nun nicht mehr nur als „Monitor“ innerhalb des „analytischen Verstands“ angesehen, sondern als der eigentliche Geisteskern, der sich nur auf seinen göttlichen Urständ zurückbesinnen muß. Hubbard nennt ihn „Thetan“ und faßt ihn in merkwürdiger Mischung von Abstraktheit und Konkretheit als „die Person selbst“ auf. Diese „des Bewußtseins bewußte Einheit“ agiert Hubbard zufolge von Urzeiten her im Interesse ihrer Selbstverwirklichung, welche denn auch in der scientologischen Werbung mit Begriffen wie „Fähigkeitsverbesserung“, „Glücklichsein“ und „Befreiung“ bis hin zur „völligen Freiheit“ angesagt ist. Der Thetan wohnt in einem irdischen Körper, an den er jedoch nicht gebunden ist: Er kann „exteriorisieren“, d. h. sich von ihm lösen und ihn von außen dirigieren. Während sich der „Clear“ -Zustand nur auf die Befreiung von Engrammen des jetzigen Lebens bezieht, hat es der Thetan mit seinen „früheren Leben“ zu tun, die sich über Billionen von Jahren erstrecken.

In der Rolle eines „Operating-Thetan“ (OT) -diese Super-Grade wurden seit Mitte der sechziger Jahre entworfen und stufenweise „freigegeben“ (1988 zuletzt OT VIII) -soll er fähig werden, nicht nur sich selbst, sondern seine Umwelt wie überhaupt Raum, Materie, Energie und Zeit zu kontrollieren. Hubbards Befreiungsweg führt also „heraus aus dem Zustand, menschlich zu sein“ und hinein in „göttliche“, quasireligiöse Gefilde. Das weltanschauliche System trägt zwar unverkennbar gnostische Züge. Und doch ist es vom wirklich religiösen Bezug auf eine letzte, allumfassende Transzendenz merkwürdig abgekoppelt -gemäß Hubbards axiomatischer Grundthese, Absoluta seien unerreichbar. Das leitende Interesse richtet sich auf den geistigen Kern in den Menschen, der sich angeblich als abstraktes Subjekt isolieren läßt und ursprünglich die Fähigkeit besessen haben soll, Universen zu erschaffen und zu vernichten Dieser Thetan ist gemäß Hubbards Metaphysik namenlos und steht eigentlich außerhalb von Raum und Zeit, kann sich aber spielerisch in die materiellen Weltstrukturen hineinbegeben und dabei in Fallen geraten. „Wenn sich ein Individuum, das viele interessante Wirkungen erleben möchte, entschließt, sich in viele Universen oder Fallen zu begeben, kann es über das, was es tut, wer es ist oder worum es sich überhaupt dreht, in Verwirrung geraten.“ So erläutert es Hubbard in seinem Buch „Scientology -Die Grundlagen des Denkens“, in dem er dank seiner Entdeckungen dem in die Fallen der Existenz geratenen Wesen zu helfen verheißt: „Gibt man ihm die richtige Führung, kann er jederzeit jede Falle verlassen, in die er geraten ist.“

In diesem Sinn stellt sich die Scientology Church als gnostisierende Erlösungsreligion dar. Und doch handelt es sich um keine echte Religion, der es um wahre Freiheit ginge. Daß das von Scientology unredlicherweise in Aussicht gestellte Ziel der „totalen Freiheit“ im Grunde ein „unglücklicher Zustand des absoluten Nichts“ wäre, hat Hubbard in dem genannten Buch bereits philosophisch erkannt. Tatsächlich definiert er in dem aus nur zwei Sätzen bestehenden 10. Kapitel das „Ziel der Scientology“ unterhalb des Levels eines authentisch religiösen Anspruchs: „Es ist nicht das Ziel der Scientology, alles Existierende aufzulösen oder das Individuum von allen Fallen, die es überall gibt, zu befreien. Das Ziel der Scientology ist vielmehr, ein Individuum zu befähigen, mit seinen Mitmenschen ein besseres Leben nach eigener Vorstellung führen und ein besseres Spiel spielen zu können.“ Somit ist Scientology keine Religion. Vielmehr läßt sich das eigenartige Gesamtphänomen als eine Art „Geistesmagie“ begreifen, nämlich als eine auf geistige Kontrolle aller Realität gerichtete Weltanschauung.

