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Nr. 25 | APuZ 20/1963 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 20/1963 Friedensbestrebungen und Revolutionierungsversuche. IV. Bethmann Hollwegs Kriegszielpolitik V. .. und die Septemberdenkschrift VI. Sonderfrieden mit Frankreich? VII. Eine Führungskrise VIII. Kronprinz Wilhelm, Tirpitz und der Kanzler Anhang. Nr 22 Nr. 23 Nr. 24 Nr. 25 Nr. 26 Nr. 27 Nr. 27 a Nr. 28 Nr. 29

Nr. 25

AA, Deutschland 128 Nr. 1 Der Reichskanzler an das Auswärtige Amt (Entzifferung)

Gr Hauptquartiert den 5. Januar 1915 7 Uhr 50 Min.

Ankunft 9 Uhr 15 Min. AS 48 Nr. 4 Bitte mit geheimem Chiffrierverfahren Rom telegraphieren:

Ganz geheim.

Nach Ew Durchlaucht Berichten versteifen sich Italiener auf Erwerb des Trento und drohen andernfalls Österreich in den Rücken zu fallen. Trotz bereits früher erfolgter Ablehnung und persönlicher Verstimmung Kaiser Franz Joseph s sind wir bereit, nochmals außerordentlichen Schritt in Wien zu tun. Doch ist wenig Aussicht auf mehr Erfolg, falls Italien Gebiet mit Neutralität und ohne jede Gegenleistung erkaufen will. Rechtstitel „Kompensation" wird Italien nicht anführen können, da Österreich bei heutiger Kriegslage kaum auf Gebietserweiterung rechnen kann. Neutralitätsbruch gegen Österreich würde flagrante Bündnisverletzung darstellen. Erfolg in Wien wäre vielleicht eher zu erzielen, wenn Italien irgendwelche Gegenleistung gewährte.sei es durch direkte Teilnahme am Kriege auf unserer Seite, sei es dadurch, daß es durch Drohung mit Eingreifen Frankreich zum Frieden zwänge. An Zertrümmerung Frankreichs haben wir kein Interesse und könnten ihm ehrenvollen Frieden gegen entsprechende Kriegsentsc " digung und Abtretung eines Teils seiner Kolonien „Congo" gewähren. Bei Absplitterung Frankreichs würden wir Krieg gegen Rußland und England mit sicherem Sieg beenden können. Es wäre dann relative Schwächung Frankreichs, ein Damm der slawischen Gefahr und Erschütterung englischer Weltherrschaft erreicht Dieses Ergebnis würde auch Italiens Interessen entsprechen, zumal Österreich, wie es auch kommen mag, geschwächt aus dem Kriege hervorgehen wird. Italiens Mittelmeerstellung würde erstarken. Wenn Italien auf diese Weise entscheidend eingriffe, würde es eine große weltpolitische Rolle spielen, den Frieden herstellen helfen und auch seiner Erpresserpolitik ein ehrbares Mäntelchen umhängen. Zudem wäre Gefahr vermieden, daß — bei Gebietsabtretung an Italien ohne Gegenleistung — auch Rumänien Forderungen an Österreich stellt.

Erbitte zunächst Ew. Durchlaucht rein persönliche Ansicht mittels Drahtberichts.

Bethmann Hollweg

Fussnoten

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