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Nr. 29 | APuZ 20/1963 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 20/1963 Friedensbestrebungen und Revolutionierungsversuche. IV. Bethmann Hollwegs Kriegszielpolitik V. .. und die Septemberdenkschrift VI. Sonderfrieden mit Frankreich? VII. Eine Führungskrise VIII. Kronprinz Wilhelm, Tirpitz und der Kanzler Anhang. Nr 22 Nr. 23 Nr. 24 Nr. 25 Nr. 26 Nr. 27 Nr. 27 a Nr. 28 Nr. 29

Nr. 29

.) daß der Kaiser ganz einseitig und sehr unvollständig von der Gegenpartei Lyncker — Falkenhayn unterrichtet war und ganz unter deren Einfluß stand;

2 .) daß an eine Rückberufung des Generals von Moltke, der von der Gegenpartei bei S. M.

offenbar stark angeschwärzt war, nicht zu denken sei;

3 .) daß das Oberkommando Ost bei ihm sehr in Ungnade gefallen war; das so überaus gnädige Handschreiben von S. M., das den Feldmarschall zum Nachgeben veranlaßt hatte, war eitel Lug und Trug und Heuchelei, nur bestimmt, den Feldmarschall einzuseiten. In Wahrheit tobte S. M. vor Wut gegen den Feldmarschall.

Im Besitz Prinz Ludwigs v. Hessen Wolfsgarten Kronprinz Wilhelm an Großherzog Ernst-Ludwig von Hessen 1)

(Brief eigenh.)

Stenay, 6. Februar 1915 Lieber Onkel Erni.

Verzeih wenn ich Dich in einer Sache behellige. Ich bin der Ansicht, daß es unbedingt nötig ist mit Rußland zu einem Sonderfrieden zu kommen. Erstens ist es zu dumm, daß wir uns gegenseitig zerfleischen bloß damit England im Trüben fischt und dann müssen wir unsere gesamte Truppenmacht hier zurückkriegen um mit den Franzosen aufzuräumen, da dieser dauernde Stellungskrieg viel Opfer kostet und nicht verbessernd auf die Truppen wirkt. Könntest Du nicht mit Niki in Verbindung treten und Ihm (!) raten mit uns sich gütlich zu einigen, das Friedensbedürfnis in Rußland soll ja sehr groß sein nur müßte er das Mistvieh den Nikola Nicolajewitsch rausschmeißen Ich bin überzeugt die Türken würden den Russen die Durchfahrt durch die Dardanellen gestatten und das ist doch die Hauptsache. Unsere Diplomaten sind so dumm und unfähig, daß man schon selbst Hand anlegen muß damit was Gutes rauskommt. So habe ich die Sache mit der Türkei seit längerem betrieben. Den Botschafterwechsel in Italien habe i * durchgedrückt und in Rumänien habe ich auch meine Fäden angesponnen, mit Alphonso bin ich befreundet und schreiben wir uns, Du siehst ich arbeite im Stillen, aber dafür nicht unwirksam. Wenn Du in der Sache etwas thun könntest wäre es gut, nur muß es rein privat sein und darf sonst niemand etwas erfahren. Dieses Bündnis von Rußland und Frankreich ist ja überhaupt lächerlich. Also thue was Du für gut hälst und 1000 herzliche Grüße Dein treuer Neffe Wilhelm

Fussnoten

Fußnoten

  1. Dieser Brief konnte kürzlich auf einer Autographenauktion ersteigert werden. Ob er den Adressaten je erreichte, oder ob er erst nach Empfang abhanden kam, läßt sich nicht feststellen.

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