IV. „Ethik“: Überleben als Leitmotiv

Im spielerischen Kampf des in die Materiewelt verstrickten Geistes gelten dem Geistesmagier Hubbard zufolge Gesetze, die er durchschaut und enthüllt hat. Sie bündeln sich in dem Axiom, daß „Überleben und nur Überleben“ das dynamische Ziel des thetanischen Lebensprinzips sei. Daraus folgt als logische Grundthese: „Der Wert eines Datums oder Datengebietes kann durch das Ausmaß festgestellt werden, in dem es das Überleben fördert oder das Überleben behindert.“ So erklärt sich die rabiate Ausrichtung der scientologischen Ethik.

L. Ron Hubbard definiert: „Ethisches Verhalten ist das Überleben.“ Oder noch kürzer: „Ethik ist also Überleben.“ Der hier so betonte Begriff des „Über-lebens“ darf nicht etwa verwechselt werden mit dem Begriff der Entfaltung des Lebens, wie ihn die humanistische Ethik propagiert. Er ist vielmehr der nicht auf den modernen Stand gebrachten Evolutionslehre Darwins entlehnt und hängt insofern mit der Formel vom „Kampf ums Dasein“ zusammen, der sich auf verschiedenen Ebenen des Daseins abspielt. Bezogen auf die Ebene der „Gruppe“ kann Hubbard daher sozialdarwinistisch formulieren, Ethik sei „diejenige Sektion der Organisation, deren Funktion darin besteht, Gegenabsichten aus der Umgebung zu entfernen. Wenn man das erreicht hat, wird der Zweck, Fremdabsichten aus der Umgebung zu entfernen.“

Derlei Ethik-Bestimmungen wirken sich zum einen dahingehend aus, daß ein Leistungsdenken mit faschistoiden Zügen um sich greifen kann. O-Ton Hubbard: „Die Planung für Scientology ist so angelegt, daß die Fähigen fähiger gemacht werden, während die Unfähigen vorerst sich selbst überlassen bleiben, bis wir richtige Anstalten für sie gebaut haben. Wenn wir das machen, wachsen wir. Wenn wir, wie das einige unkluge Leute tun, uns die Unfähigen, die Hilflosen und die Zurückgebliebenen aufhalsen, werden wir nicht in der Lage sein, schnell genug hoch genug voranzuschreiten.“

Zum anderen wird auf der Basis derartiger Ethik-Prinzipien der sogenannte „Anti-Scientologe“ -als Gegner einer Gruppe, welche die eine, wirklich funktionierende Ethik zu besitzen meint -pauschal zur „antisozialen“ Persönlichkeit erklärt. Wer soge-nannte „unterdrückerische Handlungen“ begeht, nämlich Scientology wissentlich behindert, gilt als „Schwerverbrecher“. Aus der Annahme heraus, daß die Polizei sich um solch böse Unterdrücker nicht in gebührender Weise kümmern werde, hat Hubbard selber dafür gesorgt, daß Kritiker seiner Organisation unter Druck kommen können. Seine Ethik des Überlebensdrangs geht sozialdarwinistisch von dem Grundsatz aus: „Das Leben blutet. Es leidet. Es hungert. Und solange nicht ein goldenes Zeitalter kommt, muß es das Recht haben, seine Feinde abzuschießen.“

Da die Scientology Church für das Leben im Sinne von „Überleben“ eintritt, nimmt sie sich „ethisch“ das Recht heraus, ihre Feinde wirksam zu bekämpfen. Im Rahmen einer Tabelle scientologischer Ethik-Zustände hat Hubbard auch den „Ethik-Zustand des Feindes “ definiert: „Eine Person, die in den Ethik-Zustand des Feindes zurückgestuft worden ist, gilt als vogelfrei: man darf ihm Eigentum abnehmen, ihn in jeder Weise verletzen... Man darf ihm Streiche spielen, ihn verklagen, ihn belügen oder ihn vernichten.“ Diese als „Fair Game“ bezeichnete Regel hat so schlechte Public Relations erzeugt, daß Hubbard sie nicht aufrechterhalten, sondern per Policy-Letter eingestellt hat

