Die Finanz- und Wirtschaftskrisen mit dem Crash an den Finanzmärkten in den Jahren 2008/2009 haben im Bereich der privaten Altersvorsorge zu erheblichen Verlusten in dieser Säule der Alterssicherung geführt. Unbenommen einer ausführlichen Bewertung der Krisenfestigkeit von kapitalgedeckten Alterssicherungssystemen an anderer Stelle (vgl.
Zu analysieren ist hier jedoch, welche Folgen solche Krisen für die Einnahmeseite der Gesetzlichen Rentenversicherung haben. Dazu muss zwischen direkten und indirekten Wirkungen unterschieden werden. Da die Rücklagen der Rentenversicherung nur eine geringe Höhe aufweisen und es sich zudem um sogenannte "mündelsichere" Anlagen handelt bzw. handeln muss, kommt es zu keinen direkten Auswirkungen.
Von indirekten Auswirkungen ist demgegenüber auszugehen, wenn die Finanzkrise sich in der Realökonomie niederschlägt und zu Beschäftigungseinbrüchen und sinkenden Arbeitnehmereinkommen führt. Obwohl das Bruttosozialprodukt im Jahr 2009 um 4 Prozent zurück gegangen ist, konnte in Deutschland dieser tiefe, in der Nachkriegsgeschichte bislang einmalige Einbruch außerordentlich gut überbrückt und schnell überwunden werden. Zwar verringerten sich in diesem Jahr erstmalig die Bruttoarbeitnehmereinkommen um minus 0,1 Prozent. Auch war die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung leicht rückläufig, aber insgesamt blieben die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Arbeitnehmereinkommen überraschend begrenzt. Dazu haben viele Faktoren beigetragen. In erster Linie die Konjunkturprogramme der Bundesregierung, der schnelle Wiederanstieg des Exports und die temporären Arbeitszeitverkürzungen (in Form von ausgedehnter Kurzarbeit und des Abbaus von Guthaben aus den Arbeitszeitkonten) mit denen ein größerer Personalabbau verhindert wurde. Nicht zuletzt hat auch das Prinzip der lohnorientierten Rentenanpassung dazu beigetragen, die negativen Auswirkungen des Konjunkturtiefs auf die private Nachfrage deutlich abzumildern: Da sich die Rentenanpassung im Jahr 2009 mit 2,4 Prozent an der Lohnentwicklung in 2007/2008 bemessen hat, hat die Rentenversicherung als eingebauter Konjunkturstabilisator gewirkt.
Nach der Finanzkrise hat Deutschland einen starken und stabilen konjunkturellen Aufschwung zu verzeichnen, in dessen Folge die Löhne wie auch die Beschäftigungsverhältnisse wieder angestiegen sind. In der Rentenversicherung macht sich dies bemerkbar: Ohne die mehrfache Absenkung des Beitragssatzes hätten die Rücklagen die gesetzliche Obergrenze von 1,5 Monatszahlungen überschritten. Der Beitragssatz wurde 2012 auf 19,6 Prozent gesenkt, 2013 auf 18,9 Prozent, 2015 auf 18,7 und 2017 auf 18,6 Prozent. Die Verringerung um 0,2 Prozentpunkte zum 01.01.2015 ist deshalb besonders bemerkenswert, weil das Rentenpaket 2014 zu erheblichen Mehrausgaben geführt hat. Zugleich ist auch der Bundeszuschuss gekürzt worden: Dies schlägt in den Jahren von 2013 bis 2016 mit jeweils 1,25 Mrd. Euro negativ zu Buche.
2018 liegt der Beitragssatz mit 18,6 Prozent nahezu auf demselben Niveau wie in den Jahren von 1955 bis 1990 und um immerhin 1,7 Prozentpunkte niedriger als in den Jahren 1997 und 1998 (20,3 %). Die auf dem Umlageverfahren basierende Gesetzliche Rentenversicherung hat sich auch und gerade unter den Bedingungen der anhaltenden Finanzkrise als ein zuverlässiges System der Alterssicherung erwiesen.
Allerdings ist die mehrfache Beitragssatzabsenkung nicht ohne Widerspruch geblieben. Argumentiert wird, dass in der näheren Zukunft wieder steigende Beitragssätze zu erwarten sind – wegen eines konjunkturellen Einbruchs und/oder wegen der demografischen Belastungen, und dass es besser sei, für diese Unwägbarkeiten eine größere Reserve vorzuhalten. Damit könnten die Beitragssatzsteigerungen gleichsam ein Stück hinaus geschoben werden. Dahinter steht die Befürchtung, dass es in schwierigeren ökonomischen Zeiten politisch nur schwer durchsetzbar ist, die Beitragssätze anzuheben und dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität dann weitere Einschnitte im Leistungsrecht der Rentenversicherung provoziert. Dafür sprechen auch die Erfahrungen der zurückliegenden Jahre: Obgleich erhöhte Arbeitgeberbeiträge zur GRV nur einen Bruchteil der Personalkosten ausmachen, wird das Argument sinkender internationaler Wettbewerbsfähigkeit und der Gefährdung von Arbeitsplätzen ohne Zweifel wieder die öffentliche Debatte bestimmen.