In Kraft geblieben ist jedenfalls der scientologische Ehren-Kodex von 1952, in dem es heißt: „Fürchte nie, einen anderen in einer gerechten Sache zu verletzen.“ Diese gefährliche, weil den Begriff der gerechten Sache verdächtig offenlassende Regel für das Individuum findet in der Anwendung auf die Gruppe folgende Ausgestaltung: „Schieben Sie immer Macht in die Richtung eines jeden, von dessen Macht Sie abhängen, sei es in Form von mehr Geld für die Machtperson oder größeren Erleichterungen oder einer flammenden Verteidigung der Machtperson gegenüber einem Kritiker. Es kann sogar darin bestehen, daß einer seine Feinde in der Dunkelheit dumpf aufs Straßenpflaster klatscht oder das ganze feindliche Lager als Geburtstagsüberraschung in riesigen Flammen aufgeht.“

Derlei Sätze haben in einer „Ethik“, die vom Überlebensprinzip der Gruppe als Richtschnur ausgeht, eine fatale Logik. Dasselbe gilt für Hubbards perfide Anweisungen, wie man innerhalb der Gruppe mit Personen umzugehen habe, die eine „potentielle Schwierigkeitsquelle“ darstellen. Als solch eine PTS („Potential Trouble Source“) gelten Personen, die in ihren Kursen Auf-und-Ab-Phänomene zeigen, sich also verbessern und wieder verschlechtern. Den Grund dafür suchen Scientologen nicht im unfehlbaren System Hubbards, sondern in noch bestehenden Kontakten des Betreffenden zu Verwandten oder Freunden, die kritisch, sozusagen „unterdrückerisch“ gegenüber Scientology eingestellt sind. Hubbard ist sicher: „Besonders bei Prozessen unterer Stufen und auch auf den Power-Prozessen wird die potentielle Schwierigkeitsquelle (die Person, die mit einem Unterdrücker in Verbindung steht) während des Auditings zusammenklappen.“ Ganz abgesehen davon, daß hier ein ebenso pauschaler wie durchsichtiger Erklärungsweg für Fälle gefunden wird, in denen Anfänger in Scientology-Kursen psychisch zusammenbrechen, hat Hubbards Ethik faktisch schon für viele Menschen zu Trennungsbefehlen von Verwandten und Freunden geführt

Es sei noch auf die Verankerung solchen Denkens in der Biographie Hubbards hingewiesen. Wie der Scientology-Gründer von sich selbst berichtet, ging er als Schulanfänger immer einen sehr gefährlichen Weg zur Schule: Dort gab es nämlich fünf ältere Knaben, die kleinere Kinder gern verprügelten. Der junge Ronald lebte damals als Einzelkind auf einer Farm bei seinem Großvater, welcher ihm nun eilends den „Holzfäller-Kampfstil“ beibrachte. Mit dieser judo-ähnlichen „Technologie“ ausgerüstet, knüpfte sich Ron die beiden jüngsten Feinde erfolgreich einzeln vor. Er berichtet weiter: „Dann kletterte ich eines Tages auf einen etwa drei Meter hohen Bretterzaun, wartete, bis der zwölfjährige Kindertyrann vorbeikam, und sprang in voller Ausrüstung auf ihn -nachdem sich der Staub gelegt hatte, war diese Gegend für jedes Kind darin sicher. So lernte ich etwas über Recht.“

Hubbard hat seine totalitär ausgerichtete „Ethik“ mit ihren kriminogenen Zügen erst über ein Jahrzehnt nach Grundlegung der scientologischen Weltanschauung entwickelt -dann allerdings konsequent! Das thetanische Spiel des Überlebens gestaltet sich ihm als titanischer Kampf, in dem gehandelt wird unter der Maxime aus dem scientologischen Ehren-Kodex: „Bedaure nie, was gestern war.“ Folgerichtig nimmt seine Organisation zunehmend totalitären Charakter an: Effektive Kontrolle nach innen wie nach außen erstrebt nicht nur der einzelne, sondern die „Gruppe“.

V. „Befreiung“: Methoden der Bewußtseinskontrolle

In einem Policy-Letter vom 7. Februar 1965 hatte L. Ron Hubbard formuliert: „Schauen Sie sich einmal an, wie wir selbst von den Medien der , öffentlichen Meinung* angegriffen werden. Und doch gibt es keine ethischere Gruppe auf diesem Planeten als uns.“ Die Kritik der öffentlichen Meinung an der geistesmagischen Ethik und Dogmatik der Scientology Church ist also um Jahre älter als die von Beginn der siebziger Jahre an währende Ansässigkeit dieser selbsternannten Kirche in der Bundesrepublik Deutschland! Das zu sehen ist wichtig angesichts der im Februar 1993 international verbreiteten Scientology-Broschüre mit dem Titel „Haß und Propaganda“, die unterstellt, daß hierzulande eine Religion verfolgt werde wie seinerzeit die Juden im Dritten Reich. Allein schon der Umstand, daß diese Hetzschrift in Deutschland verteilt werden durfte, beweist im übrigen zur Genüge das Gegenteil.

Die breite Kritik der öffentlichen Medien in unserem Land und anderswo richtet sich häufig gegen die scientologischen Methoden des „Seelenfangs“. Vieles spricht dafür, daß hier Menschen immer wieder in psychische Unfreiheit, ja Abhängigkeit gebracht werden. Gerade in jener Zeit, als Hubbard mit den Vorarbeiten zu seiner „Dianetik“ begann, erschien in den USA Kurt Lewins Buch „Frontiers in Group Dynamics“ (1947), das altbekannte Methoden wissenschaftlich durchleuchtete und erkennen ließ: Bewußtseinskontrolle als subtiler Prozeß setzt ein (ähnlich wie die gewaltsame Gehirnwäsche) mit der weitgehenden Destabilisierung einer Person, die dann indoktriniert und schließlich als veränderte Persönlichkeit aufgebaut werden kann Schon die unteren Begegnungsformen und Kurse bei Scientology, aber auch spätere Prozesse deuten bei näherer Analyse darauf hin, daß hier Formen von Bewußtseinskontrolle (Mind Control) zur Anwendung kommen.

So fällt schon bei dem sogenannten „kostenlosen Persönlichkeitstest“ auf, daß er als Mittel der Destabilisierung von Personen eingesetzt wird, die als Verunsicherte dann mit den scientologischen Verheißungen konfrontiert werden. Wer sich einmal auf das Angebot des Tests eingelassen hat, befindet sich bereits unter Kontrolle: Er muß tun, was verlangt wird, nämlich 200 zum Teil intime, für die Organisation interessante Fragen beantworten und sich einem Auswertungsgespräch unterziehen, dessen Zweck er gar nicht angemessen einschätzen kann. Im Programm-Hinweis auf den „Prominententest“ einer Fernsehsendung hieß es einmal lakonisch, daß „das Ergebnis so vorhersehbar sein dürfte wie bei einem Test der Scientology Church: Der Kandidat bedarf dringend der Behandlung.“ Tatsächlich kommen beim Auswertungsgespräch planvolle Steuermechanismen zum Zuge. Die Handhabung der Kundschaft ist eingeübt Test-und Auswertungsbogen sind so aufgebaut, daß „Ruinpunkte“ absichtlich konstruiert und dabei -verkaufspsychologisch geschickt -von einigen „Streicheleinheiten“ zwischendurch gemildert wer-den. Das Ziel besteht im Verkauf von Büchern oder ersten Kursen, insbesondere des sogenannten „Kommunikationskurses“, der für wenige hundert Mark angeboten wird.

Dieser „Kommunikationskurs“ dient im Endeffekt wohl weniger der verbesserten Kommunikation mit „normalen“ Mitmenschen als vielmehr der Kommunikation mit der Gruppe und ihrem Denken. Bezeichnenderweise enthält er ein suggestivhypnotisches Trainings-Element, das auf seine Weise zur effektiven Destabilisierung der Person beiträgt. Eine der Kurs-Übungen besteht nämlich darin, in einem Meter Abstand vor einem anderen Menschen zu sitzen und ihm längere Zeit ununterbrochen in die Augen zu schauen. Ablenken, weglaufen, verhandeln oder angreifen gilt nicht. Diese ungewohnte Streß-Situation führt auf die Dauer zu biochemischen Reaktionen, die sozusagen den „Geist“ aufweichen. „Durch Adrenalin sind Sinneswahmehmungen und das Abrufen sozialer Erfahrungen teilweise blockiert, Morphin sorgt für ein überirdisches Glücksgefühl, und dabei kommt es zu einem gewissen Maß an . Enthemmung 4 in moralischer und sozialer Hinsicht. Das alte Norm-und Wertesystem ist blockiert oder außer Kraft gesetzt, ein neues Wertesystem kann installiert werden. Dies ist . Gehirnwäsche 4.“ Solches Konfrontations-Training hat in konkreten Fällen schon zu optischen Halluzinationen sowie zu Derealisations-und Depersonalisationsvorgängen geführt, wie sie bei exogenen und endogenen Psychosen auftreten. Der methodisch herbeigeführte Reiz-entzug ist dem unter Hypnose üblichen ähnlich.

Daß auch während der oben bereits angesprochenen Auditing-Sitzungen hypnotische Elemente zum Tragen kommen, haben Experten mehrfach betont während Scientology selbst dies vehement bestreitet. Da das griechische Wort „hypnos“ Schlaf heißt, drehte Hubbard in dem Bewußtsein, daß „Hypnose und Geisteskrankheit irgendwie miteinander identisch sind“ den Spieß geradezu herum und äußerte 1966 die Ansicht, daß die hypnotisierte Menschheit durch das von ihm entwikkelte Auditing-Verfahren „aufgeweckt“ werden sollte. Der erwähnte Ex-Scientologe Kaufman erinnert sich: „So sehr hatte man uns in den Agenturen und Orgs eingehämmert, daß das Auditieren vor allem darauf abzielte, den Zustand des Hypnotisiertseins zu beseitigen, in dem wir uns angeblich befanden, daß jeder Scientologe den Verdacht weit von sich gewiesen hätte, er werde hypnotisiert, und zwar von der ersten Sekunde an... Daß man die Menschen dazu bringen konnte, sich gegenseitig zu hypnotisieren, ohne daß sie es merkten -ein unglaublicher Gedanke!“ Hubbards irreführende Interpretation besagt, beim Auditing spiele nicht Hypnose, sondern „Reverie“ eine Rolle. Der Unterschied ist nun allerdings genauso groß wie der zwischen Schlaf und Traum.

Wer hinreichend Erfahrungen mit derlei Formen von Bewußtseinskontrolle gemacht hat, wird Hubbards Aussage mit anderen Ohren hören: „Der Auditor sollte sich nicht wundem, wenn für den „Pre-Clear“ große Teile seiner Umwelt zu verschwinden beginnen. Das ist ganz normal.“ Weltanschaulich folgt daraus ein regressives Realitätsverständnis: „Alle Dinge entsprechen nichts anderem als den Betrachtungen, die man über sie anstellt.“

Auf Bewußtseinskontrolle zielt nicht zuletzt der organisationstypische Sprach]argon. Hubbard hat alles getan, um eine originelle Gruppensprache mit zahlreichen Fachtermini und willkürlich (um-) definierten Wörtern zu entwickeln. Statt zum Leben in der Welt fähig zu machen, droht diese Sondersprache ihre Anwender in sektiererische Distanz zur normalen Lebenswirklichkeit zu befördern. Damit entsteht in der Organisation eine eigene suggestive Binnenatmosphäre des Denkens, die auf Geborgenheit suchende Mitglieder vielfach wohltuend wirkt, während sie kritischen Überlegungen nicht eben förderlich ist.

Einleitende Bewußtseinskontrolle begegnet uns schließlich auch in dem sogenannten „Reinigungsprogramm“, das seit den achtziger Jahren von Scientology-Organisationen angeboten wird. Mittels Bewegung, extrem langen Saunagängen und spezifischen Gaben von Nikotinsäure, Vitamin-und Mineralstoffen plus Speiseöl soll der „PreClear“ auf körperlich-materieller Ebene von chemischen Giften, namentlich Drogen-Substanzen, befreit werden. Medizinischer Effekt wird nicht eigentlich erstrebt, wohl aber physische wie geistige Veränderung! Hubbard informiert unumwunden darüber, „daß Leute, während sie das Programm machten, berichteten, daß sie verschiedene der Wirkungen von früher genommenen Drogen, Arzneien, Alkohol oder anderen Anregungs-oder Beruhigungsmitteln erneut erlebten -einschließlich vollständiger Drogen-, Trips“ Ärztlich lassen sich derlei Erfahrungen auch anders deuten, nämlich als Folgen von Reizentzug, Sauerstoff-mangelusw. Der Ex-Scientologe Potthoff weiß: „Es kommt zu akuten Vergiftungen, bis schließlich ein Zustand erreicht wird, in dem , alles egalist... Das Endphänomen? Ein Mensch, dem es nichts mehr ausmacht, gequält zu werden, der seine Peiniger »Freundenennt, und die Freunde, die ihn vor Schaden bewahren wollen, . Unterdrücker der wahren Freiheit und der Menschheit.“

VI. Magie, Geld und Macht

Der Reinigungs-Rundown kostet bereits mehrere tausend Mark -und versteht sich nur als erster Schritt auf dem langen und kostspieligen Weg zur „totalen Freiheit“! Enorme Geldbeträge werden als „Spende“ deklariert und in den vermeintlichen Erwerb gottähnlicher Eigenschaften investiert. Kein Wunder, daß viele Kritiker die Scientology „Kirche“ am liebsten als „Konzern“, als Wirtschafts-Multi einstufen. Und dies um so mehr, als Scientology sich neben der „Church“ mittlerweile eine massive Entfaltung auf wirtschaftlichem Gebiet leistet (vor allem unter Führung des „World Institute of Scientology Enterprises“ = WISE). Der Hamburger „Church“ hat das zuständige Oberverwaltungsgericht im Juni 1993 letztinstanzlich auferlegt, den Verkauf von Büchern, E-Metem und Kursen als Gewerbe anzumelden. Zugleich hat das Gericht betont, daß damit die Frage nicht habe beantwortet werden müssen, ob Scientology als Religions-bzw. Weltanschauungsgemeinschaft einzustufen sei. Tatsächlich wird bei der „Konzem“ -These oft eines übersehen: Den Religionsstatus kann man dieser Organisation mit guten Gründen absprechen, doch dann bleibt allemal eine Weltanschauung geistesmagischer Natur, in deren eigenartigem Wesen es liegt, immens nach Macht und Geld zu streben. Bei Scientology hat sich aufgrund der Weltanschauung das pekuniäre Interesse in einem Ausmaß dynamisiert, daß hier faktisch weniger eine Organisation der Pflege ihrer pseudoreligiösen Weltanschauung als vielmehr das Weltanschauliche der Pflege der auf Macht-und Geldzuwachs versessenen Organisation dient! Ob Scientology unter den Schutz des Art. 4 GG fällt, ist bislang in keiner höchstrichterlichen Entscheidung geklärt worden. Aber ein entsprechendes Urteil könnte angesichts der angesprochenen Gewichtsverteilung durchaus dahingehend ausfallen, daß die „ideellen“ Ziele dieser pseudoreligiösen Organisation lediglich der Verbrämung markanter wirtschaftlicher Interessen dienen -womit der Schutz des Art. 4 GG entfallen würde.

Fussnoten

Fußnoten

  1. The Auditor Worldwide, Nr. 267. Nach dem Buch „What is Scientology? The Comprehensive Reference on the World’s Fastest Growing Religion“, 1992, S. 456, wurde diese Zahl schon 1992 erreicht.

  2. Das Wort „Gnosis“ (griech. „Erkenntnis“) bezeichnet religionswissenschaftlich eine mystisch-mythologische Strömung vor allem der Spätantike, umschreibt aber nach Peter Sloterdijk überhaupt „einen Typus logischer und seelischer Experimente an der Grenze der Welt... Als Kritik der hypnotischen Macht von Welt implizierte Gnosis die erste große Psychotherapeutik“. Peter Sloterdijk/Thomas H. Macho (Hrsg.), Weltrevolution der Seele, Bd. 1, Zürich 1991, S. 27, 46.

  3. L. Ron Hubbard, Das Handbuch für den ehrenamtlichen Geistlichen, Kopenhagen 1980, S. 285.

  4. John Symonds, The Great Beast -The Life and the Magic of Aliester Crowley, Frogmore 1973, S. 448. Vgl. auch Werner Thiede, Überleben ohne Lüge? Zum Programm von Scientology, in: Evangelische Kommentare, (1991) % S. 13-15.

  5. Vgl. Hans Michael Baumgartner, Scientology in der Kritik. Zur Anthropologie und Ethik einer inhumanen Praxis, in: ders. (Hrsg.), Verführung statt Erleuchtung, Düsseldorf 1993, S. 90-126.

  6. Zum Stichwort vgl. Hans-Jürgen Ruppert, Theosophie -unterwegs zum okkulten Übermenschen, Konstanz 1993.

  7. Reinhart Hummel, Der Tod ist eine technische Angelegenheit. L. Ron Hubbards scientologische Reinkamationsvorstellung, in: Materialdienst der EZW, 54 (1991) 11, S. 322-330.

  8. Vgl. L. Ron Hubbard, Fachwortsammlung für Dianetics und Scientology, Kopenhagen 1977, S. 98.

  9. Werner Thiede, Scientology -Religion oder Geistes-magie?, (R A T. Bd. 1), Konstanz 1992.

  10. L. Ron Hubbard, Einführung in die Ethik der Scientology, Kopenhagen 1989, S. 20 und 23.

  11. Ebd., S. 153.

  12. Zitiert nach dem scientologischen „FSM Neswletter“, (1992) 3.

  13. L. R. Hubbard (Anm. 10), S. 265.

  14. Vgl. Friedrich-Wilhelm Haack, Scientology -Magie des 20. Jahrhunderts, München 1982, S. 224. Die Illustrierte „Stern“ hat in einem Schwerpunktbeitrag mit dem Titel „Scientology -die Macht des Kraken“, Nr. 9/1993, S. 111 ff., das betreffende Zitat Hubbards, nicht aber dessen Rücknahme gebracht.

  15. L. R. Hubbard (Anm. 10), S. 270f.

  16. Ebd., S. 154.

  17. Vgl. H. M. Baumgartner (Anm. 5), S. 103ff.; Friederike Valentin, Die Ethik von Scientology, in: dies. /Horand Knaup (Hrsg.), Scientology -der Griff nach Geld und Macht, Freiburg 1992, S. 70 ff.

  18. L. Ron Hubbard, Scientology 0-8, Kopenhagen 1990, S. 255.

  19. Vgl. Steven Hassan, Ausbruch aus dem Bann der Sekten. Psychologische Beratung für Betroffene und Angehörige, Reinbek 1993.

  20. In: DER SPIEGEL, Nr. 29/1991, S. 196.

  21. Entlarvende Dokumente bei F. -W. Haack (Anm. 14), S. 99-101.

  22. Norbert Potthoff, Scientology Analyse, Krefeld 19933, S. 56.

  23. Ausführlich W. Thiede (Anm. 9), S. 47 ff.

  24. L. Ron Hubbard, Dianetics -Die Entwicklung einer Wissenschaft, Kopenhagen 1974, S. 32.

  25. Robert Kaufman, Übermenschen unter uns, Frankfurt a. M. 1972, S. 247f.

  26. L. Ron Hubbard, Scientology -Grundlagen des Denkens, Kopenhagen 19794, S. 117.

  27. Ebd., S. 123.

  28. L. Ron Hubbard, Reiner Körper -klares Denken, Kopenhagen 1990, S. 34 und 222ff.

  29. N. Potthoff (Anm. 22), S. 60. Vgl. auch W. Thiede (Anm. 9), S. 78ff.

Weitere Inhalte

Werner Thiede, Dr. theol., geb. 1955; Studium der evangelischen Theologie; seit 1991 wissenschaftlicher Referent bei der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Stuttgart. Veröffentlichungen u. a.: Das verheißene Lachen. Humor in theologischer Perspektive, Göttingen 1986/Turin 1989; Auferstehung der Toten -Hoffnung ohne Attraktivität? Grundstrukturen christlicher Heilserwartung und ihre verkannte religionsdidaktische Relevanz, Göttingen 1991; Scientology -Religion oder Geistesmagie?, Konstanz 1992.